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Flugverbot wird gelockert

19. April 2010

Nach der Vulkankrise lockert sich inzwischen europaweit das Flugverbot. Auch in Deutschland wurden erste Flüge genehmigt, um Passagiere zurückzuholen. Das Flugverbot kostete die Fluggesellschaften Millionen Euro.

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Passagiere warten am Flughafen in Frankfurt (Foto: AP)
Am Flughafen Frankfurt gestrandetBild: AP

Nach fast vier Tagen Stillstand fliegen in Deutschland am Montag (19.04.2010) die ersten Flugzeuge wieder. Am Drehkreuz Frankfurt landete als erstes eine Maschine des Ferienfliegers Condor, die aus der Dominikanischen Republik kam. In München landete eine Maschine von Air Berlin aus Palma de Mallorca. Vom Flughafen Berlin-Tegel hob ein Flugzeug von Air Berlin nach Palma de Mallorca ab. Auch Lufthansa kündigte wieder erste Flüge für den Abend an. Aus aller Welt sollen 15.000 gestrandete Passagiere mit 50 Jets nach Deutschland zurückgeholt werden.

Die Flüge wurden während der Starts und Landungen als Sichtflüge geführt. Dabei kann der Pilot selbst die genaue Route wählen und muss Wolken umfliegen, wie die Flugsicherung in Langen bei Frankfurt mitteilte. Das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig hatte dafür nach eigenen Angaben eine Sondergenehmigung erteilt, obwohl der Luftraum für den üblichen Flugbetrieb weiterhin gesperrt war. Die generelle Flugsperre wegen möglicher Gefahren durch Vulkanasche soll dennoch nach Angaben der Flugsicherung bis mindestens bis 2.00 Uhr am Dienstagmorgen andauern.

Die 27 EU-Verkehrsminister hatten sich darauf verständigt, die Flugverbote wegen der Aschewolke zu lockern. Der Luftraum soll nur noch dort gesperrt bleiben, wo eine bestimmte Konzentration der Aschewolke überschritten wird, sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in Brüssel.

Folgen für Airline schlimmer als nach 9/11

Die Asche-Wolke aus Island trifft die weltweiten Fluggesellschaften nach Einschätzung des internationalen Luftfahrtverbandes (IATA) härter als die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Die Verluste der Airlines erreichten wegen der anhaltenden Flugausfälle inzwischen 200 Millionen Dollar (150 Millionen Euro) pro Tag, sagte IATA-Chef Giovanni Bisignani am Montag (19.04.2010). Er warf den europäischen Regierungen eine unangemessene Reaktion vor.

Die Entscheidungen zur Schließung der Flughäfen und Sperrung der Lufträume basierten lediglich auf theoretischen Modellen und nicht auf Fakten. "Wir müssen von diesen Pauschal-Schließungen wegkommen und Wege zur flexiblen Öffnung des Luftraums finden, Schritt für Schritt", forderte Bisignani und rief zu einem Treffen der UN-Luftfahrtbehörde ICAO auf. Fluglinien müssen mit den Umsatzeinbußen und Kosten selbst fertig werden, da sie normalerweise nicht gegen solche Ausfälle versichert sind.

IATA-Chef Giovanni Bisignani (Foto: AP)
IATA-Chef Giovanni Bisignani kritisiert die "Pauschal-Schließungen" der FlughäfenBild: AP

Branchenverband: Einige Airlines vor dem Aus

Einigen europäischen Fluggesellschaften droht nach Ansicht des europäischen Branchenverbandes Association of European Airlines (AEA) wegen des Flugverbots das Aus. In ein bis zwei Wochen würden einige der etwa 100 bis 150 Airlines in Europa pleite sein, erklärte der Verband am Montag. Die europäischen Flughäfen hätten mehr als 136 Millionen Euro Verluste gemacht.

