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Dramatisches Video

5. Juli 2008

Das kolumbianische Verteidigungsministerium hat ein Video von der dramatischen Befreiung Ingrid Betancourts und weiterer 14 Geiseln der FARC veröffentlicht. Es zeigt den Husarenstreich der eingeschmuggelten Soldaten.

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Ausschnitt aus dem Video, im Hintergrund der Hubschrauber, Quelle: AP
Ausschnitt aus dem Video, im Hintergrund der HubschrauberBild: AP

Der kolumbianische Militärgeheimdienst schaffte eine perfekte Illusion: Die Befreier der FARC-Geiseln trugen T-Shirts mit einem Aufdruck von Che Guevara, sprachen mit ausländischem Akzent und hatten einen Kameramann dabei. Die Rebellen hatten keinen Zweifel daran, dass ihre Geiseln zu Gesprächen über einen Gefangenenaustausch in ein anderes Lager geflogen werden sollten.

Betancourt erfährt, dass sie gerade befreit worden ist, Quelle: AP
Betancourt erfährt, dass sie gerade befreit worden istBild: AP

Kolumbiens oberster Militär, General Mario Montoya, zeigte am Freitag (04.06.2008, Ortszeit) Videoaufnahmen von der Aktion "Jaque" (Schach) vom vergangenen Mittwoch, als sich Soldaten als Mitglieder einer regierungsunabhängigen Organisation sowie als Rebellen ausgegeben hatten und Ingrid Betancourt und 14 weitere FARC-Geiseln, darunter auch drei Amerikaner, in einem Hubschrauber zu einem vermeintlichen Treffen mit einer internationalen Kommission geflogen hatten. Tatsächlich wurden die mitfliegenden zwei Rebellen in der Luft überwältigt und die Geiseln waren frei.

Von einer Geisel beschimpft

Das Video (siehe Link) zeigt einen eingeschmuggelten unbewaffneten Soldaten, der die Hände der Geiseln mit Plasikhandschellen fesselt, bevor sie in einen Hubschrauber steigen müssen. Eine der Geiseln, ein kolumbianischer Soldat, beschimpft den falschen Guerilla. Anschließend sind in dem Video Ingrid Betancourt und die anderen Geiseln in dem Militärhubschrauber zu sehen. Sie zeigen sich glücklich und in Tränen aufgelöst, nachdem ihnen von den falschen Guerillas die Handschellen wieder abgenommen werden und sie ihnen mitteilen, dass sie frei seien.

Wieder vereint: Betancourt mit ihren Kindern in Paris, Quelle: AP
Wieder vereint: Betancourt mit ihren Kindern in ParisBild: AP

Verteidigungsminister Juan Manuel Santos sagte, das Video sei veröffentlicht worden, um den Spekulationen entgegenzutreten, die Befreiung sei inszeniert worden. Der Schweizer Radiosenders RSR hatte berichtet, die Freilassung sei gegen die Zahlung eines Lösegeldes erfolgt und die spektakuläre Befreiungsaktion frei erfunden. Betancourt war skeptisch. "Das, was ich miterlebt habe, kann keine Inszenierung gewesen sein", sagte sie. Manuel Santos zagte zu dem Bericht, wonach ein Lösegeld von 20 Millionen Dollar (12,6 Millionen Euro) gezahlt worden sei: "Das wäre ja billig gewesen. Wir hatten den FARC schon 100 Millionen geboten, und sie haben das abgelehnt."

Arbeit von Journalisten NGOs künftig gefährlicher

Die bei der Befreiung gemachten Aufnahmen stammten von einem Kamerateam, das aus Mitgliedern der kolumbianischen Sicherheitsdienste zusammengesetzt gewesen sei, die sich als Journalisten ausgegeben hätten, sagte General Montoya weiter. "Wir haben die Zeit des Wartens genutzt, um (durch die falschen Journalisten) das Vertrauen der Rebellen" zu gewinnen, sagte der General.

Der Tag nach der Befreiung, Quelle: AP
Der Tag nach der BefreiungBild: AP

Die Täuschung der Rebellen durch falsche Mitglieder einer regierungsunabhängigen Organisation und falsche Journalisten dürfte künftige Aktionen extrem erschweren, weil dabei bisher fast immer unabhängige Organisationen und auch Journalisten als Sicherheitsgarantie für die Rebellen teilgenommen haben. Für die unabhängigen Organisationen und für Journalisten dürfte es künftig noch gefährlicher werden, in Kolumbien zu arbeiten.

Unterstützung von den USA

US-Präsident George W. Bush sei schon vergangene Woche über den bevorstehenden Befreiungsversuch informiert worden, weil es auch um drei Amerikaner gegangen sei, sagte Santos weiter. Die USA hätten auch Hilfe geleistet, indem sie in den weiß lackierten Armeehubschrauber ein Gerät für Notsignale einbauten. Es hätten sich auch nicht näher bezeichnete US-Flugzeuge in der Luft über dem Einsatzgebiet befunden, so wie das schon bei anderen Geheimaktionen der Fall gewesen ist, fügte Santos hinzu.

Betancourt vor ihrem Plakat am Pariser Rathaus, Quelle: AP
Betancourt vor ihrem Plakat am Pariser RathausBild: AP

Ingrid Betancourt wollte sich am Samstag in einem Pariser Krankenhaus ärztlich untersuchen lassen. "Ich habe im Dschungel ernsthafte medizinische Probleme gehabt", hatte die 46-Jährige am Vortag erklärt. Eine andere Geisel, ein Krankenpfleger, habe sich um sie gekümmert. Nach ihrer Befreiung wirkte Betancourt, die vor einigen Wochen noch als sterbenskrank bezeichnet worden war, abgemagert, aber erstaunlich fit. Nach Medienberichten leidet sie zumindest an einer Hepatitis.

"Ich verdanke Euch alles"

Am Freitag war sie nach Paris geflogen. "Ich verdanke Euch alles, ich verdanke Euch mein Leben", sagte Betancourt im Élysée-Palast, wo sie vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, seiner Frau Carla und zahlreichen Unterstützern begeistert empfangen wurde. Frankreich habe vor allem dazu beigetragen, dass das kolumbianische Militär auf eine gewaltsame Befreiung verzichtet habe.

Anschließend nahm Betancourt eigenhändig ihr Porträt vom Pariser Rathaus ab. Paris hatte sie wie zahlreiche andere Städte in Frankreich zur Ehrenbürgerin erklärt. Seit langem hing ein Porträt von ihr am Rathaus, auf dem die Tage ihrer Geiselhaft gezählt wurden. Der Zähler war am Mittwoch bei 2321 Tagen stehen geblieben. Betancourt entschuldigte sich mit einem Lächeln, dass sie das Rathaus so lange "verschandelt" habe. (stu)

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