1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sturm auf Flüchtlingslager Jarmuk?

9. April 2015

Seit Tagen kontrolliert die IS-Terrormiliz das palästinensische Flüchtlingslager Jarmuk in Syrien. Jetzt planen Assad-Armee und Palästinenser eine gemeinsame Militäraktion. Die UN fürchten schon ein "Massaker".

https://p.dw.com/p/1F5Y3
Syrien, Jarmuk zerstörter Stadtteil Damaskus (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Y. Badawi

Bewaffnete Palästinensergruppen und die syrische Armee wollen im Flüchtlingslager Jarmuk gemeinsam eine Offensive gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) starten. Es sei vereinbart worden, ein gemeinsames Kommandozentrum einzurichten, sagte PLO-Vertreter Ahmed Madschdalani nach Beratungen mit palästinensischen Milizen in Damaskus.

Laut Madschdalani wollen sich 14 Palästinensergruppen der Allianz anschließen. Die Gruppe Aknaf Beit al-Makdis, die der palästinensischen Hamas-Bewegung nahesteht und mit der syrischen Regierung verfeindet ist, nahm nicht an den Beratungen in der syrischen Hauptstadt teil. Madschdalani betonte, bei dem Militäreinsatz müsse der Schutz von Zivilisten in dem Camp Vorrang haben. Zudem müsse eine weitere Zerstörung der Infrastruktur in dem umkämpften Lager verhindert werden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief eindringlich dazu auf, ein "Massaker" an den Flüchtlingen zu verhindern. Man dürfe angesichts der Eskalation nicht tatenlos zusehen, sagte Ban vor Reportern am UN-Sitz in New York. Das Flüchtlingscamp beginne immer mehr einem "Todescamp" zu gleichen.

Nach Angaben des PLO-Gesandten ist es den Einheiten Präsident Baschar al Assads und örtlichen Palästinensergruppen bereits gelungen, die IS-Schergen in einigen Teilen des Camps zurückzudrängen und 35 Prozent des Territoriums zurückzuerobern. Nachgeprüft werden können diese Aussagen allerdings nicht.

Dramatischer Appell des Roten Kreuzes

Syriens Minister für Aussöhnung, Ali Haidar, hatte am Mittwoch erklärt, seine Regierung bereite sich auf einen Militäreinsatz vor, um die Dschihadisten aus Jarmuk zu vertreiben. "Unter den jetzigen Umständen ist eine militärische Lösung nötig", fügte er hinzu. Das Haidar lies allerdings offen, wann die Operation beginnen und wie sie durchgeführt werden könne. Er deute allerdings an, dass sich die syrische Armee daran beteiligen könnte.

In einem dramatischen Appell hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) humanitäre Hilfe für das Lager gefordert. Mit dem Ausbruch der jüngsten Kämpfe habe sich die Lage der Bewohner weiter verschlechtert. Die Menschen bräuchten sofort Hilfe. Sie litten seit Monaten unter dem Mangel an Wasser, Nahrung und Medikamenten.

Syrische Armee greift Jarmuk an

Die Menschen sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Nur wenige Lieferungen könnten das Lager erreichen, sagte der Leiter der Hilfsorganisation Jafra Foundation, Wesam Sabaaneh.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" hat seit dem 1. April große Teile des Lagers unter ihre Kontrolle gebracht. Palästinensische Milizen leisten Widerstand. Nach Angaben der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen seit Ausbruch der Kämpfe mindestens 47 Menschen ums Leben. Auch die syrische Luftwaffe habe das Lager erneut angegriffen. Flugzeuge hätten am Mittwochabend elf Fassbomben über Jarmuk abgeworfen.

Flüchtlingslager seit 1948

Camp Jarmuk ist ein Flüchtlingslager am Rande der syrischen Hauptstadt Damaskus. Dort haben einmal bis zu 160.000 Palästinenser gelebt, meist Flüchtlinge aus dem arabisch-israelischen Krieg von 1948 und deren Nachkommen.

Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs vor vier Jahren haben die meisten Bewohner das Lager verlassen. Heute leben dort noch etwa 16.000 Menschen. Die syrische Regierung hatte 2013 mit einer Blockade des Lagers begonnen, nachdem dort Aufständische Fuß gefasst hatten. Zahlreiche Menschen starben seitdem laut Menschenrechtlern an Hunger und Durst.

gmf/SC (afpe, dpa, rtr, APE)