Medien in Kuba: Offline und uniformiert | Presse | DW | 28.04.2009
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Presse

Medien in Kuba: Offline und uniformiert

„In unseren Zeitungen kann kein Konterrevolutionär schreiben. Gegen unser System zu schreiben ist nicht erlaubt.“ So überliefert von Fidel Castro, 1976. Mirjam Gehrke beleuchtet Kubas Medienlandschaft.

So schreibt es die Verfassung von 1976 fest: Kubanische Massenmedien sind Staatseigentum (Kap. VI, Art. 52). Ziel des Medienwesens ist in erster Linie die Staatspropaganda. Die Presse wird von der kommunistischen Partei und ihren Organisationen (Gewerkschaften, Jugend- und Frauenorganisationen u.a.m.) kontrolliert.

Derzeit sind auf Kuba 23 Journalisten inhaftiert – viele von ihnen gelten als sogenannte Internet-Dissidenten, die versucht haben, unabhängige Informationen über Kuba ins Ausland zu übermitteln. Die Organisation Reporter ohne Grenzen zählt Kuba zu den größten Gefängnissen für Journalisten und hat das Land in die Liste der „15 Feinde des Internets“ aufgenommen.

Presse

Vier nationale Tageszeitungen versorgen die Kubaner mit Informationen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur. Die Blätter sind jeweils auf eine exakt definierte Zielgruppe innerhalb der „revolutionären Gesellschaft“ zugeschnitten. So wird beispielsweise Juventud Rebelde (Rebellische Jugend) vom Kommunistischen Jugendverband herausgegeben und richtet sich an Jugendgruppen. Das Blatt wird auf Straßenpartys und in Jugendzentren verteilt. In Trabajadores (Arbeiter/Arbeiterinnen), der Zeitung der kubanischen Gewerkschaftsverbandes CTC, werden schwerpunktmäßig Fragen erörtert, die die arbeitende Bevölkerung betreffen.

Die Zeitschrift Bohemia, die seit 1908 erscheint, versteht sich als politisches Magazin, das Hintergrundberichte und Analysen liefert. Nach der Revolution wurde das Blatt unter die Kontrolle der Kommunistischen Partei gestellt. Heute erscheint Bohemia 14-tägig in einer Auflage von 100.000 Exemplaren. Seit 2002 ist das Blatt auch im Internet präsent (www.bohemia.cu).

Und dann ist da noch die offizielle Zeitung der kommunistischen Partei, Granma. Die populärste der kubanischen Zeitungen wurde nach dem Namen der Motor-Yacht benannt, mit der Fidel Castro und weitere 82 Revolutionäre – unter ihnen auch Che Guevara – im November 1956 von Mexiko nach Kuba übersetzten, mit dem Ziel, den Diktator Fulgencio Batista zu stürzen.

Granma erscheint täglich in einer Auflage von ca. 500.000 Exemplaren und umfasst acht Seiten – lediglich die Freitagsausgabe bringt es seit März 2008 auf den doppelten Umfang. Granma versteht sich als Sprachrohr des Regimes und veröffentlicht regelmäßig die offiziellen Bekanntmachungen der kubanischen Regierung. Seit Mitte er 1960er Jahre gibt es eine wöchentliche internationale Ausgabe, die auch auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch erscheint.

Seit gut einem Jahr gibt es in dem Blatt auch eine Rubrik für Leserbriefe – wo auch abweichende Meinungen und Kritik an den herrschenden Verhältnissen veröffentlicht werden.

In allen erwähnten Zeitungen und Magazinen erscheinen regelmäßig die sogenannten „Reflektionen“ von Fidel Castro. Seit seinem Rückzug von allen politischen Ämtern teilt der Máximo Lider in diesen Kolumnen der kubanischen Bevölkerung regelmäßig seine Ansichten zu aktuellen innen- und außenpolitischen Themen mit.

Darüber hinaus gibt es 14 regionale Zeitschriften, die den örtlichen Komitees der Kommunistischen Partei unterstehen, und die Nachrichtenagenturen Prensa Latina und Agencia de Information Nacional.

Fernsehen

Fast alle kubanischen Haushalte verfügen über Fernsehgeräte, wenn es sich dabei auch zum Teil um recht alte Apparate handelt. Landesweit werden vier staatlichen Fernsehsender ausgestrahlt: Cubavisión, Tele Rebelde und die beiden Bildungskanäle Canal Educativo 1 und 2. Cubavisión strahlt außerdem über Satellit ein 24-stündiges internationales Programm aus – und ist auch Partner der Deutschen Welle: Die Kubaner strahlen Dokumentationen von DW-TRANSTEL aus.

Die Abendnachrichten dauern 45 Minuten und sind inhaltlich mit den Themen der von der Regierung gesteuerten Presse im Prinzip identisch. Häufig wird für die internationale Berichterstattung auf Filmmaterial von CNN oder BBC zurückgegriffen – allerdings werden die Bilder vom kubanischen Fernsehen mit einem eigenen Kommentar versehen. Im Anschluss an die Abendnachrichten erläutert ein „Analyst“ die regierungsamtliche Sicht der aktuellen internationalen Themen.

