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Paris-Attentäter in IS-Papieren

11. März 2016

Schon im Namen geriert sich die Terrororganisation IS als "Staat". Zumindest gibt es ausgeprägte bürokratische Strukturen. Deren Akten werden jetzt zur Goldgrube für Journalisten und Ermittler.

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Terrorist Abdelhamid Abaaoud mit IS-Fahne und Koran (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Dabiq

In den kürzlich an die Öffentlichkeit gelangten Akten der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) finden sich nach Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" auch die Namen von Attentätern von Paris. So seien drei der Terroristen vermerkt, die am 13. November 2015 an dem Massaker in der französischen Hauptstadt beteiligt waren. Es handelt sich demnach um Samy Amimour, Fouad Mohammed Aggad und Ismael Omar Mostefai.

Bei der Einreise registriert

Den Aufzeichnungen des IS zufolge reiste etwa Aggad am 18. Dezember 2013 in einer Gruppe aus mindestens 14 Männern und ihren Familien über die türkisch-syrische Grenze ins IS-Gebiet ein. Alle hätten damals in ihren Personalbögen angegeben, als Kämpfer für den IS aktiv werden zu wollen.

Aggad war zwei Jahre später einer der Täter in der Pariser Konzerthalle Bataclan, in der sie 90 Menschen ermordeten. Insgesamt hatten IS-Extremisten bei der Anschlagsserie in Paris 130 Menschen getötet

Überlebende des Terrorangriffs im Bataclan werden von Polizisten evakuiert (Foto: Getty Images/AFP)
Überlebende des Terrorangriffs im Bataclan werden von Polizisten evakuiertBild: Getty Images/AFP/K. Tribouillard

An anderer Stelle in den Dokumenten finde sich der mutmaßliche Kopf der Gruppe, Abdelhamid Abaaoud (Artikelbild), der offenbar mit seinem Kampfnamen Abu Omar Al-Beljiki als Bürge für die Einreise eines weiteren französischen Islamisten in den IS-Machtbereich fungiert habe, teilte der sogenannte Rechercheverbund mit. Der Einreisebogen von Abaaoud selbst befinde sich nach einer ersten Analyse nicht in den Unterlagen. Der belgische Islamist war bei einer Razzia nach den Anschlägen erschossen worden.

Papiere der "General-Grenz-Verwaltung"

In dieser Woche waren - offenbar als Teil eines größeren Datenlecks beim IS - Angaben zu angeblich 22.000 Dschihadisten der Terrormiliz aufgetaucht. Die Dokumente stammen den Angaben zufolge überwiegend aus den Jahren 2013 und 2014 und wurden von einer "General-Grenz-Verwaltung" des IS angelegt. In den Personalbögen finden sich demnach 23 Spalten, in denen in das IS-Gebiet einreisende Extremisten neben biografischen Details auch Kontaktdaten von Angehörigen, Namen von Bürgen und ihre Blutgruppe angeben sollen. Zudem werden sie nach speziellen Fähigkeiten und der beabsichtigten Tätigkeit bei der Dschihadistenmiliz gefragt - etwa, ob sie als Kämpfer, Selbstmordattentäter, Geheimdienstler oder in der Verwaltung eingesetzt werden wollten.

Da es zahlreiche Dopplungen in dem Material gebe, sei allerdings die Zahl der tatsächlich vom IS registrierten Kämpfer erheblich niedriger, so NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung". Nach einer ersten Auswertung soll das Material wenige Tausend Einzelpersonen betreffen, unter ihnen mindestens 100 Deutsche.

Schärfere Antiterrorgesetze

Unterdessen haben die EU-Justizminister eine Verschärfung der Antiterrorgesetzgebung in die Wege geleitet. Sie einigten sich in Brüssel darauf, vorbereitende Handlungen für Terrorakte wie Reisen in Konfliktgebiete oder Kampftraining unter Strafe zu stellen. Ein entsprechender Richtlinienentwurf umfasst auch die Finanzierung, Organisation oder Erleichterung solcher Reisen und Vorbereitungshandlungen.

Die Polizeibehörde Europol geht von mehr als 5000 Islamisten aus der EU aus, die als Kämpfer nach Syrien oder in den Irak gereist sind und nach ihrer Rückkehr Anschläge verüben könnten. Für Deutschland schätzen die Sicherheitsbehörden die Zahl auf 800 Dschihadisten. Rund ein Drittel ist demnach bereits zurückgekehrt.

wl/stu (dpa, afp)