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"Ich wollte durchs große Tor"

30. August 2019

Der scheidende Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, erklärt seine Beweggründe für seinen Rückzug von den Spitzenposten des Vereins. Dabei zeichnet er ein Bild der großen Harmonie. Fast wie bei den Waltons.

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Fußball Bayern München PK Uli Hoeneß Karl Heinz Rummenigge
Bild: picture-alliance/SvenSimon/F. Hoermann

Als Uli Hoeneß vor der Presse seine Motive für den im November bevorstehenden Rückzug als Präsident und Aufsichtsratschef erläutert, wirkt er ein wenig wie ein Darsteller aus der TV-Familienserie "Die Waltons" in den 1970er- und 1980er-Jahren. Seine Botschaft: Wir haben uns alle lieb. Meinungsverschiedenheiten mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge? "Unsere Zusammenarbeit war immer gut, geprägt von einer gesunden Streit- und Diskussionskultur, die nötig ist, um einen Verein voranzubringen", sagt Hoeneß. Die Pfiffe gegen ihn bei der letzten Jahreshauptversammlung? Nur "ein kleiner Anstoß", über den Abschied nachzudenken.

Sein designierter Nachfolger, der frühere Adidas-Chef Herbert Hainer? Genau der Richtige dafür, "mein Freund", "ein Mann des Sports": "Einer der Adidas führen kann, kann auch den FC Bayern führen." Trainer Nico Kovac? "Ich halte ihn für einen hervorragenden Trainer." Sportdirektor Hasan Salihamdzic? "Er hat einen wesentlichen Beitrag zu einer, wie ich finde, sehr guten Transferpolitik geleistet." Ex-Nationaltorwart Oliver Kahn, der - wie der Klub an diesem Freitag offiziell bekanntgab - in den Vorstand des FCB berufen und zum Nachfolger Rummenigges aufgebaut werden soll? "Ich hatte ihn immer wieder mal in meinem Büro. Irgendwann hat es dann bei mir Klick gemacht: Wir brauchen in der Führungsposition einen Fußballer."

Durchs große Tor

Bei so viel zur Schau gestellter Harmonie stellt sich schon die Frage, warum sich einer wie Uli Hoeneß zurückzieht, der sich selbst (und Rummenigge) bei der Pressekonferenz als Alphatier bezeichnet. "Ich wollte nicht wie viele Politiker eines Tages abgeschlachtet werden", sagt der 67-Jährige. "Ich wollte durchs große Tor gehen." Hinein in die Tür seines Hauses am Tegernsee, die, so macht der scheidende Präsident klar, für alle Bayern-Verantwortlichen offen bleibe: "Ich kann dem FC Bayern weiter Rat geben."

Eine wichtige Rolle bei seiner Entscheidung habe seine Frau gespielt, "die gerne mehr Zeit mit mir verbringen möchte", so Hoeneß. "Das war in meinem Hinterkopf." Der Zeitpunkt für den Rückzug sei aus seiner Sicht genau der richtige: "Ich wollte den FC Bayern in einem Super-Zustand weitergeben, das ist gelungen."

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Zum Abschied ein Bilderrahmen von Rummenigge - wo der wohl hängen wird im Hause Hoeneß?Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Am Mittwoch hatte der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der im Aufsichtsrat des Vereins sitzt, ausgeplaudert, dass die "Zwistigkeiten" mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ihren Teil zu Hoeneß' Entschluss abzutreten beigetragen hätten. Damit habe Stoiber wohl eine einmalige Auseinandersetzung im Aufsichtsrat über den Trainer gemeint, sagt Hoeneß. "Aber Sie glauben doch wohl nicht, dass ich wegen einem Streit solch ein Amt aufgebe."  

Um es mit Winston Churchill zu sagen ...

Und als würde so viel zur Schau getragene Harmonie noch nicht reichen, taucht gegen Ende der Veranstaltung auch noch Karl-Heinz Rummenigge mit einem Geschenk auf: einem großen Bilder-Rahmen mit Fotos aus alten Zeiten sowie einem alten Bayern-Trikot mit der Rückennummer 11, die Hoeneß getragen hatte.

Artig bedankt sich der Vorstandschef für 45 Jahre Zusammenarbeit und bemüht sogar einen legendären britischen Premier: "Wir haben manchmal eine unterschiedliche Meinung gehabt. Aber wir haben es mit Winston Churchill gehalten: 'Wenn zwei Menschen immer dieselbe Meinung haben, ist einer überflüssig.' Wir wollten nie überflüssig sein." Hoeneß wirkt gerührt: "Das war jetzt wirklich nicht geplant."

Mehr Waltons geht kaum. "Gute Nacht, John-Boy! Gute Mary-Ellen! Gute Nacht, Karl-Heinz! Gute Nacht Uli!"

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter