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Offen für neue Witze

Das Interview führte Christine Gruler20. Januar 2003

"Es gibt noch viel zu entdecken" verspricht Arnulf Rating, Erfinder und Kopf des Maulhelden-Festivals. DW-WORLD wollte es genauer wissen.

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Selbst seit 25 Jahren auf der Bühne: Arnulf Rating

Herr Rating, Sie haben in diesem Jahr über 50 Künstler aus 14 verschiedenen Ländern eingeladen. Wie sind Sie bei der Auswahl vorgegangen?

Streng subjektiv. Wir hatten im letzten Jahr ein gutes Festival, mit lauter guten Freunden. Ich selbst stehe ja seit 25 Jahren auf der Bühne und kenne viele Leute. Diese wiederum kennen andere und so spricht sich das herum. Viele weitere Künstler haben wir in diesem Jahr geholt und so ist ein wunderbar farbiges Programm zustande gekommen.

Sie selbst gelten als "Hochgeschwindigkeitskabarettist der alten Schule". Sollte Wortkunst wieder tiefgründiger werden? Weg von allzu flachen Comedy-Blödeleien?

Wortkunst ist eine der ältesten Künste der Welt. Flach und tief, ich bin dagegen immer diese Schubladen aufzumachen. Es gibt immer wieder neue Witze und man muss immer wieder neue Witze machen.

In jedem Land gibt es eine Erzähltradition. Wir wollen die Vielfalt wiederbeleben, ohne in einheitlichen Schablonen zu denken. Es gibt Slam Poetry, Story Telling in der afrikanischen Tradition, Dario Foe in Italien, klassische britische Comedy: Die Vielfalt ist groß. Das wollen wir zeigen.

Sie scheinen bewusst vermieden zu haben, die "local heroes" aus den Programmen der Privatsender einzuladen. Ist der Eindruck richtig? Was unterscheidet Bülent Ceylan von Kaya Yanar?

Farbig sind beide. Der eine hat einen Produzenten gefunden, der andere noch nicht. Auch wenn sich die Leute am Fernsehen orientieren, die Life-Kultur ist das Ursprüngliche. Der Erfolg des ersten Maulhelden-Festivals zeigt, das wir richtig liegen. Aber wir haben kein Auftrittsverbot für jemanden, der im Fernsehen war. Außerdem ist Fernsehen ja auch schön. Schließlich zahlen wir den Preis im Waschmittel mit, da können wir sauber lachen.

Jana Hensel kann man sich schwerlich als Unterstützung in humorlosen Zeiten vorstellen. Wie versteht sich das Festival also in seinem Gesamtkonzept?

Es ist ja kein reines Lachfestival. Wir haben am Eröffnungsabend einen Shanty-Chor, einen politischen Kolumnisten und eine musikal-perkussive Schau neben Parodisten wie Reiner Kröhnert und Shazia Mirza, der einzigen muslimischen Kabarettistin. Ich möchte keine Grenzen ziehen. Wir freuen uns über jede Form der Wortkunst.

Wie sieht es jenseits der deutschen Grenzen aus? Gibt es eine Nation, die durch einen extrem hohen Spaßquotienten herausragt?

Ja, zum Beispiel die Türkei. Dort gibt es erstaunlich viel Kabarett. Für die vielen türkischsprachigen Menschen in Berlin würden wir gerne einige herholen. Das ist allerdings gar nicht so einfach, denn die dortigen Stars sind oft ausgebucht.

Wie ist ihr Ausblick auf das kommende Jahr?

Auf jeden Fall sollen es wieder – wie im ersten Jahr - mehr als vier Festivaltage werden. Und wir hoffen auf finanzielle Unterstützung. Es ist schließlich nicht ganz billig, die vielen Künstler aus dem Ausland hier unterzubringen. Mein sehnlichster Wunsch ist es, Dario Foe endlich im Tempdrom zu haben. Ansonsten habe ich gerade von australischen Wissenschaftlern gehört, die sich wortkünstlerisch einen Namen gemacht haben. Es gibt weiterhin eine Fülle an Unterhaltungsformen zu entdecken.

Arnulf Rating hat als einer der legendären "Drei Tornados" Kabarettgeschichte geschrieben. Sein 25jähriges Bühnenjubiläum beging er im letzten Jahr - gekrönt vom Deutschen Kleinkunstpreis.