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Inflation im Mai so hoch wie lange nicht

15. Juni 2021

Teure Energie und höhere Mehrwertsteuer haben im Mai die Preise in Deutschland steigen lassen. Dieser Trend könnte im laufenden Jahr anhalten. Für den Euroraum erwartet die EZB allerdings eine moderatere Entwicklung.

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Bild: picture-alliance/dpa/Armin Weigel

Die Inflationsrate erreichte im Mai den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lag die Teuerungsrate bei 2,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Damit legte die Inflationsrate den fünften Monat in Folge zu.

Auch in den kommenden Monaten müssen sich die Verbraucher auf Preissprünge einstellen. Volkswirte rechnen damit, dass die Inflation im laufenden Jahr weiter anziehen wird, die Bundesbank hält Teuerungsraten um vier Prozent vorübergehend für möglich.

Mit 2,5 Prozent lag die Inflationsrate im Mai so hoch wie zuletzt im September 2011; noch höher gelegen hatte sie letztmals im September 2008 mit 2,8 Prozent.

Preistreiber: Energie

Verantwortlich für den Anstieg der Teuerungsrate sind vor allem höhere Preise für Energie. Sie legten im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um zehn Prozent zu. Hier wirkten sich nach Angaben des Bundesamtes auch "temporäre Sondereffekte" erhöhend aus - "insbesondere die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe sowie die niedrigen Preise für Energieprodukte vor einem Jahr".

Seit Januar sind in Deutschland 25 Euro Abgabe je Tonne Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Dadurch werden die Preise fürs Heizen und Tanken getrieben.

Zudem waren vor einem Jahr mit Ausbruch der Corona-Krise die Rohölpreise wegen geringer Nachfrage auf dem Weltmarkt zeitweise eingebrochen. Seither haben sie sich erholt.

Preise für Heizöl und Benzin kräftig gestiegen
Binnen Jahresfrist wurden Heizöl (plus 35,4 Prozent) und Kraftstoffe (plus 27,5 Prozent) teurerBild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Die Strompreise blieben den Statistikern zufolge hingegen nahezu konstant.

Wieder höhere Mehrwertsteuer wirkt auf Inflation

Ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate im Mai laut Bundesamt bei lediglich 1,8 Prozent gelegen, ohne Heizöl und Kraftstoffe nur bei 1,6 Prozent. Stattdessen hat die Teuerung in Deutschland nach zeitweise negativen Inflationsraten in der zweiten Jahreshälfte 2020 seit Beginn des laufenden Jahres stetig angezogen.

Ein zweiter Preistreiber ist außerdem die Mehrwertsteuer. Sie wurde in der Corona-Krise für ein halbes Jahr gesenkt, ist aber seit Januar wieder auf ihrem alten Niveau. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen im Mai unterdurchschnittlich (plus 1,5 Prozent).

Die Mehrwertsteuer wurde von Anfang Juli 2020 bis Ende Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenkt.
Die Mehrwertsteuer wurde von Anfang Juli 2020 bis Ende Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenktBild: picture-alliance/O. Network

Ausblick auf 2022

Die Inflationsrate in Deutschland steigt seit Jahresbeginn. Im Januar 2021 hatten die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um ein Prozent zugelegt, im Februar um 1,3 Prozent, im März um 1,7 Prozent und im April dann um zwei Prozent.

Im Gesamtjahr 2020 war der Preisanstieg mit 0,5 Prozent noch so gering ausgefallen wie zuletzt in der Finanz- und Wirtschaftskrise und lag deutlich unter dem von Zentralbanken meist angepeilten Ziel von knapp unter zwei Prozent.

Allerdings dürfte der Preisdruck im kommenden Jahr wieder nachlassen, erwarten die meisten Experten. "Eine nachhaltige Erhöhung der Teuerungsrate ist aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, denn aktuell sind keine Anzeichen einer Lohn-Preis-Spirale zu beobachten, die zu dauerhaft hoher Inflation führen kann", heißt es auch im aktuellen Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Eine solche Spirale kommt in Gang, wenn Gewerkschaften wegen höherer Preise kräftige Lohnerhöhungen durchsetzen, die wiederum die Unternehmen auf ihre Verkaufspreise aufschlagen könnten. Die Bundesbank rechnet im kommenden Jahr mit einer Inflation hierzulande von etwa 1,8 Prozent.

Lohn- und Gehaltsabrechnung: Steigen die Preise, müssen auch Löhne steigen, damit Arbeitnehmer nicht real weniger verdienen - so die Argumentation der Gewerkschaften.
Steigen die Preise, müssen auch Löhne steigen, damit Arbeitnehmer nicht real weniger verdienen - so die Argumentation der GewerkschaftenBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Euroraum am Inflationsziel

In ihrer jüngsten Prognose geht die EZB davon aus, dass sie im laufenden Jahr ihrem Inflationsziel sehr nahe kommen wird: Die Währungshüter rechnen mit einem Anstieg der Teuerung in den 19 Eurostaaten um 1,9 Prozent. Im kommenden Jahr dürfte der Preisdruck nach Einschätzung der Notenbank dann wieder nachlassen, die EZB erwartet 2022 eine jährliche Preissteigerung von 1,5 Prozent.

Im Euroraum strebt die EZB mittelfristig eine Jahresteuerungsrate von knapp unter zwei Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben - in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.

iw/bea (afp, rtr, dpa)