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Elektroautos im Praxistest

23. Februar 2010

George Clooney hat eins und Arnold Schwarzenegger auch: ein Elektroauto. Beim Feldversuch "colognE-Mobil" in Köln soll jetzt das neue Antriebskonzept seine Alltagstauglichkeit unter Beweis stellen.

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Eine Zapfsäule, bei der man Strom tanken kann (Foto: DW)
Zapfsäule unter StromBild: DW

Es klingt nach dem Wunschtraum eines jeden Autofahrers: Erst gratis tanken, und anschließend auch noch mit gutem Umwelt-Gewissen durch die Gegend fahren. Für die Versuchsteilnehmer beim Projekt "colognE-Mobil" wird der Wunschtraum wahr. Jedenfalls dann, wenn sie ausschließlich die erste öffentliche Strom-Zapfsäule am Kölner Neumarkt nutzen, an der es Ökostrom vom lokalen Versorger Rhein-Energie zum Nulltarif gibt. Aber prinzipiell lassen sich die Batterien der umgerüsteten Ford Transit-Kleintransporter an jeder 230-Volt-Steckdose aufladen. Das dauert sechs bis acht Stunden und reicht dann für maximal 160 Kilometer Fahrtstrecke, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde.

Sorgenkind Energiespeicher

"Die Batterie ist der Schwachpunkt des Elektroautos, sonst hätten wir das Elektroauto schon seit hundert Jahren", sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen, der das Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet. Der Energiespeicher sei kompliziert, aber mit Lithium-Ionen-Batterien habe man in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erreicht. Lithium-Ionen-Elemente stecken seit langer Zeit in praktisch allen elektronischen Mobilgeräten.

Explosionen unerwünscht

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben betankt ein Elektroauto an einer Zapfsäule mit Strom bei der offiziellen Präsentation auf der colognE-Mobil mit anderen Teilnehmern (Foto: DW)
NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben beim symbolischen "Betanken" des ElektroautosBild: DW

Aber auf dem Weg vom kleinen Akku in Kamera, Handy oder Notebook bis hin zur praxistauglichen Kraftzelle für ein Fahrzeug sind noch einige technische Hürden zu meistern, vor allem beim Thema Langlebigkeit und Sicherheit. Dazu werde sehr viel in Japan, Korea und China geforscht - dicht gefolgt von Deutschland. "Die Firma Evonik ist hier mit führend bei Lithium-Batterien und baut in Kamenz die Serienproduktion für Lithium-Ionen-Batterien mit einem so genannten Separator, der Kathode und Anode trennt", so Dudenhöffer.

In der Vergangenheit war es nämlich durchaus schon einmal passiert, dass sich Notebook-Akkus entzündet hatten oder explodiert waren. Das wäre in einem Auto katastrophal. Die neuen Produkte vertragen aber Temperaturen bis zu 400 Grad, ohne dann in die Brüche zu gehen. "Das ist schon High-Tech, was wir da in Deutschland haben", freut sich der Automobilexperte.

Bewährungsprobe im Stadtverkehr

Wie robust die Batterien letztlich im "Stop and Go" des Alltagsbetriebs sein werden und wie gut Reichweite und Auflade-Rhythmus in den täglichen Betriebsablauf passen - das wird bei jedem Nutzungsprofil ein wenig anders aussehen. Daher werden die Testautos in Köln als Lieferfahrzeuge, als Personen-Shuttle oder als Einsatzwagen der städtischen Abfallbetriebe unterwegs sein.

Ford-Vorstand Bernhard Mattes ist zuversichtlich, dass die Transits nicht allzu häufig die Werkstatt anlaufen müssen: In England, wo baugleiche Fahrzeuge bereits auf dem Markt seien, gäbe es für 60 Monate oder 1000 Ladezyklen Garantie auf das eingebaute Akku-Pack.

Und wer soll das bezahlen?

Porträt Ferdinand Dudenhöffer, Autoindustrie Analyst (Foto: DW-TV)
Ferdinand Dudenhöffer ist begeistert von ElektroautosBild: DW-TV

Ein Pilotprojekt wie in Köln ist eine Sache, doch ein marktfähiges Produkt eine ganz andere: Allein die Batterie eines Elektrofahrzeuges kostet heute zwischen 10.000 bis 15.000 Euro. "Deshalb bietet man Batterie und Strom gemeinsam an - im Prinzip Mobilität pro Kilometer", skizziert Dudenhöffer einen möglichen Ausweg aus dem Kostenproblem. Das habe einen großen Vorteil: Der preisgünstige Strom, der heute nicht mehr mit Mineralöl- oder Energiesteuern belastet sei, und die Batterie bringen eine Mischkalkulation, die es ermögliche, die Preise für den Kunden "noch erträglich zu gestalten".

Verschenken will nämlich auch der Projektpartner Rhein-Energie seinen Strom nicht für immer, verrät Vorstandsmitglied Volker Staufert. Das "Tanken" an Stromzapfsäulen könnte also irgendwann nach dem Muster von Telekommunikations- oder Kreditkartensystemen abgerechnet werden - grenzüberschreitend und europaweit, so die Vision der Energieversorger.

Schön leise - gefährlich leise

Neben allen technischen und ökonomischen Fragen geht es beim Projekt "colognE-Mobil" auch um Verkehrssicherheit: Denn ein Elektroauto nähert sich nahezu geräuschlos. Das ist für Passanten tückisch, sogar lebensgefährlich für Blinde. Helfen könnten Aufrauhungen im Asphalt vor Zebrastreifen, da dann Radgeräusche besser zu hören sind. Oder Fahr-Assistenzsysteme im Auto, die Fußgänger rechtzeitig entdecken und akustisch warnen oder das Auto abbremsen.

Vielleicht wären solche Systeme ohnehin sinnvoll, denn E-Autos seien sehr spritzig beim Fahren: "Der Fahrspaß beim Elektroauto ist um Dimensionen besser als beim konventionellen Fahrzeug, wenn man kein Geräuschfetischist ist", verrät Ferdinand Dudenhöffer. Und zwar wegen des hohen Drehmoments: Der Motor kann schneller beschleunigen. "Das ist schon ein Erlebnis, mit einem Elektrofahrzeug mal Gas zu geben", schwärmt der Experte.

Autor: Michael Gessat
Redaktion: Nicole Scherschun