1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wenn Kredite klemmen

29. Juli 2009

Im Moment ist sie mehr gefühlt als real - die Kreditklemme. Aber sie wird im Laufe des Jahres kommen und sich 2010 verschärfen, so die Einschätzung der Wirtschaft. Was tun, wenn Unternehmen keine Kredite mehr erhalten?

https://p.dw.com/p/IzQV
Eine Hand entnimmt dem Geldschlitz eines Bankautomaten Banknoten (Foto: dpa)
Noch gibt es in Deutschland keine generelle KreditklemmeBild: dpa

Unternehmen und Privathaushalte bekommen von den Banken in Deutschland immer schwerer Kredit. Bis September sei eine weitere Verschärfung der Anforderungen zu erwarten, teilte die Bundesbank nach einer Umfrage unter Kreditinstituten am Mittwoch (29.07.2009) mit.

Einige Politiker träumen bereits davon, man solle Banken zur Kreditvergabe zwingen. Wie aber sehen die deutschen Banken die Diskussion? Eine generelle Kreditklemme gibt es nicht, sagen sie. Eine Analyse, der sich auch die Unternehmen anschließen, denn noch verweigern sich die Banken nicht komplett, noch haben sie ihr Angebot nicht reduziert. Nur dann aber würden Ökonomen von einer Kreditklemme sprechen.

Trotzdem gibt es vereinzelt schon Schwierigkeiten: "Es gibt Segmente, in denen sich die Finanzierungsbedingungen sehr stark verschärft haben, insbesondere in der Projektfinanzierung. Das heißt, große Finanzvolumina für einzelne Vorhaben sind sehr stark zurückgegangen", erklärt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Einzelne Marktsegmente sind also angespannt.

Noch klemmt es nicht

Gebündelte Euro Scheine (Foto: dpa)
Wer gibt uns Money, Money, Money?Bild: dpa/PA

Ein Blick auf die Zahlen der Europäischen Zentralbank zeigt, dass die Kreditvergabe im Euro-Raum in den letzten sechs Monaten zwar leicht nachgegeben hat, in Deutschland aber um 2,5 Prozent gestiegen ist.

Einen großen Anteil an der Versorgung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region haben die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken. Sie befürchten keine Kreditklemme. "An ihnen wird die konjunkturelle Erholung jedenfalls nicht scheitern", sagt der Präsident des genossenschaftlichen Finanzverbunds BVR, Uwe Fröhlich. "Die Buchkredite der Volksbanken und Raiffeisenbanken haben ihren steigenden Trend auch in der aktuellen Rezession fortgesetzt. Sie haben im Mai mit 2,7 Prozent sogar das höchste Wachstum im Vergleich zum Vorjahresmonat seit Februar 2001 erreicht."

Weniger Nachfrage, mehr Vorsicht

Dollarscheine in einer Mausefalle (Foto: BilderBox)
Bild: BilderBox

Dennoch: der Trend ist eher abwärts gerichtet, sagt Hans-Joachim Massenberg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken. "Aber die meisten Experten gehen zurzeit davon aus, dass die sich abschwächende Dynamik der Kreditvergabe der Banken vor allem daran liegt, dass weniger Kredite nachgefragt werden."

Allerdings sei sicher auch richtig, dass Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger geworden seien - dies sei jedoch in jedem konjunkturellen Abschwung notwendig und folgerichtig, so Massenberg. Folgerichtig deshalb, weil die Banken jeden Kredit mit Eigenkapital unterlegen müssen. Je höher das Risiko ist, dass der ausgeliehene Kredit nicht zurückgezahlt werden kann, desto mehr Eigenkapital müssen sie vorhalten. Und je mehr Kapital gebunden ist, desto weniger Kredite können sie vergeben.

"Die Banken schauen sich die Bonität der Kunden im Moment natürlich genauer an - die Kreditvergabestandards wurden angezogen. Aber das ist eben eine ganz normale zyklische Reaktion, die wir auch aus früheren Konjunkturzyklen kennen", sagt Massenberg. Für Unternehmen mit geringer Bonität wird es demnach schwieriger, Kredite zu erhalten - das gilt wohl vor allem für das verarbeitende Gewerbe. Die Konditionen sind zwar strenger geworden, doch die Zinsen seien gesunken - im kurzfristigen Bereich fast so stark wie die Leitzinsen, im langfristigen im Einklang mit den Zinsen der entsprechenden mittel- und langfristigen Anleihen.

Mit Argusaugen

Ein Mann benutzt ein Fernglas, um die Börsentafel an der Börse in Schanghai zu beobachten (Foto: AP)
Unternehmen beobachten genau, wie es mit der Kreditversorgung aussiehtBild: AP

Die Unternehmen beobachten das Verhalten der Banken genau. "Das mag damit zusammenhängen, dass gerade kleinere Unternehmen sehr stark durch Banken refinanziert werden. Die Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 20 und 50 Millionen Euro vertrauen in der Refinanzierung ihrer Bilanzsumme am stärksten auf Banken", sagt Ulrich Schürenkrämer, Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden Deutschland bei der Deutschen Bank.

Die Lage dürfte sich noch zuspitzen, wenn spätestens vom nächsten Jahr an die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt und die Risiken für die Banken entsprechend wachsen. Deshalb könnten dann gegebenenfalls der staatseigenen Förderbank KfW neue Aufgaben übertragen werden, um die schlimmsten Auswirkungen zu mildern. Schon jetzt sind ihre Möglichkeiten erweitert worden: "Wir haben in dem neuen Konjunkturprogramm eine gewisse Öffnungsklausel enthalten in der Hinsicht, dass wir uns an Konsortialfinanzierungen - also an Finanzierungen, die mehrere Banken bereitstellen - als eine dieser Banken direkt beteiligen können", erklärt KfW-Chef Ulrich Schröder.

Es sei durchaus denkbar, dass sich dieses Geschäftsfeld in den nächsten Monaten ausweitet. Neue Aufgaben wird die KfW Schröder zufolge aber nur in Maßen bewältigen können: "Wenn die Aufgaben und damit auch die Refinanzierungsbedürfnisse stark steigen sollten, wird es möglicherweise irgendwo Grenzen geben."

Autorin: Brigitte Scholtes

Redaktion: Julia Elvers-Guyot