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Politik

Heftiger Kampf gegen letzte IS-Bastion

10. Februar 2019

Kurden-Einheiten wollen mit Hilfe der internationalen Anti-IS-Koalition die Terrormiliz endgültig aus Syrien vertreiben. Schlachtfeld ist der Ort Baghus. IS-Kämpfer missbrauchen Zivilisten als menschliche Schutzschilde.

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Zivilisten, die vor den Kämpfen in Deir Essor geflohen sind, harren in einem Wüstengebiet aus (Foto: Getty Images/C. McGrath)
Zivilisten, die vor den Kämpfen in Deir Essor geflohen sind, harren in einem Wüstengebiet ausBild: Getty Images/C. McGrath

Truppen unter kurdischer Führung haben im Osten Syriens eine Offensive gegen die letzte Hochburg der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in dem Bürgerkriegsland begonnen. Seit Samstag greifen sie das Dorf Baghus an der Grenze zum Nachbarland Irak an, wie die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mitteilten. Kampfjets der von den USA angeführten internationalen Anti-IS-Koalition unterstützen die Angriffe aus der Luft. Aktivisten  berichten von heftige Kämpfen. IS-Kämpfer kontrollieren laut SDF in der Provinz Deir Essor noch ein etwa vier Quadratkilometer großes Gebiet, das von Baghus bis an die irakische Grenze reicht.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, die Kämpfe brächten Hunderte Familien in Gefahr. Die IS-Kämpfer missbrauchten die Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Ein Reporter des US-Senders CNN vor Ort berichtete unter Berufung auf nicht näher genannte Offiziere, in Baghus könnten sich noch bis zu 1500 Zivilisten aufhalten.

Mehr als 25.000 Menschen auf der Flucht

Die Kämpfe gegen den IS in Ostsyrien haben nach Angaben der Vereinten Nationen schon mehr als 25.000 Menschen in die Flucht getrieben. Die meisten von ihnen seien Frauen, Kinder und Ältere, meldete das UN-Koordinierungsbüro Ocha. Mindestens 35 Kinder seien wegen der extrem harten Bedingungen auf der Flucht gestorben.

Dramatisch stellt sich auch die Lage in dem Flüchtlingslager Rukban im Süden des Bürgerkriegslandes dar. Es handele sich um einen der schlimmsten humanitären Notfälle, den sie bisher erlebt habe, sagte die Sprecherin des UN-Welternährungsprogramms (WFP) in Syrien, Marwa Awad: "Die Menschen sehen erschöpft und müde aus. Man kann in ihren Augen sehr viel Ermattung erkennen." Derzeit werden die Notleidenden mit Nahrung, Medikamenten und warmer Kleidung versorgt, die ein Hilfskonvoi aus 130 Lastwagen in das Kriegsgebiet gebracht hat. Die Flüchtlinge in Rukban leben abgeschnitten in einem kargen Wüstengebiet. Wegen Mangelversorgung und Wintertemperaturen waren dort mehrere Kinder gestorben. Rukban liegt in einer von Rebellen kontrollierten Zone. Hilfstransporte erreichen wegen Streitigkeiten mit Syriens Regierung nur selten das Lager.

Kein Zeitplan für den Abzug

Sollte die laufende Offensive erfolgreich sein, könnte der jahrelange Krieg gegen den IS in Syrien und im benachbarten Irak sein vorläufiges Ende erreichen. Die Dschihadisten haben seit dem Höhepunkt ihrer Macht im Sommer 2014 ihr früheres Herrschaftsgebiet fast vollständig verloren. In Baghus sollen noch viele ausländische IS-Anhänger und andere Kämpfer ausharren, die als besonders kampferprobt gelten. Dort rücken am Boden die SDF-Truppen vor, die von der Kurdenmiliz YPG angeführt werden. Sie hatten bereits in den vergangenen Monaten große Gebiete vom IS im Norden und Osten Syriens eingenommen.

US-Truppen im vergangenen Dezember auf dem Vormarsch in der Provinz Deir Essor (Foto: Getty Images/AFP/D. Souleiman)
US-Truppen im vergangenen Dezember auf dem Vormarsch in der Provinz Deir EssorBild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Ein Sieg über den IS in Baghus würde auch die Pläne von US-Präsident Donald Trump erleichtern, die rund 2000 amerikanischen Soldaten aus Syrien abzuziehen. Am Mittwoch hatte er erklärt, er rechne in naher Zukunft, eventuell schon nächste Woche, mit einer vollständigen Rückeroberung der IS-Gebiete. Einen offiziellen Zeitplan hat Trump bislang nicht vorgelegt. Das "Wall Street Journal" berichtete in der vergangenen Woche, der Abzug solle Ende April abgeschlossen sein.

Noch 2000 IS-Kämpfer in Ostsyrien?

Trumps Abzugspläne haben international massive Kritik ausgelöst. Militärs und Beobachter warnen, der IS sei trotz der Gebietsverluste noch nicht besiegt und könne wiedererstarken. In einem kürzlich vom US-Verteidigungsministerium veröffentlichten Bericht heißt es, der IS bleibe aktiv und könne in sechs bis zwölf Monaten wieder aufleben. Die Zahl der verbliebenen IS-Kämpfer im Osten Syriens wird darin auf 2000 geschätzt. Viele von ihnen sind in den großen Wüstengebieten untergetaucht, von wo aus sie Angriffe nach Guerillataktik verüben. IS-Kämpfer sollen sich auch unter Flüchtlinge gemischt haben.

Bei einem US-Abzug droht auch ein Angriff der Türkei auf die YPG. Die Regierung in Ankara sieht in der Miliz einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und hat sie als Terror-Organisation eingestuft. Die Kurden kontrollieren in Nordsyrien ein großes Gebiet an der Grenze zur Türkei und haben eine Selbstverwaltung errichtet. Die YPG ist der wichtigste Verbündete der USA in Syrien.

sti/gri/AR (dpa, afpe, rtre)