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Bangladesch verschärft Asylpolitik

Sanjiv Burman7. August 2012

Bangladesch schließt die Grenze zu Myanmar und verschärft seine Flüchtlingspolitik angesichts der ethnischen Gewalt im Nachbarland. Humanitäre Organisationen sollen ihre Arbeit einstellen.

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Illegale Flüchtlingssiedlung in Bangladesch an der Grenze zu Myanmar (Foto: DW)
Bild: Shaikh Azizur Rahman

Die muslimische Volksgruppe der Rohingya in Myanmar, dem früheren Birma, ist laut UN eine der am schlimmsten unterdrückten Minderheiten weltweit. Geschätzt 800.000 von ihnen leben im Westen Myanmars an der Grenze zu Bangladesch. In das sprachlich und religiös verwandte Nachbarland sind in den 70er und 90er Jahren Hunderttausende Rohingyas geflohen, vor Zwangsarbeit und weitgehender Rechtlosigkeit im buddhistisch geprägten Myanmar.

Trotz der politischen Öffnung Myanmars hat sich an der Lage der muslimischen Minderheit noch nichts geändert. Die Vergewaltigung und Ermordung einer Birmanin war der Auslöser einer Gewaltorgie gegen Angehörige der Rohingya-Volksgruppe, denen seit Anfang Juni nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen bis zu 100 Menschen zum Opfer fielen, bis zu 100.000 sollen vor der Gewalt, an der auch Sicherheitskräfte beteiligt gewesen sein sollen, aus ihren Wohnorten geflohen sein.

Birmanischer Polizist (Foto: Reuters)
Sicherheitskräfte sollen an der Gewalt gegen die Minderheit beteiligt gewesen sein.Bild: Reuters

Beziehungen zu Myanmar

Angesichts dieses neuerlichen Flüchtlingsansturms sah sich Bangladesch nun gezwungen, die Grenze zu schließen. Nach Regierungsangaben halten sich seit Jahrzehnten rund 300.000 Rohingyas im Land auf, davon 30.000 als anerkannte Flüchtlinge. Hinter der jüngsten Entscheidung Dhakas stecken offenbar nicht nur die begrenzten humanitären Ressourcen Bangladeschs. Aktivisten der oppositionellen Jamiaat-i Islami-Partei Bangladeschs sollen die Unruhen im Rakhine-Staat angeheizt haben, und zwar mit bewaffneter Unterstützung für die Rohingyas. Diese Informationen seien der Botschaft Bangladeschs in Yangon übermittelt worden. Die Regierung in Dhaka messe dieser Angelegenheit die "höchste Bedeutung bei", erklärte Außenministerin Dipu Moni, als sie im Parlament die harte Linie der Regierung in der Asylpolitik begründete.

Außenministerin Dipu Moni, hier mit ihrem deutschen Amtskollegen Westerwelle bei dessen Besuch in Dhaka im Juni 2012. (Foto: DW)
Außenministerin Dipu Moni, hier mit ihrem deutschen Amtskollegen Westerwelle bei dessen Besuch in Dhaka im Juni 2012.Bild: Harun Ur Rashid Swapan

Außenministerin Moni stellte klar, dass Bangladesch keine humanitäre Katastrophe heraufbeschwören wolle. Die aufgegriffenen illegalen Einwanderer würden per Boot, "versorgt mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und Treibstoff", wieder zurückgeschickt. Bangladesch sehe sich nicht verpflichtet, den Rohingyas Asyl anzubieten, da es keine vertraglichen Verpflichtungen gebe. Die internationale Gemeinschaft solle das Problem direkt mit Myanmar regeln, so die Außenministerin.

NGOs sollen sich zurückziehen

Auch mehrere humanitäre Organisationen, die sich in Bangladesch, insbesondere im Grenzbezirk Cox's Bazaar, um die Versorgung der Rohingya-Flüchtlinge kümmern, haben die neue Linie der Regierung in Dhaka zu spüren bekommen. Die NGOs Ärzte ohne Grenzen (MSF), Action Against Hunger und Britain Muslim Aid UK wurden aufgefordert, sich bis zum 15. August aus ihren Projekten in der Gegend zurückziehen. Liakat Hussain von Britain Muslim Aid UK sagte gegenüber der Deutschen Welle: "Die Behörde macht uns ziemlich klar: Wer die Verantwortung für die weitere Versorgung der Flüchtlinge übernimmt, geht euch nichts mehr an. Ihr sollt einfach eure Aktivitäten einstellen und uns Bescheid geben. Eure Arbeit ermutigt die illegale Einreisewelle der Rohingyas."

Boote im Hafen von Cox's Bazaar in Bangladesch (Foto: DW)
Mit solchen Booten, hier in Cox's Bazaar in Bangladesch, transportieren Menschenschmuggler Flüchtlinge aus Myanmar.Bild: DW/Shaikh Azizur Rahman

Ein Sprecher von MSF zeigte sich gegenüber der Agentur AFP "schockiert" vom Schritt der Regierung Dhaka. Seit 1992 betreibt die französische Organisation eine Klinik in Cox's Bazaar, wo jeden Monat rund 5000 Menschen versorgt werden, sowohl Rohingyas wie auch Alteingesessene. Lebenswichtige ärztliche Versorgung für Zehntausende Menschen sei in Gefahr. Die Organisation hoffe, dass die Regierung ihre Entscheidung noch einmal überdenke, so der Sprecher.

Gafur Mia Chowdhury beobachtet als einheimischer Journalist die Lage in Cox's Bazaar: "Der Vorwurf gegen die NGOs lautet, sie würden unterschiedslos Hilfe für registrierte wie unregistrierte Rohingya-Flüchtlinge leisten und diese ermutigen, nach Bangladesch einzureisen und sich hier niederzulassen."

Was sagt Suu Kyi?

Unterdessen ist in Myanmar die Anführerin der Demokratiebewegung, die Friedensnobelpreisträgerin und jetzige Parlamentsabgeordnete Aung San Suu Kyi zur Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für Rechtsstaatlichkeit und inneren Frieden ernannt worden. Das Gremium soll sich vor allem mit den ethnischen Konflikten des Landes befassen. Bislang hat sich Suu Kyi zur Gewalt im Rohingya-Gebiet und der internationalen Kritik an der Rolle der Sicherheitskräfte nicht geäußert.

Aung San Suu Kyi bei einer Parlamentssitzung (Foto: Reuters)
Wie wird Aung San Suu Kyi auf die Leiden der Rohingya-Bevölkerung reagieren?Bild: Reuters