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Ifo-Index zeigt: Wirtschaft trotzt Corona

18. Dezember 2020

Die Industrie stützt dem Ifo-Institut zufolge die deutsche Wirtschaft inmitten des Corona-Lockdowns und verhindert damit einen größeren Konjunktureinbruch. Doch viele Ökonomen bleiben weiter vorsichtig.

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Konjunkturprognose der Forschungsinstitute
Bild: Uwe Anspach/dpa/picture-alliance

Die Stimmung in Deutschlands Unternehmen hat sich im Dezember trotz neuer Corona-Beschränkungen aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, Deutschlands wichtigster Konjunkturindikator, stieg zum Vormonat um 1,2 Punkte auf 92,1 Zähler, wie das Ifo-Institut am Freitag in München mitteilte. "Die deutsche Wirtschaft findet ein einigermaßen versöhnliches Jahresende", fasste Ifo-Experte Klaus Wolhrabe die Ergebnisse der Umfrage zusammen. 

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte den Experten des Münchener Wirtschaftsforschungsinstitutes zufolge im laufenden vierten Quartal leicht schrumpfen und zwar um 0,4 Prozent. Für den Jahresanfang 2021 rechnen die Forscher aber schon wieder mit einem Plus von 0,6 Prozent.

Von hoffnungsfroh bis katastrophal

Der Corona-Lockdown treffe zwar einzelne Branchen hart, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest: "Die deutsche Wirtschaft insgesamt zeigt sich jedoch widerstandsfähig." In der Industrie sei die "Auftragslage sehr gut", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. Lieferketten würden anders als im Frühjahr durch die Pandemie nicht gestört, die Produktion daher kaum beeinträchtigt.

Besonders die chemische Industrie und die Maschinenbauer seien im Aufwind. Auch die Exporterwartungen seien leicht gestiegen, angekurbelt etwa durch gute Geschäfte in China. "Die Nachfrage ist aber im Moment vor allem aus dem Inland getrieben", erklärte Wohlrabe. Davon profitieren auch einige Dienstleister - besonders die Transportbranche und die Logistiker. "Hier kommt noch dazu, dass der Online-Handel floriert", sagte der Ökonom. Der Einzelhandel insgesamt sei einigermaßen stabil.

Die Nachfrage nach langlebigen Konsumgütern - etwa Unterhaltungselektronik und Möbel - werde von der am Jahresende auslaufenden Senkung der Mehrwertsteuer angekurbelt. Weit weniger rosig sei die Lage für die vom Lockdown besonders betroffenen Bereiche wie Gastgewerbe, Reiseunternehmen und Kunst. Hier sei die Situation "weiter katastrophal".

 Timo Wollmershäuser
Ifo-Experte Klaus Wolhrabe: "Die deutsche Wirtschaft findet ein einigermaßen versöhnliches Jahresende."Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

"Gute Nachricht zum Jahresende"

Die meisten Volkswirte blieben bei ihrer Einschätzung aber eher vorsichtig: Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, vermutet, dass der jetzige Lockdown in der Umfrage nicht genügend berücksichtigt werden konnte. Zudem dürften die Konjunkturerwartungen von den zu erwartenden Massenimpfungen gestützt worden sein.

Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, sprach von einer guten Nachricht zum Jahresende. Die Unternehmen hätten ihre Erwartungen an den weiteren Konjunkturverlauf bereits vor der jetzigen Umfrage gesenkt, so dass der Lockdown den Firmenchefs nicht mehr ganz den Boden unter den Füßen wegziehe. Die Aussicht auf staatliche Überbrückungshilfen dürfte ebenfalls besänftigend wirken.

Weiterhin rechnen viele Ökonomen damit, dass Europas größte Volkswirtschaft im kommenden Jahr kräftig wächst. "Die Aussicht auf den baldigen Einsatz wirksamer Impfstoffe und die Erfolge bei der Pandemiebekämpfung in Asien immunisieren die Konjunktur und das Geschäftsklima", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Ein gewisses Paradoxon

Der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger, legt den Finger auf einen grundsätzlichen Widerspruch: "Die Corona-Pandemie dreht auf, und die Laune in Unternehmen bessert sich: Das passt nicht. Laut Ifo-Institut sind viele Fragebögen allerdings schon vor den jüngsten Lockdown-Beschlüssen eingegangen. Dies bedeutete dann aber, dass sich trotz guter Auftragslage noch Trübsal in der Pipeline befindet. Die Impfstoff-Euphorie jedenfalls hat den Erwartungen keinen nennenswerten Schub gegeben, diese waren im September deutlich höher. Der Lockdown wirft die Konjunkturerholung jedenfalls zurück, was nicht stimmungsförderlich ist."

dk/hb (dpa, rtr)