1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Adieu les Bleus

Oliver Samson11. Juni 2002

Weltmeister Frankreich ist sensationell schon nach der Vorrunde der WM ausgeschieden. Im letzten Spiel scheiterten "Les Bleus" an Dänemark - und vielleicht auch an ihrer Arroganz.

https://p.dw.com/p/2PGO
Der geplatzte Traum von der TitelverteidigungBild: AP

Drei Spiele, ein Punkt, null Tore: Blamabler als Frankreich hat sich in der WM-Geschichte noch kein amtierender Weltmeister verabschiedet. Das Ausscheiden der Franzosen am heutigen Montag (11.06.2002) ist eine Sensation bei dieser WM, hatte Frankreich doch in den letzten Jahren Maßstäbe im Weltfußball gesetzt und alles gewonnen, was es zu gewinnen gab: Nach dem WM-Sieg 1998 gewannen sie zwei später die Europameisterschaft und im vergangenen Jahr den Confederations-Cup. Un mit Zinedine Zidane haben die Franzosen den unumstritten besten Spieler der Welt in ihren Reihen. Von Frankreich lernen heisst siegen lernen, lautete die Überzeugung von Trainern und Sportwissenschaftlern, die in den letzten Jahren ins Land der Weltmeister pilgerten, um das Erfolgsmodell zu studieren.

Und auch für die diesjährige WM galten "Les Bleus" weithin als Topfavorit. Das glaubten die Spieler auch selbst von sich: "Als Favorit" reise Frankreich nach Süd-Korea, wie Kapitän Marcel Desailly zu Protokoll gab, denn: "Jeder einzelne von uns hat die nötige Klasse, und wir haben als Team die nötige Klasse."

"Zu alt, zu langsam"

Stimmen, die genau dies bezweifelten, wurden von dem zur Selbstherrlichkeit neigenden Trainer Roger Lemerre grundsätzlich rigoros abgekanzelt. Wie etwa die der nationalen Fußball-Ikone Eric Canton. "Verdammt nochmal zu alt und zu langsam" sei die Defensive der Equipe Tricolore, motzte der Alt-Internationale im Vorfeld der WM. Er wurde nicht ernstgenommen - und scheint doch recht gehabt zu haben.

Keine Hilfe vom Fußball-Gott

Doch nicht nur die Abwehr schwächelte heute im Spiel gegen Dänemark, auch im Angriff lief es alles andere als rund: Keinen einzigen Treffer konnte das Team erzielen, in dessen Reihen immerhin die Torschützenkönige der italienischen, englischen und französischen Liga standen. In den ersten beiden Spielen gegen Senegal (0:1) und Uruquay (0:0) wurde die Sturmflaute vor allem auf das Fehlen von Mittelfeldstar Zinedin Zidane geschoben. Gegen Dänemark war der nach zumindest halbwegs ausgeheilter Oberschenkel-Verletzung wieder dabei, entscheidend helfen konnte der zum "Zidane Dieu" (so "The Guardian") erhobene aber nicht.

Ende einer Ära

"Unglaublich, dass so etwas passieren konnte", äusserte Stürmer David Trézéguet schon nach der Auftaktniederlage gegen Senegal. Nach dem noch unglaublicheren Ausscheiden fanden die meisten französischen Spielern keine Worte. Klar ist jedoch, dass mit diesem Ausscheiden eine Ära zu Ende geht: Spieler wie Barthez, Desailly, Leboeuf, Thuram und Bixente Lizarazu werden zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen, Trainer Lemerre dürfte ungeachtet seines unlängst bis 2004 verlängerten Vertrags als Nationaltrainer nicht mehr zu halten sein. "Wir werden jetzt mit jungen Spielern zusammenarbeiten", meinte er unmittelbar nach dem Spiel gegen Dänemark. Eine Erkenntnis, die zu spät kommt - eine andere Wahl hat die gedemütigte Grande Nation des Fußballs nun ohnehin nicht mehr.