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Made in Pannenland?

Kyle James25. Februar 2004

Deutschland galt bisher als Technologie-Wunderland. Dieser Ruf steht auf dem Spiel. Die nutzlose Mondsonde, der unrentable Transrapid, das störanfällige Mautsystem - die Deutschen entwickeln Pannen statt Technik.

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LKW-Maut: kompliziert und bislang unzuverlässigBild: AP

Seit dem verpatzten Start der LKW-Maut droht der Mythos vom Hightech-Deutschland zu vergehen. Besonders die deutsche Öffentlichkeit fällt vom Glauben ab. "Können unsere Ingenieure nichts mehr richtig machen?", fragte Deutschlands meistgelesene Tageszeitung BILD kürzlich auf der Titelseite.

Die verpatzte Maut...

Die Maut-Panne hat Deutschland schwer getroffen. Weltweit führend sollte das milliardenschwere Prestige-Projekt sein. Eleganter als das der anderen Europäer. Ein Konsortium zweier deutscher Industrie-Giganten, Daimler Chrysler und Telekom, entwickelte das technisch anspruchsvolle System - und blamierte sich gründlich.

Das satellitengesteuerte System sollte bereits im letzten August starten. Dann kamen die technischen Probleme. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe musste das Startdatum ein ums andere Mal verschieben. Jetzt hat das Betreiber-Konsortium einen neuen Zeitplan: Zum nächsten Jahreswechsel soll ein Teil des Systems laufen, ein Jahr später dann alles funktionieren. Geschätzte 6,5 Milliarden Euro an Einkünften durch die Maut werden der deutschen Regierung bis dahin entgehen.

...nur ein Beispiel von vielen

Hightech-Misserfolge in Deutschland: Die LKW-Maut ist nur ein Beispiel von vielen.

  • Mit der Magnetschwebebahn Transrapid wollte Deutschland sein technologisches Können zeigen. Die Bahn schwebt zwar - aber nur auf Teststrecken in Deutschland und China und auch dort nicht einwandfrei.
  • Die Marssonde Beagle 2, entwickelt mit deutschem Know-How, ist verschwunden und hat keinerlei Spuren auf dem Roten Planeten hinterlassen.
  • Die erste U-Bahn der Karibik, gebaut von der deutschen Firma Siemens, kann noch nicht in Betrieb gehen. Mehrmals fiel die Eröffnung ins Wasser. Unter anderem habe es Probleme mit der Elektrik gegeben. Außerdem hätten die Deutschen einige Kurven zu eng gebaut, wirft das Verkehrsministerium von Puerto Rico Siemens vor.
  • Derzeit entwickelt Deutschland eine neue elektronische Gesundheitskarte. Das Projekt kommt nicht auf die Beine. Laut Experten verschiebt sich der für 2006 angesetzte Starttermin mindestens um ein Jahr. Die Gesundheitskarte könnte ähnlich floppen wie das Maut-System.

Gestörte Wahrnehmung

"Das sind Beispiele, die den Leuten sagen: Die deutsche Industrie ist einfach unfähig", meint Siegfried Brandt, Vorsitzender des Vereins Deutscher Ingenieure. Doch weniger die Technologien selbst seien das Problem, als vielmehr das Management oder die Finanzierung großer Hightech-Projekte. "Die Öffentlichkeit versteht das nicht und glaubt, unsere Ingenieure bekämen es nicht mehr hin", so Brandt. Und das könne ernsthafte wirtschaftliche Konsequenzen haben. So könnte das Ausland darauf verzichten, neue Technologien aus Deutschland zu kaufen.

Der alte Glanz ist nicht verloren

Der Deutsche Industrieverband streitet einen Imageschaden für Deutschland ab. Misserfolge könnten passieren, sie hätten das "Made in Germany"-Qualitätssiegel aber nicht beschädigt. Die Wirtschaft halte deshalb auch nichts vom Vorschlag der EU, das Etikett "Made in Germany" durch "Made in Europe" zu ersetzen.

Internationale Umfragen belegen, dass Deutschland seinen guten Ruf noch wahren kann. Deutsche Produkte gelten als die verlässlichsten in den USA, in Japan und Europa. Das ergab eine Umfrage von Edelman Public Relations Worldwide.

"Mit den deutschen Technologien geht es nicht so weit bergab, wie uns die Medien glauben machen wollen", sagt Kai Konrad, Wirtschaftsprofessor an der Freien Universität Berlin. Jedes Land habe seine Stärken und solle sie auch ausspielen. "Ich kaufe meine Laptops in den USA", sagt er, "und Amerikaner werden weiter BMWs kaufen und sie großartig finden."