Ein fester Bestandteil der politischen Information im kubanischen Fernsehen sind die sogenannten „Meses Redondas“ – Diskussionsrunden, in denen aktuelle Themen von mehreren Journalisten, Regierungsvertretern und anderen Experten diskutiert werden. Die Themen der Sendung werden in der Regel direkt von der Regierung ausgewählt. Alle anderen kubanischen Medien haben über die am Runden Tisch gesendeten Themen zu berichten und sie zu kommentieren.

Einen großen Teil des Programms bestreiten die Fernsehsender mit Telenovelas, Cartoons und Musiksendungen. Das Bildungsfernsehen Canal Educativo sendet ausschließlich Wissenschafts-, Sprach- und Geschichtsprogramme.

Ebenso zählen Hollywood-Filme zum festen Programmbestandteil. Dabei werden in der Regel moralisierende Streifen ausgewählt: Filme, in denen kommunistische Werte wie Teamarbeit, soziale Gleichheit und Solidarität herausgestellt werden.

Kuba ist mit 19 Prozent des Kapitals an dem lateinamerikanischen Satelliten-Informationssender Telesur beteiligt. Allerdings wird in Kuba nur eine Tageszusammenfassung des Programms über Canal Educativo 2 ausgestrahlt. Der Besitz von Satellitenempfangsschüsseln und der Empfang von Satelliten-Programmen sind in Kuba verboten.

Radio

Die Radiolandschaft auf Kuba zeichnet sich durch größere Vielfalt aus: Es gibt zahlreiche Sender mit gemischten Wort-Musik-Programmen sowie reine Musiksender. Der Nachrichtensender Radio Reloj ist nach eigenen Angaben der älteste 24-Stunden-Nachrichtensender mit ständiger Zeitansage. Seit 1947 strahlt Radio Reloj sein Programm über Mittelwelle und in den großen Ballungszentren auch über UKW aus. Zuletzt kam vor einigen Jahren auch ein Internet-Stream hinzu.

Ausländische Radiosender können über Mittel- und Kurzwelle in Kuba frei empfangen werden, sofern die Hörer über die nötige technische Ausstattung verfügen. Ausnahme: der aus Miami sendende Kanal Radio Martí, der von kubanischer Seite systematisch gestört wird.

Radio, TV und Presse in Kuba sind durchgängig werbefrei. Fidel Castro bezeichnete das Fehlen von kommerzieller Werbung einst als einen „bedeutenden Erfolg der Revolution“. Allerdings wird dieser Raum von massiver nationalistischer Propaganda gefüllt.

Tenor der Berichterstattung ist in allen Medien die anti-US-amerikanische Grundeinstellung sowie eine dezidiert humanistische Berichterstattung der internationalen Nachrichten, internationale Solidarität gilt als der Dreh- und Angelpunkt der kubanischen Außenpolitik. In Artikeln über die Errungenschaften des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez fehlen nie die Hinweise auf die Entsendung kubanischer Ärzte und Lehrer nach Venezuela und in andere lateinamerikanische Länder. Zum Irak-Krieg stehen die kubanischen Medien ununterbrochen kritisch und vertreten Anti-Kriegspositionen. In der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt nehmen die kubanischen Medien regelmäßig pro-palästinensische Positionen ein.

Internet

Der Zugang zum Internet ist auf Kuba nach wie vor stark eingeschränkt. Die wenigen Zugänge, die es auf der Insel zum weltweiten Datennetz gibt, sind durch exorbitante Gebühren für die Kubaner nicht erschwinglich und damit den Touristen vorbehalten. So sind nur knapp 120.000 der insgesamt elf Millionen Einwohner online, gerade mal 1,7 Prozent der Bevölkerung. Durchschnittlich kommen 4,5 Computer auf 100 Einwohner – das ist die niedrigste Rate in Lateinamerika.

Im Jahr 2000 wurde eigens ein Ministerium gegründet, das die Netzwerke und Telekommunikation reguliert und überwacht. 2007 brachte die Regierung die eigene Suchmaschine 2x3 heraus, über die rund 150.000 offiziell genehmigte Seiten abrufbar sind. Der Besitz von Computern mit Internetzugang ist für Privatleute nach wie vor verboten. Ausnahmen gibt es nur für Regierungsangestellte, die auch von zu Hause aus arbeiten und dafür eine gesonderte Genehmigung bekommen. Die neue Regierung unter Raúl Castro hat zwar inzwischen den Kauf von Computern und Mobiltelefonen für Privatpersonen erleichtert. Aber die Beschränkungen zum Internetzugang werden weiterhin aufrecht erhalten. Die Regierung begründet dies mit beschränkten technischen und wirtschaftlichen Kapazitäten. Zurzeit wird ein unterseeisches Glasfaserkabel zwischen Venezuela und Kuba verlegt, das bis 2010 seinen Dienst aufnehmen soll. Damit würde die Anbindung Kubas an das weltweite Datennetz um das 3000-fache ausgebaut.

Mirjam Gehrke (Autorin)
Berthold Stevens (Redaktion)

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