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Politik

Afghanistan lässt Taliban-Kämpfer frei

11. März 2020

Nach dem Abkommen der USA mit den Taliban soll nun ein Dialog zwischen den Islamisten und der Regierung in Kabul beginnen. Als Zeichen des guten Willens stimmte Präsident Ghani einem Gefangenenaustausch zu.

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Afghanistan  Taliban Gefängnis
Gefangene in einem Taliban-Gefängnis in Kabul im Dezember 2019Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Nach einer Reihe von Verzögerungen hat der afghanische Präsident Aschraf Ghani ein Dekret erlassen, in dem er die Freilassung von 1500 Taliban-Gefangenen versprach. Die Freilassung der Talibankämpfer ist auch Teil des vor Kurzem geschlossenen Abkommens zwischen den USA und der Terrorgruppe. Darin wird die Freilassung von insgesamt 5000 Gefangenen gefordert. 

Alle zwei Wochen 500 Gefangene

In dem Erlass heißt es weiter, dass die erste Runde von 1500 Gefangenen auf Grundlage ihres Alters, ihres Gesundheitszustands und der Länge ihrer bereits verbüßten Strafen ausgewählt wird. Laut der über Twitter veröffentlichten Anordnung sollen ab Samstag jeden Tag 100 Kämpfer das Militärgefängnis bei Bagram verlassen dürfen. Die freigelassenen Gefangenen, die biometrisch identifiziert werden, müssen auch eine schriftliche Garantie geben, dass sie sich nicht erneut an Kämpfen beteiligen.

Afghanistan  Taliban Gefängnis
Hoffnung auf US-Abkommen: Gefangene in einem Taliban-Gefängnis in Kabul im Dezember 2019Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Die restlichen 3500 Gefangenen sollen nach Beginn der innerafghanischen Verhandlungen freigelassen werden. Demnach sollen alle zwei Wochen 500 Gefangene entlassen werden, sofern die Taliban die Gewalt beenden.

Ein Sprecher der Taliban erklärte, die Anordnung der afghanischen Regierung verstoße gegen die Vereinbarungen mit den USA: "Es ist im Friedensabkommen eindeutig erklärt, dass zuerst 5000 Gefangene freigelassen und dann der innerafghanische Dialog eingeleitet werden soll", sagte Suhail Shaheen gegenüber der Agentur Reuters. "Wir haben nie einer Freilassung der Gefangenen mit Bedingungen zugestimmt. Wenn jemand dies behauptet, so ist das gegen das Friedensabkommen, das wir am 29. Februar unterzeichnet haben."

Ghani feuert Abdullah als Regierungschef

Doch selbst wenn die Taliban der Aufnahme von Verhandlungen zustimmen sollten: Durch die politischen Auseinandersetzungen in Kabul in den vergangenen Wochen ist die Bildung eines einheitlichen Verhandlungsteams aufseiten der Regierung Kabul schwierig geworden. Der amtierende afghanische Präsident Ghani ist vor zwei Tagen für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Ghani war Mitte Februar, fünf Monate nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl im September, zum Sieger erklärt worden. Trotz internationaler Vermittlungsversuche erkante sein unterlegener Rivale, Regierungschef Abdullah Abdullah, das Wahlergebnis nicht an und hielt am Montag seine eigene Amtseinführungszeremonie ab.

Bildkombo Abdullah Abdullah und Aschraf Ghani
Zwei Präsidenten in Afghanistan: Abdullah Abdullah und Aschraf Ghani

Inzwischen versucht Ghani den Befreiungsschlag: Er setzte Abdullah als Regierungsgeschäftsführer ab. Das Büro des Regierungsgeschäftsführers existiere nicht mehr in der Struktur der afghanischen Regierung, erklärte ein Sprecher Ghanis. Abdullah äußerte sich bislang nicht. Bereits nach der Präsidentenwahl 2014 hatten Ghani und Abdullah über den Sieg im Streit gelegen. Als Kompromiss wurde damals nach Monaten eine Einheitsregierung mit Vermittlungen der USA gebildet.

USA ziehen Truppen ab

Die Gewalt der Taliban sei immer noch zu hoch, schrieb der US-Sondergesandte für Aussöhnung in Afghanistan, Zalmay Khalilzad, auf Twitter. "Wir erwarten, dass die Taliban an ihren Verpflichtungen zur Verringerung der Gewalt festhalten, damit die Freilassung der Gefangenen reibungslos durchgeführt werden kann und der Friedensprozess erfolgreich verläuft." Die Taliban hätten zwar die Angriffe gegen die von den USA geführten Koalitionstruppen eingestellt, die Gewalt auf dem Land sei aber nach wie vor zu hoch.

In einer Erklärung des Außenministerium hieß es auch, dass die "Krise der Präsidentschaftswahlen in Afghanistan" - ein offensichtlicher Hinweis auf die beiden Amtseinführungen und das politische Chaos - die Bildung eines nationalen Verhandlungsteams und den Beginn der innerafghanischen Gespräche, die am Dienstag in Oslo beginnen sollten, verzögert habe.

US-Soldaten im Einsatz am Hindukusch (Foto: picture-alliance/AP Photo/Operation Resolute Support Headquarters/Sgt. Justin T. Updegraff)
US-Soldaten im Einsatz am HindukuschBild: picture-alliance/AP Photo/Operation Resolute Support Headquarters/Sgt. Justin T. Updegraff

Trotz des politischen Chaos in Kabul und der zunehmenden Gewalt haben die Vereinigten Staaten begonnen, ihre Truppen gemäß dem mit den Taliban unterzeichneten Abkommen zurückzuziehen. In der ersten Phase wird Washington sein Truppenkontingent von derzeit 13.000 auf 8600 Mann reduzieren. Wenn die Taliban ihre Zusagen einhalten, Terroristen in Afghanistan keinen sicheren Hafen zu bieten, wird Washington den Rest seiner Truppen gemäß der Vereinbarung innerhalb von 14 Monaten abziehen.

Unterstützung aus dem UN-Sicherheitsrat

Bei der Unterzeichnung wurde das Abkommen zwischen den USA und den Taliban als die beste Chance für Afghanistan angepriesen, nach 40 Jahren unerbittlichen Krieges Frieden zu finden. Den USA wird damit nach fast 19 Jahren und ihrem bisher längsten Krieg ein Ausstieg angeboten.

Auch der UN-Sicherheitsrat hat das Abkommen der USA mit den Taliban unterstützt. Die 15 Mitglieder des Rates stimmten in New York einstimmig für eine von den USA vorgelegte Resolution, die die "bedeutenden Schritte hin zu einem Ende des Krieges und innerafghanischen Verhandlungen" begrüßt. Außerdem wird die afghanische Regierung in dem Papier aufgefordert, den Friedensprozess aktiv voranzutreiben.

pgr/fab (ap, rtr, dpa)