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Menschenrechtsorganisation übt Kritik an libyschen Milizen

16. Februar 2012

Amnesty International wirft den Milizen in Libyen vor, massiv Menschenrechte zu verletzen. Sie sollen Häftlinge, einst die Anhänger Gaddafis, schwer misshandeln – nicht selten bis zum Tode. Ihr Motiv: Rache.

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Bewaffneter Mann (foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die bewaffneten Milizen in Libyen haben nach Angaben von Amnesty International (ai) seit vergangenem September in mindestens zwölf Fällen ihre Gefangenen zu Tode gefoltert. Das geht aus einem Bericht der  Menschenrechtsorganisation hervor, der sich auf Angaben einer ai-Delegation stützt, die sich in den vergangenen Wochen in Libyen aufhielt. Darin beruft sich Amnesty International auf Häftlinge, die nach eigener Aussage stundenlang mit Peitschen, Kabeln, Plastikschläuchen, Metallketten und Stangen geschlagen wurden. Auch seien ihnen Elektroschocks verpasst worden. Die Milizen kontrollieren derzeit weite Teile des Landes.

Nach dem Bericht begehen die bewaffneten Milizen die Menschenrechtsverletzungen vor allem an mutmaßlichen Anhängern des im vergangenen Oktober getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi, um sich an ihnen zu rächen. Die Amnesty-Mitarbeiter suchten elf Gefängnisse in Zentral- und Westlibyen auf, unter anderem in der Hauptstadt Tripolis sowie in Misrata und Bengasi. In zehn dieser Gefängnisse berichteten die Inhaftierten von Folter und zeigten ihre Verletzungen. Mehrere Gefangene berichteten, sie hätten die ihnen vorgeworfenen Verbrechen gestanden, um nicht weiter gefoltert zu werden. Die Menschenrechtler berichteten auch von Übergriffen der Milizen auf Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Staaten.

Milizen sind unkontrollierbar

Carsten Jürgensen, Mitglied der ai-Delegation, warnte, dass die Milizen "außer Kontrolle" geraten seien. Vor einem Jahr hätten die Libyer "ihr Leben riskiert, um Gerechtigkeit zu fordern" – heute sei diese Gerechtigkeit in großer Gefahr: "durch gesetzlose bewaffnete Milizen, die auf den Menschenrechten herumtrampeln, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden." Die Milizen verhinderten so den Aufbau eines neuen Staates.

Die libysche Übergangsregierung hatte kürzlich versprochen, gegen die Folter und Misshandlung von Gefangenen vorzugehen. Doch neben den großen Haftanstalten gibt es in Libyen immer noch zahlreiche "Privatgefängnisse" der sogenannten Revolutionsbrigaden - was dort passiert, lässt sich nicht kontrollieren. Eine funktionierende Justiz existiert in Libyen nicht.

Libyer sind laut Umfrage "zufrieden"

Dennoch zeigen sich ein Jahr nach Beginn des Aufstandes die Libyer mehrheitlich zufriedener mit ihrer Lebenssituation. Zumindest bei einer gemeinsamen Befragung durch das "Institut Oxford Research International" und dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) bezeichneten sich 40 Prozent der Befragten als "sehr zufrieden". 46 Prozent der Libyer erklärten, sie seien "ziemlich zufrieden". Damit seien ihre Zufriedenheitswerte besser als bei vergleichbaren Umfragen in Deutschland, Frankreich oder den USA, erklärte das ZDF. Für die Studie wurden nach ZDF-Angaben rund 2000 Personen in ganz Libyen befragt. Am Freitag wollen die Libyer den ersten Jahrestag des Beginns der "Revolution des 17. Februar" feiern.

nm/fab (dpa, afp, dapd)