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NS-Blätter dürfen weiter nachgedruckt werden

25. März 2009

Das Landgericht München hat gegen das bayerische Finanzministerium entschieden: Die Wochenzeitung "Zeitungszeugen" darf weiterhin Nachdrucke von Nazi-Blättern verkaufen.

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Symbolbild Nachdrucke NS-Zeitungen (Foto:dpa)
Eine Ausgabe von "Zeitungszeugen" mit den nachgedruckten historischen Zeitungen zum Thema Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933Bild: picture-alliance/ dpa

Ein englischer Verlag darf einzelne Nachdrucke von Nazi-Blättern weiter in seiner wissenschaftlichen Wochenzeitung "Zeitungszeugen" verkaufen. Der Nachdruck verletze das Urheberrecht nicht, wenn Zeitungen nachgedruckt werden, die vor dem 1. Januar 1939 erschienen sind, entschied das Landgericht München I am Mittwoch (25.03.2009). Das Urheberrecht erlösche nach 70 Jahren.

Damit kann Bayern den Nachdruck der von Adolf Hitler und Joseph Goebbels herausgegebenen Zeitungen "Völkischer Beobachter" und "Der Angriff" für diesen Zeitraum nicht verbieten. Das Gericht erklärte, Bayern habe keine Urheberrechte, mit denen es den Nachdruck verbieten könne. Für die Zeit ab 1939 sprach das Gericht dem Freistaat diese allerdings zu. Das Bayerische Finanzministerium kündigte nach der Urteilsverkündung an, gegen diese Entscheidung "aus grundsätzlichen Erwägungen" Rechtsmittel einzulegen.

NS-Blätter sollen damaligen Alltag besser vermitteln

Das Urheberrecht sei nicht der richtige Weg, den Nachdruck zu untersagen, sagte ein Gerichtssprecher: "Da muss man sich mal etwas anderes einfallen lassen." Der britische Verleger Peter McGee hatte in seiner Wochenzeitung "Zeitungszeugen" neben Faksimiles von bürgerlichen und sozialdemokratischen Blättern komplette Ausgaben von NS-Blättern nachgedruckt. Sie wurden in einem einordnenden Mantel mit Artikeln namhafter Historiker verkauft.

Der britische Verleger Peter McGee, Wochenzeitung "Zeitungszeugen" (Foto: AP)
Der britische Verleger Peter McGee präsentiert sein Wochenzeitungs-Projekts "Zeitungszeugen"Bild: AP

Herausgeber McGee will mit den Nachdrucken historischer Zeitungen der Jahre 1933 bis 1945 den damaligen Alltag besser vermitteln, als es seiner Meinung nach mit Lehrbüchern möglich ist. Dennoch protestierte die bayerische Landesregierung gegen das Wochenzeitungsprojekt "Zeitungszeugen“. Ihre Befürchtung: Die Nachdrucke könnten aus dem Zusammenhang gerissen und von Neonazis missbraucht werden. Das bayerische Justizministerium ließ im Januar über 2500 Exemplare der "Zeitungszeugen" beschlagnahmen.

Gericht verneint Bayerns Urheberrecht an NS-Zeitungen

Der Freistaat Bayern wollte über das Urheberrecht ein Verbot sämtlicher Nachdrucke erreichen. Bayern hatte nach Ende des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten die Rechte der Nazi-Presse und auch die Urheberrechte Adolf Hitlers übertragen bekommen. Der umstrittene Nachdruck originaler NS-Schriften muss nun mit anderen Mitteln als dem Urheberrecht gelöst werden. (heb/stu/dpa/ap)