1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommunalwahlen in Albanien gefährdet

11. Januar 2007

Zwischen den albanischen Parteien ist ein Streit entbrannt, der den Termin für die Kommunalwahlen am 20. Januar in Frage stellt. Die Opposition befürchtet Manipulationen, die Regierung spricht von Blockadepolitik.

https://p.dw.com/p/9gMN
Stimmen in Tirana besonders umkämpftBild: DW

Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus vor sechszehn Jahren kämpft Albanien mit der Durchführung seiner Wahlen. Denn bis heute haben es die albanischen Politiker nicht geschafft, das Wahlgesetzbuch nach den Empfehlungen der OSZE zu reformieren. Seither beschuldigen sich die regierenden Demokraten und die oppositionellen Sozialisten gegenseitig der Manipulation – bei jeder Wahl aufs Neue.

Verschiebung möglich

Ursprünglich waren für den 20. Januar Kommunalwahlen geplant. Doch wegen des Streits zwischen den beiden großen Parteien wird Albaniens Ministerpräsident Sali Berisha die anstehenden Kommunalwahlen voraussichtlich auf den 18. Februar verschieben. Doch wenn der Streit anhält, ist selbst dieser Termin in Gefahr, die letzte Möglichkeit, Wahlen verfassungsgemäß zu organisieren. Für den albanischen Beobachter Mentor Nazarko steht fest, dass Albaniens Politiker mit dem Wahlstreit das Ansehen des Landes beschädigt haben. "Die albanischen Politiker haben ganz klar ihr persönliches kurzfristiges Interesse des politischen Machterhalts über die Interessen des Landes gestellt. Im Landesinteresse wäre es, die Integration Albaniens voranzutreiben und das Image des Landes zu pflegen", meint Nazarko.

Vorwurf der Urkundenfälschung

Doch die regierenden Demokraten und die oppositionellen Sozialisten werden sich nicht darüber einig, wie zuverlässig die Geburtsurkunden sind, die zur Identifizierung der Wähler benutzt werden. So warf die Opposition den regierenden Demokraten vor, gefälschte Geburtsurkunden verteilt zu haben. Sie fordert daher, dass Geburtsurkunden, die vor dem 1. November 2006 ausgestellt wurden, in ein spezielles Register des Standesamtes aufgenommen werden müssen. Damit wollten die Sozialisten vermeiden, dass Wahlberechtigte mit gefälschten Dokumenten wählen gehen könnten, so Ben Blushi, Abgeordneter der Sozialisten. "Die Opposition fordert ein zuverlässigeres Dokument, um die Wahlberechtigten zu identifizieren. Denn es gibt Gründe zu glauben, dass ein bestimmtes Kontingent an Geburtsurkunden im Umlauf ist, deren Echtheit bezweifelt werden darf. Wir befürchten, dieses Kontingent könnte zu Manipulationen der Wahlen führen. Wir haben deshalb gefordert, dass alle Geburtsurkunden registriert sein müssen, bevor sie von den Wählern vorgezeigt werden. Wir wollen damit sicherstellen, dass die Standesämter in Albanien die Verantwortung übernehmen, falls Geburtsurkunden in Gebrauch kommen, die nicht von diesen Ämtern ausgestellt wurden."

Neue Sicherheitsmaßnahmen

Im November 2006 wurde in den Standesämtern ein spezielles Register eingerichtet, um generell das Problem gefälschter Urkunden zu lösen. Ein Standesbeamter versieht jedes ausgestellte Dokument mit einer Referenznummer und nimmt alle persönlichen Daten auf. Die Unterschrift des Standesbeamten ist wiedererkennbar, um rückwirkend Beamte zu identifizieren, die gefälschte Urkunden ausgestellt haben. Die Forderung, Geburtsurkunden, die bereits vor dem 1. November 2006 ausgestellt wurden, in diesem Spezialregister einzubringen, bedeutet, dass alle Bürger, die solche Geburtsurkunden besitzen, noch einmal in den Ämtern erscheinen müssen.

Blockadepolitik der Opposition?

Die regierenden Demokraten wiederum bezeichnete diese Forderung als "Nonsens". Die albanische Verwaltung habe nicht die nötige Infrastruktur eine solche Aktion durchzuführen. Für den Sprecher der parlamentarischen Gruppe der Demokratischen Partei, Bujar Nishani, ist die Forderung der Sozialisten, ohnehin nur ein Vorwand: "Zum einen kontrolliert nicht die aktuelle Regierung die Ausstellung der Geburtsurkunden. In neun von elf Bezirken Tiranas beispielsweise regieren Vertreter der Sozialisten. Die Geburtsurkunden, egal ob vor oder nach dem 1. November, wurden also von den Ämtern dieser Leute ausgestellt. Momentan ist eine Geburturkunde gültig, wenn sie neben der Nummerierung noch zusätzlich eine Referenznummer besitzt. Die Geburtsurkunden sind absolut prüfbar. Von den Bürgern nun zu fordern, ihre Geburtsurkunden erneut registrieren zu lassen, wo sie schon viel Zeit in den Schlangen der Standesämter verbracht haben, ist nur ein Vorwand und soll verhindern, dass die Bürger wählen gehen. "

Vor allem um Tirana geht der große politische Kampf. Dort lebt nicht nur ein Drittel aller Albaner, sondern dort kandidiert zum dritten Mal für das Bürgermeisteramt der Sozialisten-Chef Edi Rama. Die Regierung wirft dem Oppositionsführer vor, seit längerem eine Blockadestrategie zu verfolgen.

Suche nach Kompromissen

Die Hoffnung, sich im Geburtsurkunden-Streit doch noch zu einigen, richtet sich nun auf ein Treffen aller im Parlament vertretenen Parteien, das der albanische Präsident Alfred Moisiu initiiert hat. Derzeit wird ein Kompromiss ausgehandelt, wonach im Falle einer zweifelhaften Geburtsurkunde, ein zweites Dokument zur Identifizierung des Wählers hinzuverlangt werden soll. Damit soll vermieden werden, dass Wähler mehrmals abstimmen können. Die Regierung hat dem Kompromiss schon zugestimmt, der angeblich auch von der OSZE abgesegnet ist. Unsicher ist noch, ob die Opposition ebenfalls mit diesem Kompromiss einverstanden sein wird.

Lindita Arapi
DW-RADIO/Albanisch, 11.1.2007, Fokus Ost-Südost