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Minderheitsregierung von Wilders' Gnaden

29. September 2010

In den Niederlanden haben sich Rechtsliberale und Christdemokraten auf eine Minderheitsregierung geeinigt - gut drei Monate nach der Wahl. Die Partei des Rechtspopulisten Wilders soll der Koalition die Mehrheit sichern.

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Geert Wilders (Foto: AP)
Umstritten: Geert WildersBild: AP

"Ich bin so glücklich, dass wir es geschafft haben." Mit diesen Worten verkündete der Vorsitzende der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), Mark Rutte, am Dienstagabend (28.09.2010) die Einigung. Zuvor hatte sich seine Partei mit den niederländischen Christdemokraten (CDA) auf ein Bündnis verständigt, das von der Freiheitspartei (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders toleriert werden soll. Rutte soll neuer Ministerpräsident werden.

Islam-Kritiker Wilders, der den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen hatte, zeigte sich überzeugt: Die neue Koalition werde sich als großartig für die Niederlande erweisen. Wilders' PVV soll im Parlament für Mehrheiten sorgen, aber nicht direkt an der Regierung beteiligt werden. Ein Parteitag der Christdemokraten muss der Zusammenarbeit am kommenden Samstag noch zustimmen.

Monatelange Verhandlungen

Mark Rutte (l.), Maxime Verhagen (M.) und Geert Wilders (r.) (Foto: dpa)
Wilders (rechts) mit dem designierten Premier Rutte (l.) und dem Fraktionschef der CDA, VerhagenBild: picture-alliance/dpa

Etliche CDA-Mitglieder hatten sich gegen eine politische Zusammenarbeit mit Wilders ausgesprochen. Sie warfen ihm vor, Muslime aus der Gesellschaft ausgrenzen und damit die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit verletzen zu wollen. Neben einem Einwanderungsverbot für Muslime in die Europäische Union hatte die PVV eine Reduzierung der niederländischen EU-Finanzbeiträge gefordert. Zudem wollte Wilders die Ausgaben seines Landes für Entwicklungshilfe drastisch kürzen.

CDA und VVD hatten schon im August Verhandlungen mit der umstrittenen Freiheitspartei begonnen, doch diese waren wegen der Kritik seitens der CDA an Wilders Partei eine Zeit lang ausgesetzt worden. Nachdem der prominenteste Wilders-Kritiker, der amtierende Gesundheitsminister Ab Klink, jedoch sein Abgeordnetenmandat niedergelegt und die CDA-Fraktion verlassen hatte, wurden die Gespräche schließlich fortgesetzt.

Wilders als Königsmacher

Job Cohen (Foto: AP)
Kritiker: Der Sozialdemokrat CohenBild: AP

"Die PVV hat nun viel Macht, muss selbst aber keine Verantwortung übernehmen", kritisierte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei der Arbeit ("Partij van de Arbeid"), Job Cohen. Ein Koalitionsvertrag zwischen VVD und CDA sowie ein Duldungsvertrag beider Parteien mit Wilders' PVV sollten in den kommenden Tagen veröffentlicht werden.

Ruttes Rechtsliberale hatten die Parlamentswahl im Juni knapp gewonnen. Sie konnten einen Sitz mehr ergattern als die Sozialdemokraten. Drittstärkste Kraft wurde die 2006 gegründete Wilders-Partei. Sie landete noch vor den Christdemokraten, die die Hälfte ihrer Mandate verloren. Die künftige Koalition aus Rechtsliberalen und Christdemokraten verfügt im Parlament über 52 Sitze, gemeinsam mit der Wilders-Partei sind es 76 - und damit ein Sitz mehr als die erforderliche Mehrheit.

Autoren: Christian Walz / Shenjun Liu (rtr, dpa, dapd)

Redaktion: Reinhard Kleber