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Visa-Betrug

Silke Oppermann10. Dezember 2007

In Moskau und Kairo sollen Mitarbeiter der deutschen Botschaft ihren Chefs gefälschte Papiere vorgelegt haben. Mehr als 1000 Visa wurden so erschlichen. "Einzelfälle", beschwichtigt das Auswärtige Amt.

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Pass mit Visum, das als ungültig abgestempelt wurde (Quelle: Aida Cama)
Über 1000 Visa sind in Moskau und Kairo aufgrund gefälschter Papiere vergeben wordenBild: DW

Bei der Vergabe von Visa ist an den deutschen Botschaften in Kairo und Moskau mit gefälschten Papieren gearbeitet worden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin bestätigte am Samstag (8.12.2007) gegenüber der Nachrichtenagentur AP einen entsprechenden Artikel des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Nach diesem Artikel soll in Moskau ein Mitarbeiter mit gefälschten Unterlagen dafür gesorgt haben, dass 1259 Visa erteilt wurden. Bei bisher knapp 10.000 überprüften Anträgen stießen die Ermittler den Angaben zufolge in 132 Fällen auf gefälschte Unterlagen, die zu einer positiven Visa-Entscheidung führten. Nach Angaben des Auswärtigen Amts könnten es noch deutlich mehr werden.

Die Gizeh-Pyramiden in Kairo (Archiv, Quelle: AP)
Die Bundespolizei überprüft 50.000 Visa-Anträge in KairoBild: AP

In Kairo überprüften laut "Spiegel" derzeit Experten der Bundespolizei und des Auswärtigen Amts die Unterlagen von rund 50.000 Visa-Anträgen. Sie gehen demnach dem Verdacht nach, dass dort eine Bande von sechs administrativen Botschaftsmitarbeitern den deutschen Diplomaten, die über die Visavergabe entscheiden, gefälschte Papiere vorgelegt haben, um Antragstellern eine Einreiseerlaubnis für die Bundesrepublik zu beschaffen

Nicht aus Visaproblemen 2005 gelernt?

Laut "Spiegel" wurden wegen der Visa-Schiebereien bereits ein Mitarbeiter in Moskau und mehrere in Kairo entlassen. Die CDU-Abgeordneten Clemens Binninger und Reinhard Grindel hatten nach einer Inspektionsreise zu den Botschaften in Moskau und Kiew Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem Brief erhebliche Missstände vorgehalten.

Grenzschild der BRD (Archiv, Quelle: Bilderbox)
Im Zweifel für die Reisefreiheit: nach diesem Grundsatz handelten kriminelle Mitarbeiter der deutschen BotschaftBild: BilderBox

Der Visa-Untersuchungsausschuss im Jahr 2005, vor dem sich der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) für seine laxe Visa-Vergabepolitik im ukrainischen Kiew hatte verantworten müssen, habe in der Vergabepraxis des Auswärtigen Amts nicht "zu hinreichenden Konsequenzen" geführt, urteilte der "Spiegel". So hätten Moskauer Botschaftsmitarbeiter bemängelt, dass ihnen für die Prüfung eines Antrags im Durchschnitt weniger als drei Minuten zur Verfügung stünden.

Auswärtiges Amt bekämpfe Betrug "nachweisbar mit Erfolg"

Den Vorwurf, aus den Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Visa im Jahr 2005 keine Konsequenzen gezogen zu haben, wies das Auswärtige Amt zurück. Sprecher Martin Jäger sagte am Montag, in den vergangenen beiden Jahren seien von weltweit 2,5 Millionen bearbeiteten Anträgen auf Einreisevisa 1.500 gefälscht gewesen. Das entsprächt einer Quote von 0,3 Promille.

Es handele sich durchweg um Einzelfälle, bei denen einzelne Bedienstete kriminelle Energie entwickelten und sich im Rahmen der bestehenden Verfahren zu kriminellen Handlungen hinreißen ließen, sagte Jäger. So handelt es sich bei dem Mitarbeiter in der Botschaft in Moskau um eine deutsche Ortskraft und nicht um einen entsandten Diplomaten. Derzeit liefen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

"Im Zweifel für die Reisefreiheit"

2005: Bundesaussenminister Joschka Fischer vor dem Untersuchungsausschuss(25.04.2005, Quelle: AP)
2005: Bundesaussenminister Joschka Fischer vor dem UntersuchungsausschussBild: AP

Außenminister Joschka Fischer hatte sich im Jahr 2005 für den so genannten "Volmer-Erlass" rechtfertigen müssen, der den Ermessensspielraum der einzelnen Botschaften, vor allem in der Ukraine und Moldawien, erweitert hatte. Sein Kredo damals: "Im Zweifel für die Reisefreiheit." Damit hatter er die Visa-Vergabe beschleunigen wollen. Der Erlass hatte allerdings zu massenhaftem Visa-Missbrauch geführt.

Die damals in der Opposition agierende Unionsfraktion hatte im Jahr 2005 einen Untersuchungsausschuss durchgesetzt, der klären sollte, ob durch die Visa-Politik der rot-grünen Bundesregierung Schwarzarbeit, illegale Einwanderung und Zwangsprostitution gefördert worden seien. Der für Asylpolitik zuständige EU-Justizkommissar Franco Frattini war zu dem Schluss gekommen, dass dies zumindest zeitweise der Fall gewesen sei.