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Verloren an deutschen Unis

Marc Young / (reh)15. Oktober 2004

Schon lange versucht Deutschland, die besten Studenten der Welt an seine Unis zu locken. Doch die meisten Ausländer verlassen die Hochschule ohne Abschluss. Schlimmer noch: Viele scheitern schon bei der Einschreibung.

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Ausländische Studierende werden schlecht vorbereitetBild: AP

Laut einer aktuellen Studie der Higher Education Organization (HIS) schafft nur ein Viertel der ausländischen Studierenden den Abschluss an einer deutschen Universität. Und braucht dafür im Durchschnitt acht Jahre. Unzählige andere fallen bereits bei den Zulassungs-Tests der Unis durch.

Neues System ist bitter nötig

"Wir müssen unbedingt ein anderes System entwickeln, um Studenten auszuwählen", sagt Dr. Jochen Hellmann, Direktor des Internationalen Programms an der Universität Hamburg. "Wir müssen uns weniger auf die Qualifikationen konzentrieren, die jemand vielleicht auf dem Papier hat, und stattdessen feststellen, was sie wirklich können."

So genannte Studienkollegs sollen Ausländer dabei unterstützen, sich für ein Studium zu qualifizieren. Abgesehen von Sprachunterricht helfen sie den Studenten auch, ihre Defizite in bestimmten Bereichen aufzuarbeiten.


Ein Jahr umsonst gelernt

Doch das reicht oft nicht. Traurigerweise gibt es zahllose Beispiele von Wunsch-Studenten, die ein Jahr in Vorbereitungskursen verbringen, nur um dann Deutschland verlassen zu müssen, weil sie die Aufnahmeprüfung der Universität nicht geschafft haben.

"Nach einem halben Jahr oder einem Jahr am Studienkolleg stellen sie fest, dass alles umsonst war. Das ist kein sehr effizienter Weg. Es wirkt planlos und willkürlich", sagt Hellmann.

Vernünftiger auswählen

Studenten im Hörsaal, Universität
Ausländer, die in Deutschland studieren wollen, schaffen es oft nicht bis in den Hörsaal: Unzählige fallen bei Aufnahmetests durchBild: AP

Dementsprechend mehren sich die Forderungen nach einer Reform. Einer der wichtigsten Vorschläge ist, den Studienkollegs mehr Ermessensspielraum bei der Auswahl zu geben.

Statt sich bloß auf Studenten zu konzentrieren, die nicht sofort einen Studienplatz finden, könnte man sich dann Studenten widmen, die ins höhere deutsche Bildungssystem am besten passen. Derzeit legt eine zentrale Behörde die Kriterien fest für Bürger aus Nicht-EU-Staaten, die in Deutschland studieren wollen.

"Wenn wir mehr in die Auswahl eingebunden würden, könnte das helfen, die auszusortieren, die hier vielleicht nicht hingehören",sagt Harald Klingel, Leiter des Studienkollegs der Uni Köln. "Aber es könnte auch unsere Möglichkeiten verbessern, denen zu helfen, die hier hinpassen."

Schon in der Heimat testen

Derzeit wird diskutiert, mehr Studenten schon zu testen, bevor sie ihr Heimatland verlassen. Momentan gibt es eine private Institution im Ausland, die Tests und Beratung anbietet. Zusammen mit der Universität Hannover hat die Deutsche Internationale Schule im indonesischen Jakarta gerade ihre zweite Klasse mit Studienkolleg-Absolventen entlassen.

Schuldirektor Dr. Ekkehard Zeeb sagt, das Programm sei in einer Privat-Initiative von Indonesiern gestartet worden. Etwa zwei Drittel aller Indonesier, die nach Deutschland kommen, verlassen das Land wieder, ohne sich eingeschrieben zu haben - das schätzt die indonesische Botschaft in Berlin.

Integration? Nur in Deutschland

Laut Zeeb haben die Studenten seiner Abschlussklasse etwa 3600 Euro Unterrichtsgebühr bezahlt - das Programm sei oft billiger als ein deutsches Studienkolleg, betont Zeeb im DW-WORLD-Interview.

Klingel, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Studienkolleg-Direktoren ist, sieht Vorteile darin, zukünftige Gaststudenten im Ausland zu testen und zu schulen. Aber er weist darauf hin, dass der Ansatz auch Nachteile habe. "Abgesehen davon, dass man Studenten sprachlich und akademisch vorbereitet, sollen ihnen die Studienkollegs ja auch helfen, in die deutsche Gesellschaft integriert zu werden", sagt er. "Und das kann ganz klar nur dort geleistet werden."