1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lob für Bündnispartner

27. Juni 2004

US-Präsident Bush hat sich während seines Besuchs in der Türkei erneut für eine Aufnahme des Landes in die EU ausgesprochen. Tausende Menschen demonstrierten zeitgleich gegen die USA und den NATO-Gipfel.

https://p.dw.com/p/5Ef4
Bush und der türkische Staatspräsident Sezer in AnkaraBild: AP


Angesichts der durch den Irak-Krieg getrübten Beziehungen zur Türkei hat US-Präsident George W. Bush den Bündnispartner am Vorabend des NATO-Gipfels in Istanbul demonstrativ gelobt. Die Türkei sei ein Beispiel dafür, "wie sich ein moslemisches Land der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Freiheit verschreiben kann", sagte Bush bei einem Freundschaftsbesuch am Sonntag (27.6.2004) in Ankara.

Er bekräftigte zudem seine Unterstützung für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Der Besuch fand unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Bush traf am Nachmittag in Istanbul ein, wo am Montag und Dienstag der NATO-Gipfel stattfindet. Der von strengen
Sicherheitsmaßnahmen und anti-amerikanischen Demonstrationen begleitete Besuch wurde von der Entführung von drei Türken im Irak überschattet, deren Ermordung die Geiselnehmer angedroht haben.

Besuch beim Partner

Bush kam in Ankara mit Präsident Ahmet Necdet Sezer und Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zusammen. Das bilaterale Verhältnis der NATO-Partner ist seit dem Irak-Krieg belastet. Ankara hatte Washington den Zugang zu türkischem Territorium verwehrt. Die USA wollten von türkischem Boden aus eine weitere Front im Norden Iraks eröffnen. Später hatte die türkische Regierung um die Gunst Washingtons geworben, indem sie eine Teilnahme an den Koalitionstruppen in Irak anbot. Die Umsetzung scheiterte aber am Widerstand der Kurden in Irak.

Ankara befürchtet, die US-geführte Intervention in Irak könne die Kurden im Norden Iraks in ihren Unabhängigkeitsbestrebungen beflügeln und so für Unruhe in den türkischen Kurdengebiete sorgen. Washington befürchtet umgekehrt eine türkische Intervention in den

Kurdengebieten im Norden Iraks. Entsprechend betonte Erdogan in dem Gespräch mit Bush auch die Bedeutung der Türkei für die territoriale Integrität Iraks, wie ein Vertrauter des türkischen Regierungschef sagte. Keine ethnische Gruppe dürfe bevorzugt werden.

Bush unterstützt EU-Beitritt der Türkei

Die Unterstützung Bushs für den angestrebten EU-Beitritt der Türkei wird daher eher als diplomatisches Gastgeschenk gesehen, in dem das Bemühen um eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen zum Ausdruck kommt. Die EU solle der Türkei "ein Datum für einen

eventuellen Beitritt nennen", sagte Bush. Bereits beim EU-USA-Gipfel im westirischen Ennis am Vortag hatte der US-Präsident die EU zu Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufgefordert, sobald Ankara die von der Europäischen Union für eine Mitgliedschaft gestellten Bedingungen erfülle.

In Istanbul demonstrierten mehrere zehntausend Menschen gegen Bush und den NATO-Gipfel. Die Demonstranten marschierten ohne Zwischenfälle vom Bahnhof Hajdarpasa bis zum Kadikoj-Platz, während hunderte Polizisten und gepanzerte Fahrzeuge den Demonstrationszug sicherten. Die Menge skandierte Parolen wie "USA, Mörder, verlasst

den Nahen Osten". Zu der Kundgebung aufgerufen hatten zahlreiche Gewerkschaften und

Nicht-Regierungsorganisationen.

Luftraum abgesperrt

Die 34 Kilometer lange Straße vom Flughafen in Istanbul ins Stadtzentrum war vor Bushs Ankunft komplett gesperrt. Über der Millionenstadt sicherten Kampfjets den Luftraum, Kriegsschiffe patrouillierten auf dem Bosporus. Ganze Stadtviertel waren abgeriegelt und nur durch Polizeikontrollen zugänglich. An dem zweitägigen Gipfel nehmen mehr als 40 Staats- und Regierungschefs teil. Am Donnerstag war in einem vollbesetzten Bus in Istanbul eine Bombe explodiert und hatte die mutmaßliche Attentäterin und drei weitere Insassen getötet.

Unterdessen haben Anhänger des mutmaßlichen Terroristenführers Sarkawi haben in Irak drei Türken in ihre Gewalt gebracht. Sie drohten, ihre Geiseln nach 72 Stunden zu enthaupten, sollten sich bis dahin nicht alle türkischen Firmen aus Irak zurückziehen. Der arabische Fernsehsender El Dschasira zeigte einen Videofilm, in dem die drei Entführten kniend vor ihren Geiselnehmern zu sehen waren. Das Video wurde offenbar wegen des NATO-Gipfels in der Türkei veröffentlicht, an dem auch US-Präsident Bush teilnimmt. (ali)