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Steigender Kokain-Konsum

6. November 2008

Der jährliche Drogenbericht der Europäischen Union lässt aufhorchen: Harte Drogen sind wieder auf dem Vormarsch, die Konsumenten werden jünger und Osteuropa hat sich als neuer Handelsweg etabliert.

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Kokain auf Spiegel (Quelle: AP)
Im letzten Jahr haben vier Millionen Europäer Kokain geschnupftBild: AP

Drogenabhängige in der Europäischen Union (EU) greifen nicht nur zunehmend zu Kokain, sondern konsumieren auch wieder mehr Heroin. Dies geht aus dem jährlichen EU-Drogenbericht hervor, der am Donnerstag (06.11.2008) in Brüssel veröffentlicht wurde. Beim Heroin setze sich der in den vergangenen Jahren beobachtete Rückgang des Missbrauchs nicht fort, sagte der Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD), Wolfgang Götz, bei der Vorstellung des Berichts. "Einige Aspekte scheinen sich sogar zu verschlechtern."

Auch beim Kokainkonsum meldeten mehrere Länder einen weiteren Anstieg. Besonders verbreitet ist Kokain in Großbritannien, Italien und Spanien, wie aus dem Jahresbericht der Behörde hervorgeht. In England nahmen 2007 schätzungsweise 5,4 Prozent aller jungen Erwachsenen Kokain, gegenüber 4,9 Prozent im Vorjahr.

Der Konsum von illegalen Aufputschmitteln wie Amphetaminen und Ecstasy sowie Cannabis sei hingegen stabil oder gehe sogar zurück.

8000 Tote jährlich

Mohnernte in Afghanistan
Mohnernte in AfghanistanBild: picture-alliance/ dpa

Die Drogenbehörde mit Sitz in Lissabon schätzt, dass in Europa jedes Jahr mindestens 7000 bis 8000 Menschen an den Folgen einer Überdosis sterben. "Bis 2003 ist die Zahl der Drogentoten stetig nach unten gegangen. Wir haben gedacht, dass sich der Trend fortsetzt", sagte Götz. Mehrere Ländern wie Litauen, Finnland und Rumänien berichteten jedoch von einem Anstieg der Opferzahlen.

Die Opium-Produktion ist laut Götz im Jahr 2007 um mehr als 30 Prozent auf rund 8870 Tonnen gestiegen. In Afghanistan habe die Produktion mit 8200 Tonnen ein Rekordhoch erreicht. Bedenklich sei auch das seit Jahren erstmals sinkende Durchschnittsalter der Heroinabhängigen. Es gebe bisher keine Erklärung dafür, warum wieder mehr junge Menschen süchtig würden. In der EU und Norwegen spritzten sich zwischen 1,3 und 1,7 Millionen Menschen Rauschmittel. 40 Prozent davon seien mit Hepatitis C infiziert, 3000 steckten sich jährlich mit dem AIDS-Virus an.

Neue Handelswege über Osteuropa

Wolfgang Götz (DPA)
Wolfgang Götz, Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogensucht und DrogenBild: picture-alliance/ ZB

In manchen Ländern gebe es zudem Anzeichen für ein wachsendes Problem mit synthetischen Opioiden. Substanzen wie Fentanyl seien zum Beispiel in Estland und Lettland aufgetaucht und hätten eine viel stärkere Wirkung als Heroin. "Das ist etwas, wo wir die Augen offen halten müssen", sagte Götz.

Schätzungen zufolge haben rund 12 Millionen Europäer mindestens einmal in ihrem Leben Kokain probiert. Die Droge werde neben Südamerika und Afrika nun auch über Osteuropa eingeschmuggelt, warnte Götz. "Es ist ein echter Risikofaktor, dass plötzlich neue Handelswege auftauchen." Die neuen EU-Mitgliedsländer seien nicht länger vom Kokainmarkt abgeschottet. Jährlich werden mehr als 120 Tonnen des Rauschmittels sichergestellt. Immer mehr Menschen lassen sich zudem wegen ihrer Sucht behandeln. Zwischen 2002 und 2006 sei die Zahl der Patienten von rund 13.000 auf fast 30.000 gestiegen.

Cannabis nicht mehr so populär

Cannabis-Plantage (Quelle: AP)
Entdeckte Cannabis-Plantage in DeutschlandBild: AP/Polizei Aachen

"Der Anstieg ist in vielen Ländern sehr bedenklich", sagte Götz. Die Popularität von Cannabis nehme hingegen weiter ab. In Deutschland haben sie 11,9 Prozent der 15- bis 34-Jährigen geraucht, verglichen mit 14,6 Prozent im Jahr 2003. Allerdings sei die heimische Produktion in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die meisten EU-Länder berichteten inzwischen über einen lokalen Anbau - von privaten Beeten bis hin zu gewerblichen Großplantagen. Im Jahr 2006 seien rund 2,3 Millionen Cannabispflanzen sichergestellt worden.

"Das sind Ausmaße, die wir so nicht erwartet hatten", sagte Götz. Der Großteil der heimischen Produktion gehe aber nicht an die Gelegenheitsraucher, sondern an die rund vier Millionen Europäer, die die Droge täglich zu sich nähmen. (kas)