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EU-Treffen

29. März 2008

Trotz des Kosovo-Streits hat Serbien beim EU-Außenminister-Treffen angekündigt, bald der Union beitreten zu wollen. In einer Tibet-Resolution fanden die Außenminister zu einer gemeinsamen Haltung.

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Serbiens Außenminister Vuc Jeremic
Unerwartet freundlich: Serbiens Außenminister Vuc Jeremic in BrdoBild: AP

Ungeachtet des Streits um das Kosovo strebt Serbien in den kommenden Jahren einen Beitritt zur Europäischen Union an. Das machte der serbische Außenminister Vuc Jeremic am Samstag (29.3.08) nach einem Treffen mit den EU-Außenministern im slowenischen Brdo deutlich. Jeremics Aussage wurde nur rund sechs Wochen vor den serbischen Wahlen am 11. Mai als Versuch gewertet, das Eis zu brechen. Auch die EU zeigte sich offen für eine Annäherung. De facto bestehen aber weiter große Hürden für einen Beitritt Serbiens zur EU. "Serbien wird Mitglied der Europäischen Union sein - vielleicht schon in vier, fünf oder sechs Jahren", sagte Jeremic in Brdo.

Der Minister stellte zudem eine baldige Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic in Aussicht. Er sei zuversichtlich, dass der frühere General der bosnischen Serben "in sehr naher Zukunft" an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt werden könne. Mit einer Auslieferung Mladics, der für das Massaker in der bosnischen Stadt Srebrenica 1995 verantwortlich gemacht wird, würde Serbien eine zentrale Bedingung für einen späteren EU-Beitritt erfüllen.

Serbien hält Botschafter weiter zurück

die EU-Außenminister am Samstag in Brdo, AP
Abstimmungsprobleme: die EU-Außenminister am Samstag in BrdoBild: AP

Ein Abkommen zu Freihandel und Visaerleichterungen hatte Belgrad nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo am 17. Februar platzen lassen. Serbien will auch den Abzug seiner Botschafter aus den anerkennenden Staaten vorerst nicht rückgängig machen. Deutschland und 18 andere EU-Staaten haben das Kosovo anerkannt. Nach Angaben von Diplomaten sagten die Niederlande in Brdo zu, ihre harte Haltung gegenüber Serbien zu überdenken. Ob dies den Weg für ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens als ersten Schritt zum EU-Beitritt freimacht, sei noch offen. Die Niederlande und Belgien hatten die EU am Freitag davor gewarnt, die Bedingungen für Belgrad aufzuweichen, um im Kosovo-Streit die Wogen zu glätten und vor den Wahlen am 11. Mai ein Zeichen zu setzen. Bei dem Urnengang fürchtet die EU eine Stärkung der nationalistischen Kräfte.

Ein Treffen zwischen Jeremic und dem Kosovo-Ministerpräsidenten Hashim Thaci kam in Brdo nicht zustande. Der slowenische EU-Vorsitz hatte die beiden Politiker eingeladen, sich erstmals seit der Loslösung des Kosovo an einen Tisch zu setzen. Jeremic reiste aber vorzeitig ab. Thaci betonte in Brdo, seine Regierung wünsche sich gute Beziehungen zu Belgrad.

Die EU drängte Serbien in Brdo dazu, entschieden gegen Abspaltungstendenzen im mehrheitlich serbisch bewohnten Nordkosovo vorzugehen. Serbien müsse "aufgeheizte Rhetorik ebenso vermeiden wie alle Aktivitäten, die die Sicherheit in der Region bedrohen", hieß es in einer Erklärung. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte Serbien am Freitagabend gewarnt, eine Sezession entlang ethnischer Linien zu betreiben. Es dürfe "keine Aufteilung des Kosovo" geben.

EU-Staaten verweisen auf friedliche Rolle des Dalai Lama

Außenminister Steinmeier mit seiner griechischen Kollegin Dora Bakoyannis in Brdo - AP
Außenminister Steinmeier mit seiner griechischen Kollegin Dora Bakoyannis in BrdoBild: AP

Auch Tibet war am Samstag erneut Thema in Brdo. Die Außenminister verzichteten auf Drohungen mit einem diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele. "Ein Olympia-Boykott hat keine Rolle gespielt", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Die Minister strichen jeden Verweis auf die Spiele aus einem Erklärungsentwurf und riefen lediglich zum Dialog über den Erhalt der tibetischen Kultur und Religion auf. Zugleich stellten sie die friedliche Rolle des Dalai Lama, dem geistlichen Führer der Tibeter, heraus. Diese habe lediglich Autonomie und keine Unabhängigkeit gefordert. Kontroverse Passagen - wie ein Vorwurf der "Unterdrückung" an China - wurden aus der Erklärung gestrichen. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sagte, das Papier zeige die totale Einigkeit der Union.

Die gemeinsame Haltung der 27 EU-Staaten soll die Einigkeit der Union betonen, nachdem in den vergangenen Tagen gegensätzliche Positionen laut geworden waren. Die Bundesregierung kündigte an, nicht zur Eröffnung der Spiele zu reisen, was allerdings kein Protest gegen China sei. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der während der Olympischen Spiele EU-Ratspräsident sein wird, hatte dagegen einen Boykott nicht ausgeschlossen. Großbritannien auf der anderen Seite hat einen Besuch von Premierminister Gordon Brown bei der Abschlussfeier zugesagt.

Tibetischer Hilferuf

Ausländische Diplomaten forderten am Samstag bei einem Besuch in Lhasa uneingeschränkten Zugang zur tibetischen Hauptstadt. Gleichzeitig bat der Dalai Lama die internationale Gemeinschaft von Neu-Delhi aus erneut um Hilfe. Er nannte China einen "Polizeistaat", erneuerte aber seine Bereitschaft zu einem Dialog. Einen Boykott der Olympischen Spiele lehnte er wiederum ab. China müsse allerdings daran erinnert werden, dass die Verbesserung der Menschrechtslage in Tibet Voraussetzung sei, um "respektierte Gastgeber" der Spiele zu sein. Am Vortag hatte US-Präsident George W. Bush die chinesische Regierung erstmals öffentlich zu Gesprächen mit dem Dalai Lama aufgefordert. (tos)