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Irak unter Druck

6. August 2008

Der Irak verbucht einen überraschenden Haushaltsüberschuss. Die Ausgaben für den Wiederaufbau aber bleiben gering. US-Senatoren sind empört.

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Ölproduktion im Irak
Immense Gewinne: Die Produktion und der Export von irakischem Öl laufen auf HochtourenBild: AP

Einer Untersuchung des US-amerikanischen Rechnungshofes (GAO) zufolge beläuft sich der Haushaltsüberschuss der irakischen Regierung auf 79 Milliarden Dollar (51 Milliarden Euro). Verantwortlich dafür sei in erster Linie der hohe Ölpreis bei gleichzeitig anziehender Ölproduktion.

Die Aufwendungen für den Wiederaufbau des ausgezehrten Landes im Vergleich zu dem nun ermittelten Haushaltsüberschuss seien bisher gering: Der Untersuchungsbericht, der dem US-Kongress am Dienstag (05.08.2008) vorgelegt wurde, beziffert die bisherigen Ausgaben der irakischen Regierung für die Erneuerung der Infrastruktur im vergangenen Jahr auf 896 Millionen Dollar. Seit 2003 habe der US-amerikanische Steuerzahler aber 48 Milliarden Dollar für derartige Projekte aufgebracht.

USA fordern größere Anstrengung

US-Senator Carl Levin
Übt scharfe Kritik an der irakischen Regierung: US-Senator Carl LevinBild: picture-alliance/dpa

Der GAO-Bericht löste bei US-Demokraten und Republikanern Empörung aus. "Wir sollten keine irakischen Projekte mehr finanzieren, während sich irakische Öleinnahmen auf den Konten häufen", sagte der demokratische Senator Carl Levin. Stattdessen müsse die Regierung in Bagdad für den Wiederaufbau zunehmend selbst bezahlen. In einer gemeinsamen Erklärung von Levin und dem Republikaner John Warner stellen die Senatoren fest, dass es unentschuldbar sei, "dass amerikanische Steuerzahler weiter die Rechnung für Projekte begleichen, die die Iraker in vollem Umfang alleine zahlen können".

Der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, hatte bereits vor einigen Wochen erklärt, die USA würden keine Großprojekte im Irak mehr finanzieren. Zwischen 2005 und 2007 habe die irakische Regierung lediglich ein Prozent für den Unterhalt von amerikanischen und irakischen Investitionen aufgewendet, etwa im Bereich der Infrastruktur wie der Wasser- und Stromversorgung und dem Stromnetz.

Irakische Bürokratie: Ineffizienz und Schwäche

Der Haushaltsüberschuss resultiert nach Einschätzung des GAO neben der Ölpreisexplosion auch aus der Unfähigkeit der irakischen Regierung, Haushaltspläne umzusetzen. Aus Mangel an qualifiziertem Personal habe die irakische Verwaltung Probleme, das Geld auszugeben. Außerdem sei die Regierung durch die anhaltende Gewalt und Kämpfe zwischen ethnischen Gruppen geschwächt.

Zerstörung und Opfer zeugen vom Krieg

Nach 24 Jahren der Diktatur unter Saddam Hussein und drei Golfkriegen ist der Irak weitgehend zerstört. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen und der Weltbank werden für den Wiederaufbau rund 56 Milliarden US-Dollar benötigt. Diese Summe dürfte allerdings angesichts von Terror, amerikanischen Kampfeinsätzen und einer weiterhin brach liegenden Wirtschaft weiter ansteigen. Seit Beginn des dritten Golfkriegs 2003 wurden 8514 irakische Sicherheitskräfte und 4133 US-Soldaten getötet. Belastbare Angaben über die Anzahl getöter Zivilisten liegen nicht vor. Die Schätzungen gehen in die Hunderttausende. (jbi)