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Kiew: Ein Parlament nimmt Platz

27. November 2014

Nach dem Umsturz in der Ukraine gab es in Kiew zwei spannende Orte: den Maidan und das Parlament, die Oberste Rada. Nun sind dort die neugewählten Abgeordneten eingezogen und bestätigten Regierungschef Jazenjuk im Amt.

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Ukraine 1. Sitzung des neuen Parlaments 27.11.2014
Bild: Reuters/G. Garanich

Einen Monat nach dem Wahlsieg prowestlicher Kräfte ist das Parlament der krisengeschüttelten Ukraine erstmals zusammengetreten. Im Beisein von Präsident Petro Poroschenko stimmten die Abgeordneten unmittelbar zu Beginn über den Regierungschef ab - mit dem erwarteten Ergebnis: Ministerpräsident Arseni Jazenjuk bleibt an der Spitze einer proeuropäischen Koalition. Er erhielt 341 von 390 Stimmen. Fünf Parteien hatten sich nach der Wahl auf ein Bündnis verständigt, darunter der Block von Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk. Der frisch im Amt bestätigte Regierungschef telefonierte am Abend mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew.

Neue Verordnungen im Minutentakt

Rückblick: Als im Februar die Proteste auf dem zentralen Maidan-Platz den Umsturz in der Ukraine bewirkten, war es das Parlament, das quasi im Minutentakt alte Gesetze aufhob und neue Verordnungen verabschiedete. Wie in einer Art Rausch nahmen die damaligen Abgeordeneten Abschied von der alten Ordnung - doch wie die neue Ordnung aussehen sollte, davon hatte seinerzeit niemand eine Vorstellung.

Jetzt, nach der Parlamentswahl, ist die Ukraine zwar weiterhin von Russland und den Separatisten bedroht. Doch eine neue Ordnung in Kiew ist greifbar. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten, sagte Parlamentspräsident Alexander Turtschinow. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten.

EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn sprach zu Beginn eines zweitägigen Besuchs in Kiew mit Vertretern aller Parteien über die Krise im Land. Der Österreicher lotete auch die Chancen für eine weitere Annäherung des Landes an die EU aus. Kremlsprecher Dmitri Peskow zufolge besprach auch der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Telefonat mit Poroschenko die Lage im Konfliktgebiet Ostukraine. Details nannte Peskow zunächst nicht, aber aus Moskau war zu hören, dass es vor allem um den Südosten der Ukraine gegangen sei - und um die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten überhaupt. Wenn man von Beziehungen noch sprechen mag.

Ukraine erste Sitzung des neuen Parlaments 27.11.2014
Ministerpräsident Jazenjunk begrüßt Julia Timoschenko, die den Posten auch einmal inne hatteBild: Reuters/G. Garanich

Der Sohn ist versorgt

Für gewisse Unruhe sorgt in Kiew übrigens ein junger Parlamentsabgeordnete, der den Namen des Staatschefs trägt: Alexej Poroschenko (29) ist der älteste Sohn des Präsidenten und zog in die Oberste Rada ein. Kritiker werfen Poroschenko nun vor, er versorge Familie und Freunde mit "Pöstchen" und betreibe damit jene Klientelpolitik, die er öffentlich verdamme. Petro Poroschenko folgt gewissermaßen einer "Tradition": Auch der nach Russland geflüchtete Ex-Präsident Viktor Janukowitsch ließ seinerzeit seinen Sohn Viktor ins Parlament wählen.

ml/qu (dpa,afp)