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Zankapfel Industriepolitik

Gerda Meuer15. März 2002

Vor dem EU-Gipfeltreffen in Barcelona (15.-16.3.) hat Bundeskanzler Schröder bei einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Prodi versucht, die jüngsten Unstimmigkeiten zwischen Berlin und der EU beizulegen.

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Klärungsbedarf mit Romano ProdiBild: AP

Diese Unstimmigkeiten hatte Schröder unlängst so auf den Punkt gebracht: "Eine Kuh, die man melken will, muss man auch mal streicheln".

Als Melkkuh sieht er in diesem Fall wohlgemerkt Deutschland. Denn dem Kanzler reichte es. Ob die umstrittene Übernahmerichtlinie für Unternehmen, die Kürzung der Beihilfen für Ostdeutschland oder die Freigabe des Autohandels - Deutschland fühlt sich seit langem ungerecht behandelt von der EU-Kommission in Brüssel. Aber dass ein Abendessen mit Kommissionspräsident Prodi ausreicht, um die Atmosphäre zwischen Berlin und Brüssel wieder zu bereinigen, ist unwahrscheinlich.

Liberalisierung der Märkte

Doch Kanzler Schröder wird während dieses ersten Gipfels der spanischen Präsidentschaft noch öfter Gelegenheit haben, sich über Ungerechtigkeiten in der europäischen Wettbewerbspolitik zu beklagen. Zum Beispiel beim Thema Liberalisierung der Gas- und Energiemärkte. Bis 2005, so fordert die EU-Kommission, soll jeder Haushalt in Europa seinen Energielieferanten frei wählen können. Bislang ist der Markt nur in fünf Ländern, darunter Deutschland, dereguliert. Gegen die komplette Öffnung sperrt sich nach wie vor vehement Frankreich. Und auch dieser Gipfel wird wohl keinen Durchbruch bringen. Paris will sich vor den Präsidentschaftswahlen nicht mehr festlegen, zumindest nicht, was die Privatkunden betrifft, also die Normalverbraucher von Gas und Strom. Und wenn wir schon beim Thema Wahlen sind, da hätten noch andere Grund zu blockieren: außer in Frankreich wird in diesem Jahr noch in fünf weiteren EU-Staaten gewählt.

"Mehr Europa"

Aber die spanische EU-Präsidentschaft hat diesen Gipfel trotzdem beherzt unter das Motto "Mehr Europa" gestellt. Und die Zielsetzung ist ehrgeizig: Vor zwei Jahren hatten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Lissabon beschlossen, die Union bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt zu machen.
20 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze sollen geschaffen, die Steuer- und Sozialsysteme reformiert und Wachstumsmärkte liberalisiert werden. In Barcelona wird jetzt eine erste Bilanz gezogen werden. Und da deutet sich bei allen Fortschritten bereits an, dass vor allem die starren Arbeitsmärkte Probleme
bereiten.

Lediglich vier Länder haben es bislang geschafft, die Beschäftigungsziele von Lissabon zu erfüllen. Auch hier steht vor allem Deutschland in der Kritik: mehrfach wurde aus Brüssel eine stärkere Flexibilität auf dem deutschen Arbeitsmarkt angemahnt, um Jobs zu schaffen.

Doch neben den Zielen von Lissabon hat sich dieser Gipfel auch noch andere Aufgaben auf die Agenda gesetzt. So werden in die Beratungen am Freitagvormittag (25.3.) auch erstmals die Beitrittskandidaten direkt eingebunden. Mittags wollen die Staats- und Regierungschefs mit dem spanischen Könoigspaar speisen und am Abend steht dann noch das Thema Naher Osten an. Ob allerdings tatsächlich mit einer neuen Initiative der EU für die Region gerechnet werden kann, ist zur Zeit noch unklar.