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Biden angriffslustig, Trump im Rückzugsgefecht

16. November 2020

Klimaabkommen, Migranten, Gesundheitswesen - in diesen Bereichen will der künftige US-Präsident sofort die Politik des Amtsinhabers umdrehen. Dieser kämpft weiter für seinen Wahlsieg, muss dabei aber Federn lassen.

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USA | Joe Biden designierter Präsident
Bild: Leah Millis/REUTERS

Der künftige demokratische US-Präsident Joe Biden will gleich am ersten Tag im Weißen Haus diverse politische Entscheidungen von Donald Trump rückgängig machen. "Wir haben viel vor für Tag eins", sagte Bidens Stabschef Ronald Klain im US-Fernsehen. Dazu gehörten die Rückkehr ins Klimaabkommen von Paris, Schutz für junge Migranten in den USA und Maßnahmen zum Gesundheitswesen. Biden kann das nach der Amtsübernahme am 20. Januar per Erlass einleiten.

Joe Bidens Stabschef Ronald Klain (Foto: Nicholas Kamm/AFP/Getty Images)
Joe Bidens Stabschef Ronald Klain: "Wir haben viel vor für Tag eins" Bild: Nicholas Kamm/AFP/Getty Images

Trump macht unterdessen deutlich, dass er keine Absicht hat, seine Niederlage bei der Präsidentenwahl einzuräumen. Der Republikaner verschärfte seine Behauptungen über angebliche Wahlfälschung und kündigte weitere Klagen an. Zudem überschüttet Trumps Wahlkampfteam seine Anhänger mit Aufrufen zu Spenden für den juristischen Kampf. "Bald werden unsere großen Fälle eingereicht, die die Verfassungswidrigkeit der Wahl 2020 und die Schandtaten zeigen, die verübt wurden, um das Ergebnis zu verändern", schrieb Trump bei Twitter.

Klage in Pennsylvania abgeschwächt

Die Anwälte des Präsidenten schwächten zugleich aber eine Klage gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl im wichtigen Bundesstaat Pennsylvania ab. Sie strichen die Vorwürfe, dass bei der Auszählung der Stimmen Verfassungsrechte von Beobachtern der Trump-Seite verletzt worden seien. Trumps Anwälte wollten auf dieser Basis mehrere hunderttausend Stimmen in Pennsylvania für ungültig erklären lassen.

US-Präsident Donald Trump auf dem Weg zum Rosengarten des Weißen Hauses in Washington (Fotlo: Mandel Ngan/AFP/Getty Images)
US-Präsident Donald Trump auf dem Weg zum Rosengarten des Weißen Hauses in Washington Bild: Mandel Ngan/AFP/Getty Images

Es bleibt der Vorwurf, Wähler des Republikaners Trump seien in Pennsylvania benachteiligt worden, weil in einigen Bezirken mit demokratischer Orientierung erlaubt gewesen sei, Fehler in Stimmzetteln zu korrigieren. Pennsylvania bringt 20 Wahlleutestimmen im Electoral College. In dem Gremium, das den Präsidenten bestimmt, sind 270 Stimmen für den Sieg notwendig. Biden hat bei der Wahl laut der US-Nachrichtenagentur AP mindesten 290 Wahlleute gewonnen, 16 weitere aus Georgia könnten noch hinzu kommen. In dem Bundesstaat liegt Biden vorn, die Stimmen werden jedoch noch einmal per Hand nachgezählt. 

Unklar ist, ob der teilweise Rückzieher in Pennsylvania Trumps Eingeständnis einer juristischen Sackgasse oder nur eine strategische Neuordnung seiner Anwälte ist. Die bisherigen Klagen hatten wenig Erfolg vor Gericht. Auch Behörden bezeichneten die Wahl als die bisher sicherste in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Trumps Corona-Berater gegen Maskenpflicht 

Die Corona-Situation in den USA gerät derweil immer mehr außer Kontrolle. Am Sonntag wurde die Marke von elf Millionen Infektionen überschritten. Eine Million Fälle kam in nur sechs Tagen dazu. Mehrere Bundesstaaten verschärften am Wochenende Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und die Schließung einiger Geschäfte. So dürfen in Michigan Restaurants vorerst nur noch außer Haus verkaufen und wer kann, soll von Zuhause aus arbeiten. Trumps aktuell bevorzugter Corona-Berater Scott Atlas, ein Radiologe, twitterte daraufhin: "Das endet nur, wenn die Menschen sich erheben."

Atlas ist ein Gegner solcher Beschränkungen und zweifelt die Nützlichkeit von Masken an. Der Tweet war zusätzlich brisant, weil erst vor wenigen Wochen eine Gruppe festgenommen wurde, die Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer nach Erkenntnissen von Ermittlern wegen vorheriger Corona-Maßnahmen entführen und eventuell auch töten wollte. Atlas schrieb später, er wolle nicht zu Gewalt aufrufen.

Vivek Murthy, einer der Berater von Biden in Sachen Corona-Bekämpfung (Foto: Democratic National Convention/CNP/MediaPunch/picture alliance)
Vivek Murthy, einer der Berater von Biden in Sachen Corona: "Wir haben Ansätze mit der Präzision eines Skalpells"Bild: Democratic National Convention/CNP/MediaPunch/picture alliance

Bidens künftige Regierung will im Kampf gegen die Pandemie durch gezielte Maßnahmen breite Lockdowns vermeiden. "Wir haben Ansätze mit der Präzision eines Skalpells statt der rohen Kraft einer Axt", betonte Vivek Murthy, einer der Co-Chefs des Coronavirus-Expertenrats von Biden, im TV-Sender Fox. Der renommierte US-Immunologe und Corona-Experte Anthony Fauci sagte, dass die Weigerung der Trump-Regierung, Bidens Wahlsieg anzuerkennen, auch die künftigen Aktivitäten im Kampf gegen die Pandemie behindere.

Weiter keine Kooperation mit Biden-Team 

Die Behörde General Services Administration (GSA) gibt Bidens Übergangsteam nach wie vor kein grünes Licht für die Zusammenarbeit mit Regierungsstellen. Ein gewählter Präsident und sein Team bekommen üblicherweise schnell Zugang zur Regierungs-Infrastruktur, um die Machtübergabe vorzubereiten. Die Erlaubnis dazu gibt die GSA. Gerade für die fortlaufende Arbeit der Coronavirus-Arbeitsgruppe im Weißen Haus wäre es besser, wenn man bereits mit den Biden-Experten zusammenarbeiten könnte, sagte Fauci im TV-Sender CNN. Trump selbst habe schon seit Monaten nicht mehr an Sitzungen der Arbeitsgruppe teilgenommen.

sti/ww (dpa, rtr)