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Auf Eis gelegt

5. Mai 2010

Der Europarat sieht keine Fortschritte im Dialog mit dem Regime in Minsk. Vorerst will er nicht mehr mit Belarus auf höchster diplomatischer Ebene zusammenarbeiten. Experten zufolge wird das kaum Wirkung zeigen.

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Gebäude des Europarates (Foto: Europarat)
Europarat kritisiert Hinrichtungen in BelarusBild: Council of europe

Das Außenministerium in Minsk hat die jüngste Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) zu Belarus als "impulsiv und inkonsequent" bezeichnet. Der Sprecher des Außenamtes, Andrej Sawinych, erklärte, einerseits bekräftige der Europarat seinen Willen zum Dialog, und andererseits beschließe er nun, alle Kontakte auszusetzen. "Hier ist die Position der belarussischen Seite konsequenter", sagte Sawinych. Belarus sehe in dem Dialog ein Mittel, mit dem gegenseitiges Verständnis erreicht werden könne und erwarte, dass die europäischen Partner zum selben Schluss kommen, so der Pressesprecher.

Eingang zum belarussischen Außenministerium in Minsk (Foto: RIA Novosti)
Außenamt in Minsk weist Kritik von der PACE zurückBild: RIA Novosti

In Straßburg hatte am 29. April eine außerordentliche Anhörung zu Belarus stattgefunden, auf der die PACE beschloss, die Kontakte zu Minsk auf höchster diplomatischer Ebene einzufrieren. Grund seien "unzureichende Fortschritte" bei der Anpassung an die Standards des Europarates, heißt es. Die Kritik der PACE richtet sich vor allem gegen die jüngsten Hinrichtungen, gegen die Unterdrückung unabhängiger Medien, der Opposition sowie der polnischen Minderheit.

Frustration in Europa

Nach Ansicht belarussischer Menschenrechtler ist die Lage der Rechte und Freiheiten der Bürger im Vergleich zum letztem Jahr praktisch unverändert geblieben - so wie in den 16 Jahren, in denen Aleksandr Lukaschenko Belarus regiert. Auch die Besuche hochrangiger europäischer Vertreter hätten nichts gebracht.

Dem belarussischen Juristen Wladimir Labkowitsch zufolge ist der jüngste Beschluss des Europarates das Ergebnis von Frustration in Europa. In der gesamten Zeit hätten die Europäer mit Zugeständnissen versucht, einen Dialog herzustellen. Doch die belarussische Seite habe bislang keine konkreten Schritte unternommen, um die Situation im Land zu ändern. Im Gegenteil: Je näher die nächste Präsidentenwahl im kommenden Jahr rücke, desto mehr nehme der Druck der Staatsmacht zu, so der Menschenrechtler Labkowitsch. Beispiele dafür seien die Verfolgung unabhängiger Journalisten, die reale Gefahr von Zensur im Internet sowie politische Gerichtsprozesse gegen die Opposition.

Irina Chalip telefoniert mit Handy (Foto: bymedia)
Chalip macht auf vermisste Oppositionelle aufmerksamBild: Bildagentur bymedia

Politischer Wille fehlt

Die belarussische Journalistin Irina Chalip, die in letzter Zeit mehrfach von der Miliz zu Verhören geladen wurde, meint, der Europarat habe Belarus gegenüber viel zu viel Geduld an den Tag gelegt. "Man hätte überhaupt keinen Dialog aufnehmen dürfen, solange kein einziger der früheren PACE-Beschlüsse von Minsk beachtet wurde", so die Journalistin. Bis heute habe Belarus das Verschwinden bekannter Oppositioneller nicht aufgeklärt. Das sei nur eine der vielen Forderungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in den vergangenen Jahren gewesen, so Chalip.

Portrait von Denis Meljanzow (Foto: DW)
Meljanzow: Entschließung hat kaum Bedeutung für MinskBild: Pauljuk Bykovskij

Und auch die jüngste Straßburger Entscheidung wird die Lage in Belarus kaum beeinflussen, davon ist der belarussische Politologe Denis Meljanzow überzeugt. Belarus sei das einzige europäische Land, das nicht dem Europarat angehöre - 47 Staaten insgesamt sind Mitglied. Da es nicht dazugehört, habe der Beschluss für Minsk auch keine große Bedeutung, erläutert Meljanzow. Ihm zufolge hängt die Einführung europäischer Standards im Bereich der Bürgerrechte ausschließlich vom politischen Willen der belarussischen Seite ab.

Autorin: Natalja Grigorjewa / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Nicole Scherschun