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Lose statt Waffen

Belma Fazlagic-Selmic11. November 2006

In Bosnien-Herzegowina sind noch rund 500.000 Waffen im Umlauf, jedes Jahr sterben dadurch tausende Menschen. Eine Lotterie soll die Bevölkerung nun zur Abgabe von Kleinwaffen bewegen.

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Soldaten werfen Gewehre auf einen Haufen
Zerstörung von Kleinwaffen durch deutsche Soldaten in Bosnien (Archivbild)Bild: AP
Der UNDP-Beauftragte Stefan Priesner
Der UNDP-Beauftragte Stefan PriesnerBild: UNDP Bosnia and Herzegovinae

Die bosnische Regierung greift zu neuen Mitteln, um gegen den illegalen Waffenbesitz vorzugehen: Einen Monat lang winken für jede Waffe, die Bürger abgeben, attraktive Preise - von verschiedenen Küchengeräten bis hin zu einem Motorroller. Zwar hatte der Staat schon früher eine Amnestie für alle angeordnet, die ihre Waffen freiwillig abgeben würden. Der gewünschte Erfolg blieb jedoch aus. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), das die Lotterie-Aktion ins Leben gerufen hat, hofft nun, dass die zahlreichen Pistolen, Gewehre, automatischen Waffen und schwere Geschütze aus den Kriegsjahren (1992-1995) erfolgreich eingesammelt werden.

Erfolge in Mazedonien

Das UNDP hat sich die Erfolge anderer Kampagnen in Nachbarnländern angeschaut und auf dieser Grundlage entschieden, eine Lotterie als Anreiz für diese Aktion zu wählen, erklärt Stefan Priesner, der UNDP-Beauftragte in Bosnien-Herzegowina. Vor allem die Lotterie in Mazedonien habe 2004 viele Menschen dazu bewegt, ihre Waffen abzugeben.

Ein Panzer rollt in der Nähe von Sarajevo über beschlagnahmte Waffen (Archivbild)
Ein Panzer rollt in der Nähe von Sarajevo über beschlagnahmte Waffen (Archivbild)Bild: AP

Das UNDP unterstützt seit einigen Jahren die bosnische Regierung dabei, illegale Kleinwaffen einzusammeln. Die neue Aktion wird in Zusammenarbeit mit der bosnischen Regierung und der Polizei in den beiden Entitäten des Landes durchgeführt, sagt Stefan Priesner. In einigen Polizeirevieren sind dazu Abgabestellen eingerichtet worden. "Dort sitzen unabhängige "Monitoring Agencies", die darauf aufpassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, dass die Leute das anonym machen können - sonst wäre der ganze Anreiz weg."

Ohne Waffenschein

Jeder, der dort eine Waffe abgibt, bekommt dafür ein Lotterielos. In Bosnien und Herzegowina sind noch schätzungsweise 500.000 Waffen im Umlauf. Die Menschen, die solche Waffen besitzen, haben größtenteils keinen Waffenschein. Jährlich kommen tausende Menschen dadurch ums Leben, sagt Priesner. Deshalb sei es wichtig, die Menschen dazu zu bewegen, diese Aktion ernst zu nehmen. Knapp eine Woche nach dem Start will er noch keine Beteiligungszahlen angeben.

Das Problem lasse sich nicht durch eine einzige Aktion lösen, sagt Priesner. Umfragen hätten gezeigt, dass es in rund 19 Prozent der Haushalte Waffen gebe. Manche besäßen diese Waffen aus Überzeugung, andere dagegen hätten lediglich noch Waffen aus dem Krieg. "Deswegen glauben wir sehr wohl, dass sehr viele Waffen abgegeben werden", sagt Priesner. "Das war genauso in Mazedonien und hat fast besser funktioniert, als wenn man zum Beispiel als alternative Lösung die Waffen abgekauft hätte."

Optimismus zeigt auch Robert Cvrcak der Pressesprecher der Polizei in der Bosniakisch-Kroatischen Föderation Bosnien-Herzegowinas: "Wir erwarten, dass es viel mehr Leuten gibt, die Waffen abgeben werden, als es Preise zu vergeben gibt", sagt er. "Am Besten wäre es natürlich, wenn wir jedem einen Preis garantieren könnten, aber das geht nicht. Besitzer von illegalen Waffen haben nun bis zum 5. Dezember Zeit ihre Waffen abzugeben, falls sie einen Preis bei der Lotterie gewinnen wollen.