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Trotz Obama kaum Bewegung im Nahen Osten

9. November 2009

Leise Hoffnung auf Frieden machte sich im Nahen Osten breit, als Barack Obama Anfang des Jahres sein Amt antrat. Doch zehn Monate später sind sich Israelis und Palästinenser kaum einen Schritt näher gekommen.

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Symbolbild Obama Besuch Nahost, Montage: Florian Görner, Juni 2009
Seine Bemühungen haben bis jetzt nicht gefruchtet: Barack Obama

Illusionen hatten beide Seiten nicht, als Barack Obama zum Präsidenten der USA gewählt wurde. Doch Israelis und Palästinenser hatten gehofft, dass endlich Bewegung in den Friedensprozess kommt - mit Washington als neutralem Vermittler. Doch nach bislang sieben Vermittlungsmissionen von Obamas Sondergesandtem George Mitchell konnte außer der grundsätzlichen Absichtserklärung, dass beide Seiten zum Frieden und zu einer Zwei-Staaten-Lösung bereit sind, kein Fortschritt verzeichnet werden.

Siedlungsbau in Jerusalem(Foto: AP)
In Sachen Siedlungsbau ist keine Lösung in SichtBild: AP

Der für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich entschlossene Versuch, Israel zum vollständigen Einfrieren der Siedlungspolitik zu bewegen, scheiterte. Damit schwand auch die Hoffnung, den arabischen Staaten vertrauensbildende Maßnahmen abzugewinnen. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, der höchstens für die rund zwei Millionen Palästinenser im Westjordanland sprechen kann, machte den Siedlungsstopp zur Bedingung für die Wiederaufnahme von Verhandlungen. Die radikal-islamische Hamas, die den Gazastreifen regiert, lehnt Friedensverhandlungen mit Israel ohnehin ab.

Die psychologische Dimension vergessen

Robert Malley, Direktor des Nahost-Programms der International Crisis Group, vermisst bei Obama einen neuen Ansatz: "Es gibt offensichtlich eine gute Absicht, eine Zielvorstellung und neuen Elan." Aber das reiche nicht. Man befinde sich erneut in einer Sackgasse und nach 16 Jahren vergeblicher Vermittlungsbemühungen müsse man sich die Frage stellen: "Welches Teil des Puzzles haben wir vernachlässigt?"

Malley, der ehemalige Nahostberater Bill Clintons, kritisiert, dass die emotionale, psychologische Dimension des Konfliktes seit 1948 unter den Teppich gekehrt wurde: "In dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern geht es nicht nur darum, wie und wo man die Grenzen zieht, welchen Mechanismus man findet, das Flüchtlingsproblem anzugehen, oder wie man Jerusalem teilt." Tief im Innern fühlten die Israelis, ihr Recht auf einen Staat in dem Gebiet, das sie als Heimat der Juden betrachten, sei niemals wirklich anerkannt worden. "Die Palästinenser hingegen fühlen, dass all diese Verhandlungen letztlich das Ziel verfolgen, ihre Geschichte auszuradieren inklusive der 1948 begründeten Ansprüche."

Obama, Netanjahu, Abbas(Fotos: AP, Collage: DW)
Obama hat keine einfachen Verhandlungspartner: Benjamin Netanjahu und Mahmud AbbasBild: AP/DW

Auf Obamas Agenda steht nicht nur der Nahe Osten

Malley meint, es sei wichtig, diese Kernproblematik mit einzubeziehen. In Washington gibt es keine Anzeichen, dass darüber nachgedacht wird. Ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter erklärte, man habe zwar den Eindruck, der Friedensprozess sei vorübergehend entgleist, doch er sei weiter zuversichtlich. Auch wenn man vielleicht nicht alles erreiche, was man sich vorgestellt habe.

Nachdem der Siedlungsstopp wegen israelischer Unnachgiebigkeit zurückgestellt wurde, versucht der Sondergesandte Mitchell nun eine Einigung über die groben Linien künftiger Friedensverhandlungen zu erzielen. Das Thema bleibe auf der Prioritätenliste Obamas versichert James Pickup, ehemaliger Mitarbeiter und enger Vertrauter Mitchells. Pickup räumt allerdings ein, dass der US-Präsident sich vorrangig um Themen wie die Gesundheitsreform und die Wirtschaftskrise kümmern müsse. Dann gebe es noch Afghanistan, Iran und Irak. "Doch der Friedensprozess wird als wichtig für die nationalen Sicherheitsinteressen angesehen", so Pickup.

Die Fehler der Bush-Regierung aufarbeiten

George Mitchell mit Mahmud Abbas ( Foto: dpa)
Zielstrebig und geduldig auf Vermittlungsmission: George MitchellBild: picture-alliance/ dpa

Doch einige Beobachter in Washington fragen sich inzwischen, wie viel politisches Kapital Obama tatsächlich im Nahen Osten einsetzen will. James Dobbins, Direktor des Zentrums für Internationale Sicherheit des Think Tanks RAND-Corporation, sieht kaum Chancen für einen Durchbruch. Zum einen seien beide Regierungen, die israelische wie die palästinensische, schwach. "Außerdem will die israelische Regierung nicht die Lösung, die von der internationalen Gemeinschaft unterstützt wird. Die Palästinenserführung mag sie wollen, aber ihr dürfte der Rückhalt in der Bevölkerung fehlen."

Dass Mitchell, der als sehr zielorientierter, geduldiger Unterhändler gilt, dennoch unbeirrt weitermacht, erklärt Dobbins mit den ehrlichen Absichten der Obama-Regierung, aber auch mit einem Public-Relations-Kalkül. "Es kostet sie nicht viel." Das offensichtliche Desinteresse der Bush-Regierung in den ersten Jahren sei für das Ansehen der Amerikaner in der Region sehr kostspielig gewesen. "Ich glaube, es ist wichtig zu zeigen, dass fehlende Fortschritte im Friedensprozess nicht auf mangelndem Engagement Washingtons basieren sondern darauf, dass es Umstände gibt, die sich amerikanischer Kontrolle entziehen." Das mag dem Ansehen der US-Regierung zuträglich sein, dürfte aber kaum eine spürbare Zunahme der Spannungen im Nahen Osten verhindern können.

Autorin: Birgit Kaspar
Redaktion: Sarah Mersch