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Politik

Die NATO und der Anti-Terror-Kampf

Teri Schultz apo
7. Juni 2018

US-Präsident Trump will, dass die NATO internationalen Terrorismus bekämpft. Kann und soll die NATO darauf eingehen? Kritiker argwöhnen, Trump verstehe nicht wie die NATO funktioniert. Eine Analyse von Teri Schultz.

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Afghanistan Bundeswehr Feldlager in Kundus
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Europa muss mehr Geld für Verteidigung bereitstellen. Zu dieser ständig wiederholten Forderung von US-Präsident Donald Trump ist nun eine weitere hinzugekommen: Die NATO muss mehr für die Bekämpfung des internationalen Terrors tun. Trump ließ durchblicken, dass er beim bevorstehenden NATO-Gipfel am 11. und 12. Juli in Brüssel die Präsentation entsprechender Vorschläge erwarte. US-NATO-Botschafterin Kay Bailey Hutchison bestätigte, dass Trump ein Bekenntnis zu Anti-Terror-Einsätzen als Ergebnis des Gipfels anstrebe.    

Es war der Terrorangriff vom 11. September 2001 in New York, der erstmals zum Ausrufen des Bündnisfalls nach Artikel 5 des transatlantischen Verteidigungsbündnisses führte. Doch erst die Annexion der Krim und die Politik der prorussischen Separatisten in der Ostukraine rüttelte die Allianz wach und förderte die Bereitschaft zu Reformen.

"USA sollten zufrieden sein"

Terrorbekämpfung gehört eigentlich nicht zu den Kernaufgaben der NATO. Der Bereich wird normalerweise als Aufgabengebiet nationaler Regierungen und ihrer Nachrichtendienste betrachtet. Im Hinblick auf Trumps Kritik verweist die NATO auf eine lange Liste bereits erfüllter Forderungen. Dazu gehören die Vollmitgliedschaft in der US-geführten globalen Anti-IS-Koalition, die Bereitstellung von AWACS-Luftraumaufklärungsflügen sowie die Einrichtung eines Drehkreuzes für den Süden am gemeinsamen NATO-Kommando in Neapel.

Hinzu kommen der mittlerweile 17-jährige Einsatz zur Bekämpfung von Terrorismus in Afghanistan sowie das Training für irakische Sicherheitskräfte und Soldaten, das auf dem NATO-Gipfel erneut verlängert werden soll.

Donald Trump Angela Merkel und Jens Stoltenberg
Mit seiner Forderung nach mehr Nato-Engagament setzt Trump Generalsekretär Jens Stoltenberg (Mitte) unter DruckBild: Picture alliance/AP Photo/E. Vucci

Nach Ansicht von Verteidigungsexpertin Elisabeth Braw vom Atlantic Council sollten die USA zufrieden sein. "Die NATO ist bereits sehr damit beschäftigt, den aktuellen militärischen Herausforderungen zu begegnen. Die Forderung nach einer stärkeren Bekämpfung des internationalen Terrorismus kommt deshalb nicht zum richtigen Zeitpunkt", so Braw. Es sei außerdem nicht klar, ob die NATO diese Aufgabe besser bewältige als bisher die nationalen Strafverfolgungsbehörden.

Reformbedarf sieht hingegen Frederick Ben Hodges, ehemaliger Oberkommandierender der US-Army für das Gebiet von Europa und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion. "Wir können uns unsere Bedrohungen nicht aussuchen", erklärt er gegenüber der DW. Die Allianz sollte der Region Schwarzes Meer mehr Aufmerksamkeit widmen und eine kohärente Verteidigungsstrategie nach dem Vorbild des Baltikums erarbeiten.

Wo lauern die größten Gefahren?

Doch geht von Russland wirklich eine Bedrohung aus? In den meisten NATO-Mitgliedsstaaten sei die Furcht vor Masseneinwanderungen und IS-Terroristen größer als die Angst vor Russland, meint Ian Lesser, Direktor des "German Marshall Fund" in Brüssel. Dies gelte nicht nur für südeuropäische Länder, sondern auch für Frankreich und Deutschland.

Nach Einschätzung von Lesser ist der Süden logistisch eine ungleich größere Herausforderung als ein einzelner Staat in Europas Osten. "Die Konfliktherde sind vielfältig, und die immense geographische Ausdehnung umfasst sowohl Festland als auch Mittelmeer und erstreckt sich über tausende von Kilometern", erklärt er. Eine effektive Zusammenarbeit mit anderen Partnerstaaten und der EU sei deshalb unerlässlich.

Infografik 29 Mitgliedsstaaten und Partner der NATO EN


Der Auftakt zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen NATO und EU im Bereich Terrorbekämpfung wurde auf dem Gipfel der Allianz in Warschau 2016 gemacht. "Die EU leistet erstmals einen Beitrag zu einem NATO-Programm, mit dem in mehreren Partnerländern Trainings-Programme für Transparenz und Korruptionsbekämpfung im Verteidigungssektor finanziert werden", sagt Michael Köhler, Direktor für Südliche Partnerschaft in der EU-Generaldirektion für Nachbarschaftspolitik.

Doch werden solche Programme Trump zufrieden stellen? Kritiker unterstellen Trump, sein hartnäckiges Bestehen auf dem Kampf gegen Terror beruhe auf der mangelnden Kenntnis des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses. "Die NATO wird sich nicht um radikalisierte Islamisten kümmern, die sich in die Luft sprengen wollen", stellt Ian Bond, Direktor des britischen Think Tank "Centre for European Reform", klar". "Sie ist nicht für die Bekämpfung von Terrorismus in westlichen Ländern zuständig."