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Corona: Neue Impfstoffe, neue Strategien

24. Juni 2022

Wie heiß wird der Corona-Herbst? Der befürchteten Welle soll mit neuen Impfstoffen, besserer Zusammenarbeit und weiteren Schutzmaßnahmen begegnet werden.

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Impfung in der Berliner Sage Beach Bar (Archivfoto)
Impfung in der Berliner Sage Beach Bar (Archivfoto)Bild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Im Herbst und Winter müsse mit einer schweren Corona-Welle gerechnet werden, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach einer zweitägigen Konferenz der Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Bereits im Juli wollen sich die Ressortchefs erneut treffen, um konkret über Schutzmaßnahmen im Herbst zu beraten. 

Eine Mehrheit in Deutschland befürwortet in der kalten Jahreszeit eine Maskenpflicht in Innenräumen. 77 Prozent der über 65-Jährigen sind im ARD-Deutschlandtrend dafür, bei den 18- bis 34-Jährigen sind es 48 Prozent. Ein Mund-Nase-Schutz muss derzeit praktisch nur noch in öffentlichen Verkehrsmitteln getragen werden.

Bürgertests kosten künftig drei Euro

Kostenlose Tests will die Bundesregierung künftig nur noch zum Schutz vulnerabler Gruppen gestatten. Für Bürgertests zu anderen Zwecken wie etwa dem Besuch von Großveranstaltungen würden ab dem 30. Juni drei Euro Eigenanteil fällig, kündigte Lauterbach an. Ob die die Bundesländer die Möglichkeit nutzen werden, den Eigenteil ihrer Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen, sei offen. Zugleich würden umfängliche Qualitätssicherungsmaßnahmen eingeführt.

Bürgertest in der Essener Grugahalle
Bürgertest in einem Zentrum in Essen: Künftig werden dafür drei Euro fälligBild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Dass es bei der Kurskorrektur auch wesentlich darum geht, Geld einzusparen, verdeutlichte Finanzminister Christian Lindner: "Die neue Testverordnung leistet einen Beitrag dazu, die fiskalpolitische Ausnahmesituation der Pandemie zu beenden." Denn es könne nicht alles auf Dauer vom Bund gezahlt werden, "weil unsere Möglichkeiten an Grenzen gekommen sind". 

Im Herbst soll es eine neue Impfkampagne geben. In aktuellen Studien würden sich die Hinweise mehren, dass eine vierte Impfung für Personen ab 60 Jahren einen hohen Nutzen habe, sagte Gesundheitsminister Lauterbach. Jedem Impfwilligen solle der beste Impfstoff zur Verfügung gestellt werden.

Valneva kommt neu, Novovax für Menschen ab zwölf

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat derweil den Corona-Impfstoff des französisch-österreichischen Unternehmens Valneva zugelassen. Der Totimpfstoff von Valneva nutzt eine ähnliche Technologie wie klassische Grippe-Impfstoffe, soll in normalen Kühlschränken gelagert und bei Menschen zwischen 18 und 50 Jahren angewendet werden können. Damit sind in der EU nun sechs Impfstoffe gegen das Coronavirus verfügbar.

Der Totimpfstoff von Novavax
Mit dem Totimpfstoff von Novavax können jetzt auch Kinder ab 12 Jahren geimpft werden Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Mit dem Corona-Impfstoff des US-Herstellers Novavax können künftig auch Kinder ab 12 Jahre geimpft werden. Die Erweiterung der Zulassung haben die EMA-Experten nun empfohlen. Der Impfstoff ist in der EU bereits für Menschen ab 18 Jahre zugelassen und hat den Studien zufolge einen Infektionsschutz von etwa 80 Prozent.

20 Millionen COVID-Tote verhindert

Forscher haben ausgerechnet, wie viele Todesfälle durch die Corona-Vakzine vermieden wurden. Demnach haben die Impfungen allein in ihrem ersten Jahr weltweit fast 20 Millionen COVID-19-Tote verhindert.

Impfzentrum in Kenia
Impfzentrum in KeniaBild: SIMON MAINA/AFP/Getty Images

Damit sei die Zahl der ohne Impfungen erwarteten Todesfälle mehr als halbiert worden, schreiben Forscher des Londoner Imperial College im Fachmagazin "Lancet Infectious Diseases". Aber auch hier spiegele sich die ungerechte Verteilung der Impfstoffe wider, denn die die wohlhabenderen Länder profitierten deutlich mehr als die ärmeren.

Sich freiwillig infizieren? "Totaler Nonsens!"

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, warnt davor, sich im Sommer mutwillig mit dem Coronavirus zu infizieren. "Man sollte das weiterhin so gut es geht vermeiden, auch wegen des Risikos von Long Covid", sagte Drosten im Gespräch mit dem "Spiegel". Auch epidemiologisch sei die Empfehlung zur Infektion, die derzeit auf Twitter die Runde macht, "totaler Nonsens": "So viele Menschen können sich im Sommer gar nicht infizieren, dass das im Winter die Corona-Zahlen niedrig halten würde."

Christian Drosten auf der Bundespressekonferenz (Archivfoto)
Christian Drosten auf der Bundespressekonferenz (Archivfoto)Bild: Michele Tantussi/REUTERS

Schon für September befürchtet Drosten wieder sehr hohe Fallzahlen. Denn wie erwartet, ist der Erreger BA.5 nun vorherrschend in Deutschland. Der Anteil in einer Stichprobe liege bei 50 Prozent, heißt es im Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zu COVID-19. Die Angabe bezieht sich allerdings auf vorvergangene Woche, derzeit ist bereits von höheren Werten auszugehen.

EU einigt sich auf mehr Zusammenarbeit

"Die BA.5-Variante ist einfach sehr übertragbar, und die Menschen verlieren gleichzeitig ihren Übertragungsschutz aus der letzten Impfung", warnt Drosten. In anderen Ländern sehe man, dass bei sehr hohen Fallzahlen auch die Hospitalisierungs- und Todeszahlen wieder anstiegen.

In Gesundheitskrisen wie der Corona-Pandemie wird auf EU-Ebene künftig deutlich enger zusammengearbeitet. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich auf eine verstärkte Kooperation über Landesgrenzen hinweg. Dazu soll die EU-Kommission erstmals dazu in der Lage sein, einen EU-weiten Gesundheitsnotstand auszurufen und damit ein koordiniertes Vorgehen etwa beim Kauf und der Lagerung von wichtigen Gütern auszulösen.

rb/mak (AFP, dpa, Reuters)