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Sommermärchen, Teil II?

Das Interview führte Daniel Martínez3. Juni 2008

Der junge Außenverteidiger vom FC Bayern München redete mit DW-WORLD.DE über die Verjüngung der deutschen Nationalmannschaft, die wichtige Unterstützung der Fans, und über die vielen Favoriten auf den Titel.

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Marcell Jansen (vorne) im Testspiel gegen SerbienBild: pa / dpa

DW-WORLD.DE: Marcell Jansen, in der Nationalmannschaft vertreten Sie eine neue Generation des deutschen Fußballs. Wird diese Verjüngung des Teams positiv auf die Leistung bei der Europameisterschaft wirken?

Marcell Jansen: Ich denke, das wir insgesamt, bis jetzt, eine gute Entwicklung gemacht haben, auch von der Mischung von jung und alt. Wir haben nicht nur eine gute Weltmeisterschaft, sondern auch eine gute EM-Qualifikation gespielt. Wir wissen auch, das in so einem Turnier das alles nicht mehr zählt, sondern dass man weiter nach oben kommen muss, immer an Kleinigkeiten arbeiten muss. Die Stimmung in der Mannschaft muss gut sein, besonders die Teamfähigkeit. Wenn das stimmt, können wir natürlich wieder ein positives Turnier für uns haben.

Sie persönlich mussten bei der WM auf der Bank sitzen als ein Teil von diesem Lernprozess als junger Nationalspieler, ist jetzt die EM ihre Reifeprüfung?

Ja, gut, was heißt Reifeprüfung, das hat man ja immer. Ob ich damals bei der WM als jüngster Spieler dabei war, und dann um Platz drei gegen Cristiano Ronaldo gespielt habe, das war natürlich auch eine Reifeprüfung, die gut geklappt hat. Ich denke, da sieht man die Entwicklung, sie geht ja im Verein weiter bis über zu der Qualifikation bei den Länderspielen. Deswegen sehe ich das nicht so als Prüfung sondern freue mich. Ich will auch immer besser werden, dazu gehören natürlich auch so große Turniere, wo man als Mannschaft und als Einzelner wächst.

Gastgeber der EM sind Österreich und die Schweiz, das ist fast wie zu Hause zu spielen.

Das ist natürlich gut für uns, weil das nicht weit weg ist, und ich denke, dass wir auch eine gute Unterstützung haben werden. Der DFB wird wieder alles perfekt organisieren und wir können uns nur auf den Fußball konzentrieren. Es wird bestimmt eine schöne Sache, weil es auch bei uns in der Mannschaft stimmt und es einfach Spaß macht. Wir freuen uns natürlich sehr, wenn es dann im Sommer so weit ist.

Eine Fortsetzung des Sommermärchens 2006?

Ja, für mich sollte das so weitergehen. Ich fände es geil, wenn das normal bleibt. Man merkt, dass wir mit unseren Fans eine Einheit sind. Das war bei der WM phantastisch, das war in der EM Qualifikation super, das sollte noch weiter wachsen. Wir sind natürlich hochzufrieden, so eine Unterstützung zu haben, das war (bei der WM) Wahnsinn und eben gerade mit der EM das weiterzuführen und auch zu halten, so das man merkt, da steht eine Nation, die zusammenhält. Das muss allgemein unser Ziel sein, auch wenn es mal nicht so gut läuft, gerade dann, aber das wird sich dann noch zeigen.

Bei den Qualifikationsspielen konnte man bereits diese Einheit bei den Mannschaft-Fans spüren. Kann Deutschland mit dieser Begeisterung schon ein Teil des Titels für sich buchen?

Ja, es ist korrekt, dass wir die positive Stimmung in den Stadien spüren konnten. Wir haben auch allen Anlass dazu gegeben. Das war sehr positiv, aber wir wissen auch, das wir uns darauf nicht ausruhen dürfen. Andere Mannschaften sind schwieriger durchgekommen wie etwa Italien. Sie haben bei der WM auch nicht so gut angefangen, aber dann steht nachher: Italien wird Weltmeister. Das zählt alles nichts, ein Turnier ist ein Turnier und das wird schwer genug sein.

Bei der Europameisterschaft spielen die Protagonisten von 2006: der Weltmeister Italien, der Vizeweltmeister Frankreich, der Dritte Deutschland und der Vierte Portugal. Ist die EM anspruchsvoller als die WM?

Ja, es ist etwas enger und knackiger. Viele Mannschaften von hoher Qualität sind dabei. Sie treffen gleich am Anfang Aufeinander und das ist vielleicht der Unterschied zu einer Weltmeisterschaft. Aber beide sind eine Riesensache.

In der Gruppe B, Ihrer Gruppe, sind auch der Gastgeber Österreich, Kroatien und Polen. Wie schätzen Sie denn die Chancen von der deutschen Nationalmannschaft ein, weiter zu kommen?

Chancen haben wir immer. Fakt ist, dass man die Gruppe gar nicht unterschätzen darf, oder dass man sagt, das ist ja wieder Losglück, das sehe ich gar nicht so. Kroatien hat England rausgeschmissen, Polen hat eine Riesen-Qualifikation gespielt und Österreich ist Gastgeber. Da wird uns alles abverlangt und da ist noch lang nichts gewonnen. Ich denke, dass wir das auch wissen.

Der Nationaltrainer, Joachim Löw, lehnt den Begriff "Titelfavorit" bewusst ab, um die Erwartungen zu dämpfen. Braucht man so eine vorsichtige Haltung?

Bei der Europameisterschaft sind fast alle Favoriten. In dem Fußball von heute, der so weit entwickelt ist, kann man nicht sagen: "der wird Europameister" oder "das ist das sichere Finale“. In der Vergangenheit haben wir Überraschungen gesehen. Es gibt natürlich schon eine Grundstabilität, die gewisse Mannschaften haben, die man gesehen hat. Insgesamt gehören mehrere Mannschaften dazu, ich könnte fast schon zu viele aufzählen, deshalb kommt es einfach auf das Turnier und die Tagesform an.

Welche Platzierung bei der EM sagen Sie dann Deutschland voraus?

Ich bin kein Mensch von hätte, wenn und aber. Wenn in der Mannschaft, im Zusammenspiel mit den Fans, alles stimmt, werden wir ein gutes Turnier spielen. Ich möchte mich da nicht festlegen. Das Ziel ist natürlich das Finale, ein Ziel wofür man antritt, das ist klar. Ich bin aber nicht überheblich und deshalb sage ich: ein guter Start im ersten Spiel wäre für mich, für uns, schon ein Riesenschritt in die richtige Richtung.


Zur Person
Marcell Jansen (22 Jahre) war der jüngste Spieler im Kader der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2006, wo er ein einziges mal in Einsatz kam, im Spiel um den 3. Platz. Seine Aufgabe war, den Superstar Cristiano Ronaldo zu kontrollieren.
Seit seinem Debüt in deutschen Trikot in 2005 gehört er zum engsten Kreis der Nationalspieler. Jansen begann seine Karriere bei Borussia Mönchengladbach und wechselte 2007 zum Rekordmeister FC Bayern München.