Der Chef von British Airways, Willie Walsh, erklärte am Montag, wegen der weitgehenden Sperrung des europäischen Luftraums und der damit verbundenen Flugausfälle forderten europäische Fluglinien eine finanzielle Entschädigung von der EU und den einzelnen Regierung. Für die Forderung gebe es einen Präzedenzfall, fügte er hinzu. Nach der Sperrung des US-Luftraums infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 seien die Fluggesellschaften ebenfalls entschädigt worden.

EU-Kommission: Hilfen für Fluglinien möglich

Die EU-Kommission reagierte derweil auf die Kritik der Fluggesellschaften und will wegen ihrer Millionenverluste staatliche Finanzspritzen für die Unternehmen erleichtern. "Wir sind bereit, ähnlich zu reagieren wie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001", sagte EU- Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Montag in Brüssel. Die Kommission beabsichtigte dafür, Regeln neu zu definieren. Innerhalb dieser Grenzen dürften die Staaten ihren Airlines dann Notfallhilfen gewähren, ohne dass sie jeweils einzeln in einem langen Verfahren in Brüssel genehmigt werden müssten. Das würde deutlich schneller gehen. Das Geld müsse von dem jeweiligen Staat kommen. Voraussetzung sei, dass ein Unternehmen die Hilfe dringend brauche, die Summe angemessen sei, keinen Konkurrenten benachteilige und nicht Firmen rette, die schon vorher Schwierigkeiten hatten. Brüssel muss staatliche Finanzspritzen genehmigen, damit der Wettbewerb in Europa nicht verzerrt wird.

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas (Foto: AP)
EU-Verkehrskommissar Siim Kallas: Vulkankrise dauert noch drei bis vier TageBild: AP

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas sagte am Montag, die Aschewolke beschere den Fluggesellschaften in Europa schwerere Verluste als die Terroranschläge von 2001. "Die Auswirkungen übertreffen die Folgen von damals deutlich." Genaue Zahlen lägen aber noch nicht vor und könnten frühestens in einer Woche geschätzt werden. Der Kommissar will sich dafür einsetzen, dass die Flugverbote bald aufgehoben werden - allerdings habe die Sicherheit der Passagiere oberste Priorität. 80 Prozent der europäischen Flughäfen seien geschlossen, 85 Prozent der Flüge am Vortag ausgefallen. Bis der Flugverkehr wieder normal laufe, werde es drei bis vier Tage dauern.

Die Verkehrsminister der 27 EU-Staaten beraten an diesem Nachmittag über das Chaos im Flugverkehr. In einer Telefonkonferenz werde man gemeinsam mit Experten der europäischen Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol überlegen, ob in Europa wieder Flüge aufgenommen werden könnten oder ob die Sperren weiter gelten.

Deutsche Debatte über Staatshilfen

Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Vertreter der Wirtschaft wollten am Montagnachmittag in Berlin über mögliche Konsequenzen der Luftraum-Sperre beraten. Die Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) beziffert das verlorene Geschäftsvolumen für die gesamte deutsche Wirtschaft auf täglich etwa eine Milliarde Euro. Bei erheblichen Auswirkungen eines länger andauernden Flugverbots würden alle Möglichkeiten geprüft, hieß es im Wirtschaftsministerium. Denkbar seien günstige Kredite der staatlichen KfW Bankengruppe oder andere Programme.

Verkehrsminister Peter Ramsauer wies dagegen Forderungen nach Schadenersatz für die Luftfahrtbranche zurück. "Ich wehre mich gegen jeden Ruf an den Staat", sagte Ramsauer im Deutschlandfunk. Brüderle und Präsident des Industrieverbandes (BDI), Hans-Peter Keitel, hatten die sofortige Einsetzung einer Arbeitsgruppe vereinbart. Die sogenannten "task force" sollte am Montagnachmittag in Berlin zum ersten Mal zusammenkommen. Teilnehmen sollten auch Unternehmen wie Lufthansa und Air Berlin sowie Wirtschaftsverbände.

Autorin: Naima El Moussaoui (rtr, dpa, afp, apn)

Redaktion: Herbert Peckmann

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