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Afrikanische Erwartungen an den EU-Afrika-Gipfel

António Cascais11. November 2015

Auf Malta haben Mitglieder der EU und Vertreter afrikanischer Staaten über Wege aus der Flüchtlingskrise diskutiert. Viele Afrikaner erhoffen sich vor allem europäische Unterstützung im Kampf gegen Armut.

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Italien Afrikanische Flüchtlinge werden gerettet (Foto: picture alliance/ROPI)
Afrikanische Flüchtlinge auf dem MittelmeerBild: picture alliance/ROPI

"Afrikas Politiker erwarten von den Europäern vor allem Hilfe", sagt Dahiru Suleiman, nigerianischer Diplomat und ehemaliger Botschafter in Wien und Warschau vor Beginn des EU-Afrika-Gipfels. "Nur wenn wir es schaffen, die wirtschaftlichen Probleme in Afrika zu lösen, können wir die Abwanderung aus Afrika stoppen."

Wie Suleiman denken viele in Afrika. Auch Muhammed Kabir Ibrahim, Leiter des Büros von Amnesty International in Nigeria, hält es für dringend notwendig, dass die Europäer Afrika wirtschaftlich unterstützen. Nur so könne man junge Afrikaner von der Flucht abhalten, sagt er im DW-Interview. In den meisten afrikanischen Ländern sei die wirtschaftliche Lage verheerend. Die meisten Jungendlichen sähen keine Zukunft in ihrer Heimat. "Was soll ein junger Mensch machen, wenn er weder Arbeit noch Ausbildung hat? Genau da sollte die Hilfe Europas ansetzen", so Ibrahim.

Hohe Erwartungen, aber auch Vorwürfe an Europa

Das sieht Tewolde Mulugeta genauso. "Äthiopien hat hohe Erwartungen an die Konferenz", sagt der Sprecher des äthiopischen Außenministeriums im Gespräch mit der DW. Er erinnert an europäischen Versprechen der Vergangenheit: "Bereits auf früheren Gipfeln haben die Europäer versprochen, einen Fonds aufzulegen, mit dem gemeinsame Projekte unterstützt werden sollen, die junge Leute in ihren Heimatländern halten." Es sei wichtig, gerade diesen Punkt zu vertiefen, betont der äthiopische Diplomat.

Auch Foum Kimara, politischer Analyst aus Tansania, gibt sich enttäuscht von der bisherigen europäisch-afrikanischen Zusammenarbeit. Es sei viel angekündigt, aber nur wenig eingehalten worden, sagt Kimara der DW. Seine Erwartung an den EU-Afrika-Gipfel: Die Europäer sollten die Ursachen bekämpfen, anstatt nur auf die Symptome zu reagieren. Denn Europa sei an den Ursachen nicht unschuldig: "Einige europäische Länder haben afrikanische Staaten ins Chaos und in den Krieg gestürzt. Und jetzt wundert man sich, dass die Menschen weglaufen und Asyl in Europa beantragen. Die Lösung kann nur sein, den Frieden in den betroffenen Ländern wieder herzustellen."

Kritik an afrikanischer Regierungsführung

Doch nicht nur Europa, auch die afrikanischen Staaten selbst sind in der Pflicht zu handeln. Muhammed Kabir Ibrahim von Amnesty International in Nigeria sagt: "Die Korruption ist das größte Problem in Afrika. Denn dort, wo die Korruption grassiert, gibt es keine Jobs; dort wo es Korruption gibt, funktionieren weder die Schulen noch das Gesundheitssystem." Der Kampf gegen Korruption sei daher der erste Schritt, um junge, leistungswillige und motivierte Afrikaner in Afrika zu halten.

Afrika Kenia Korruption (Foto: dpa)
Das Schild weist ein Regierungsgebäude in Kenias Hauptstadt Nairobi als "korruptionsfreie Zone" ausBild: picture-alliance/dpa

Dazu komme die schlechte Qualität der Regierungsführung in vielen afrikanischen Staaten, sagt Eric Chinje, Chef der African Media Initiative mit Sitz in Nairobi. Es sei notwendig, Despoten und Diktatoren in Afrika zur Verantwortung zu ziehen. "Viele Afrikaner fühlen sich einfach machtlos. Sie sagen: Wir können ja sowieso nichts ausrichten."

Der nigerianische Diplomat Dahiru Suleiman wünscht sich außerdem eine bessere Aufklärung über die reellen Lebensbedingungen in Europa. Auch das könne junge Menschen von der Flucht abhalten, sagt er: "Viele Afrikaner haben völlig falsche, idealisierte Vorstellungen vom Leben in Europa. Ihnen wird eingetrichtert, dort sei alles leicht, man könne das Geld wie Mangos von den Bäumen pflücken. Und dann kommt es meist ganz anders, vor allem, wenn die Migranten eine schlechte oder gar keine Ausbildung haben."

Mitarbeit: Pinado Abdu, Aryam Abrahe, Sandrine Blanchard