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Handy-Vermietung

Jule Reimer6. Februar 2009

Nur 180.000 Angolaner besitzen ein Festnetztelefon, aber fünf Millionen haben ein Handy. Wer zudem über eine frisch aufgeladene Prepaid-Karte verfügt, kann mit wenig Aufwand ein kleines Nebengeschäft eröffnen.

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Afrikaner telefoniert mit Handy (Foto: dpa)
Das Handy-Geschäft boomt in AfrikaBild: dpa

Samstagnachmittag auf dem Markt der Kleinstadt Uku-Seles in Angolas Hochland: Die Stereoanlagen dröhnen so laut, wie es Batterien und Dieselgeneratoren erlauben. Es herrscht Wochenendstimmung. An einem Marktstand ein handgekritzeltes Schild: "Vende-se chamadas". So bewirbt André de Souza seine Telefondienstleistungen.

Anruf-Service

Der Stand ist ein gemauerter Betonklotz zum Auslegen der Ware und ein aus Ästen gezimmertes Dach samt Plane. Es schützt Wörterbücher, Hefte, Zigaretten und Kassetten vor dem einsetzenden Regen. Montags bis samstags, zwischen 8 Uhr und 17.30 Uhr bietet der 30-Jährige dort seine Dienste an. "Sollte ein Familienangehöriger eines Kunden gestorben sein, besorgen wir die Telefonnummer und benachrichtigen die entfernt lebenden Angehörigen."

30 Cent pro Minute

André de Souza mit Handy (Foto: DW/Jule Reimer)
André de Souza während der Arbeit an seinem MarktstandBild: DW/Jule Reimer

Unübersichtliche Details wie Flatrates, Taktung oder Mindestvertragslaufzeiten gibt es bei Senhor André nicht. Bei ihm gilt: 30 Kwanza pro Gesprächsminute, umgerechnet 30 Cent. Auch das Abrechnungsverfahren ist übersichtlich gehalten. "Wir kontrollieren die Zeit mit Hilfe der Uhr des Handys. Zwei Minuten sind zwei Minuten und drei sind drei."

In Angola sind Handyvermieter wie André de Souza gefragte Anbieter. Obwohl fünf Millionen Angolaner ein Mobiltelefon besitzen, können sich die meisten nur anrufen lassen. "Zu uns kommen Leute aus dem Hinterland ganz ohne Handy, aber auch Städter, die sich das Aufladen ihrer Prepaid-Karte nicht leisten können." Das koste mindestens 900 Kwanza - für viele Angolaner ein Zehntel bis ein Zwanzigstel des Monatslohnes.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Nahaufnahme des Verkaufsstands (Foto: DW/Jule Reimer)
Not macht erfinderisch: Das Angebot bei de Souza reicht von Büchern, Zigaretten und Kassetten bis zu Telefon-DienstleistungenBild: DW/Jule Reimer

Hinzu kommen kleine Vertragsfallstricke des angolanischen Mobilfunkbetreibers: Schon nach zwei Wochen muss das Guthaben erneut aufgeladen werden, unabhängig davon, wie viel Guthaben verbraucht wurde. Ansonsten wird der Restbetrag erst eingefroren und erlischt nach fünf Monaten komplett. Insofern profitiert Telefonanruf-Händler André de Souza doppelt vom Geschäft. Er nimmt etwas Geld ein und verbraucht sein eigenes Guthaben in der befristeten Zeit.

Aufladen lässt de Souza sein Handy mangels eines funktionierenden Stromnetzes auf dem Markt von Uku-Seles bei einer weiteren blühenden Branche - den Eigentümern der Dieselgeneratoren. Mit der eigenen Kundschaft sieht es bei Senhor André heute allerdings ziemlich mau aus. "Normalerweise kommen pro Tag etwa zehn Kunden. Aber heute gehen viele zur Kirche. Der meiste Betrieb herrscht zwischen Montag und Freitag."

Variable Preise

Die 30 Cent pro Minute, die de Souza pro Anruf nimmt, sind ein vergleichsweise humaner Preis - an der großen Überlandstrasse, 80 Kilometer westlich, nehmen die Handyvermieter das Dreifache. Doch er weiß, dass die meisten Kunden sein Handy nicht für ein Schwätzchen, sondern wegen konkreter Notlagen mieten und gibt sich hilfsbereit. "Wenn jemand nur 25 und keine 30 Kwanza hat, bedienen wir ihn auch."