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Das Handwerk meistert die Krise

3. März 2010

In München ist die Internationale Handwerksmesse eröffnet worden. Die Konjunkturpakete des Bundes haben geholfen, die Krise zu meistern. Doch es gibt neue Herausforderungen: Lehrlinge und Fachkräfte fehlen.

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Ein Tischler bei seiner Arbeit (Foto: dpa)
Das Handwerk beschäftigt fast fünf Millionen MenschenBild: DW

Zwei Zimmer tapezieren und anstreichen. Eine acht Meter lange Terrassenüberdachung aus Holz bauen. Die Elektroinstallation in einem Einfamilienhaus erneuern - das sind nur drei Ausschreibungen von über 30.000, die in einem bekannten deutschen Internetportal für Handwerks- und Dienstleistungsaufträge zu finden sind. Der Auftraggeber nennt einen Maximalpreis, interessierte Handwerker geben ihre Angebote ab und können sich dabei gegenseitig unterbieten. Am Ende wird es für den Auftraggeber im Durchschnitt 30 Prozent billiger.

Preisdruck ist allgegenwärtig

Das Günstigkeitsprinzip ist im Handwerk nichts Neues, doch durch die Wirtschaftskrise hat sich der Preisdruck verschärft, wie Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) weiß. "Da gibt es ganz konkrete Beschwerden von Betrieben, die sagen, ich kann einen Auftrag bekommen, aber der potenzielle Auftraggeber sagt mir, du bekommst den Auftrag nur, wenn du 25 Prozent unter der Angebotssumme bleibst." Spätestens dann, so Schwannecke weiter, stellen sich für einen Unternehmer existenzielle Fragen. Denn der will seine Mitarbeiter halten. Das fällt ihm aber schwer, wenn er für seine Arbeit so wenig Geld bekommt. Und wenn er den Auftrag ablehnt, verdient er schließlich gar nichts.

Die Krise trifft die Branche unterschiedlich

Bauarbeiter auf einem Gerüst (Foto: AP)
Trotz Krise und strengem Winter: die Beschäftigtenzahl beim Bau ist leicht gestiegenBild: AP

Das Handwerk ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Wirtschaft. Ob Goldschmied oder Elektriker, Friseur oder Straßenbauer, zum Handwerk gehören in Deutschland knapp eine Million so genannter kleiner und mittlerer Betriebe. Rund 4,8 Millionen Menschen arbeiten hier, jeder dritte Lehrling wird in einem Handwerksbetrieb ausgebildet. So heterogen das Handwerk ist, so unterschiedlich sind auch die Erfahrungen in der Krise. "Die Situation in den Gewerken ist unterschiedlich, das muss man deutlich sagen. Wir haben starke Probleme in den Bereichen, die industrienah und sehr exportorientiert sind, da schlägt sich der industrielle Einbruch in Aufträgen und im Umsatz unmittelbar nieder."

Die Baubranche profitiert vom Konjunkturpaket

Andere Bereiche wie die Baubranche kommen relativ gut durch die Krise. Sie profitieren von den Konjunkturspritzen der Bundesregierung. 80 Milliarden Euro hat der Staat in Form von zwei Konjunkturpaketen für die Jahre 2009 und 2010 bereitgestellt. Ein Großteil davon fließt in die Infrastruktur, wie zum Beispiel in den Straßenbau oder in Baumaßnahmen für Energieeffizienz und Klimaschutz. Das belebt die Geschäfte vor allem beim Bau- und Ausbauhandwerk. Sie blicken vergleichsweise optimistisch in die Zukunft und hoffen, dass die öffentlichen Investitionen und die Steueranreize für Handwerksleistungen die Auftragslage weiter stabilisieren werden. Dennoch droht auch ihnen möglicherweise Ungemach. Denn es gibt, und das kann ZDH-Generalsekretär Schwannecke bestätigen, für eine Mehrzahl der Betriebe wachsende Probleme mit der Finanzierung.

Es kommt nicht nur auf den Jahresabschluss an

Eine flächendeckende Kreditklemme kann Schwannecke für das Handwerk zwar noch nicht ausmachen, aber da die Banken ihre Konditionen für eine Kreditvergabe deutlich verschärft haben, werden viele Betriebe spätestens dann Probleme bekommen, wenn die Jahresabschlüsse für 2009 vorliegen. "Man muss die Banken dafür sensibilisieren, dass sie in einer wirtschaftlich schwierigen Situation nicht nur auf den letzten Abschluss eines Unternehmens schauen, sondern man muss sagen: Schaut etwas weiter zurück, dann werdet ihr vielleicht sehen, dass das Unternehmen eigentlich gut gearbeitet hat". Wenn dann die Perspektiven auch noch gut seien, plädiert Schwannecke, dann müssten die Banken den Betrieben mehr vertrauen und entsprechende Kredite bereit stellen.

Lehrlinge und Fachkräfte werden gesucht

Nicht nur das Geld wird in manchen Handwerksbetrieben knapp, sondern auch der Nachwuchs. An Fachkräften mangelt es bereits seit längerem, im vergangenen Jahr konnten zudem knapp zehntausend Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Das habe zum einen demographische Gründe, sagt Schwannecke, zum anderen fehle vielfach auch die Bereitschaft, an einem entfernteren Ort eine Arbeitsstelle anzunehmen. Darüber hinaus beklagt die Branche nach wie vor, dass viele junge Menschen mit mangelhafter Ausbildung von den Schulen in die Betriebe entlassen werden.

Erst der Meisterbrief, dann auf die Uni

Maschinenbau-Lehrling (Foto: DW)
Maschinenbau: Beruf mit AufstiegschancenBild: DW-TV

Dieses Thema wird auch im so genannten Ausbildungspakt eine große Rolle spielen, an dem das Handwerk maßgeblich beteiligt ist. Seit 2004 gibt es den Zusammenschluss zwischen Wirtschaftverbänden und der Politik. Ging es bis vor kurzem noch darum, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, liegt der Schwerpunkt zukünftig in der Sicherung des Fachkräftebedarfs. Für Schwannecke heißt das auf der einen Seite, dass man sich darum kümmern muss, Jugendliche mit einem schlechten Schulabschluss nachzuqualifizieren. Auf der anderen Seite will das Handwerk aber zunehmend auch richtig gute Schulabgänger für sich gewinnen. Die Ausbildung könne dann über den Meisterbrief hinaus gehen. Auch der Weg zum Studium stehe dann offen. Schließlich mache die Hochtechnologie vor dem Handwerk nicht Halt und manuelles Geschick allein reiche für die Fachkräfte von morgen nicht mehr aus.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Monika Lohmüller