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Syrien-Konferenz in Tunis

23. Februar 2012

Die Syrien-Konferenz in Tunis will ein Zeichen gegen das gewaltsame Vorgehen des Regimes von Präsident Assad setzen. Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich im DW-Interview über Deutschlands Beitrag.

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Syrer, die mit Flagge protestieren (Foto: AP/dapd)
Bild: AP

DW: Welches Signal kann von dieser Konferenz der Kontaktgruppe "Freunde des syrischen Volkes" ausgehen?

Rolf Mützenich: Eine Aufwertung des Syrischen Nationalrates (SNC), also der Organisation, in der sich ein großer Teil der Opposition sammelt. Das kann zu einem wichtigen Merkmal dieser Konferenz werden, zumal der Nationalrat ja auch zur Teilnahme eingeladen wurde. Zum anderen besteht ein wichtiges Zeichen darin, dass das Treffen ausgerechnet in dem Lande stattfindet, in dem der Umbruch in der Arabischen Welt seinen Ausgang genommen hat. Und zum Dritten liegt die Bedeutung in der Teilnahme der meisten arabischen Staaten, die eine bemerkenswerte Führungsrolle bei den Bemühungen zur Beilegung dieser Krise übernommen haben.

Sollte Deutschland den Syrischen Nationalrat jetzt diplomatisch als legitime Vertretung des syrischen Volkes anerkennen?
Dieser Schritt sollte nicht bilateral erfolgen. Er muss vor allem innerhalb der EU abgestimmt werden. Die Statusfrage ist aber nicht so entscheidend. Es muss vor allem darum gehen, der syrischen Opposition deutlich zu machen, dass sie sich möglichst unter einem Dach sammelt und auch gemeinsame Forderungen aufstellt. Das würde es auch der internationalen Staatengemeinschaft erleichtern, auf diese Forderungen im internationalen Kontext einzugehen.

Rolf Mützenich im Bundestag (Foto: dpa)
Rolf MützenichBild: picture-alliance/dpa

Wie bewerten Sie die Rolle Russlands, das seine Teilnahme an der Konferenz inzwischen abgesagt hat? Gauben Sie, dass man Moskau von seiner Blockadehaltung im UN-Sicherheitsrat noch abbringen kann?

Das muss man jeden Tag neu versuchen. Ich bin sehr enttäuscht darüber, wie Russland in diesem Zusammenhang gehandelt hat. Russland hat durch seine Ablehnung des Resolutionsentwurfes im UN-Sicherheitsrat, der den Bedenken Moskaus ja in weitem Umfang Rechnung getragen hatte, eine große Verantwortung auf sich geladen. Jetzt muss Russland zu einer Beilegung der Krise im Sinne der Menschen beitragen, indem es auf das Regime von Baschar al-Assad Druck ausübt. Insbesondere wenn es jetzt unmittelbar darum geht, humanitäre Zugänge zu schaffen.

Wie sollen diese humanitären Zugänge aussehen?

Wir müssen der Türkei und anderen Nachbarländern Syriens, die Flüchtlinge aufnehmen, Hilfe im humanitären Bereich anbieten. Zum Zweiten muss die Europäische Union noch koordinierter vorgehen, insbesondere bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Es darf keine Zurückweisungen mehr geben, und es muss eine Perspektive geschaffen werden.

Die Vereinten Nationen haben erste Schritte eingeleitet, um ein Verfahren gegen Syriens Präsidenten Assad und andere Mitglieder seiner Regierung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einleiten zu können. Glauben Sie, dass dies auf das Regime Eindruck machen kann?

Ich bin etwas hilflos zu sagen, was dieses Regime überhaupt noch zu beeindrucken vermag. Möglicherweise wäre eine Anklageerhebung ein wichtiges Zeichen, vor allem wenn Rechtsförmigkeit hergestellt werden kann. Ein internationales Verfahren ist dringend notwenig. Wir sehen, dass die Vereinten Nationen hierbei eine wichtige Rolle spielen können, vor allem bei der Koordination.

Müsste man nicht auch die Sanktionsschraube gegenüber dem Regime in Damaskus noch weiter anziehen?

Das ist sehr wohl möglich, ist aber nur sinnvoll, wenn es auch wirklich die einzelnen Repräsentanten des Regimes trifft. Das wäre besonderes dann der Fall, wenn alle Mitglieder der Vereinten Nationen hieran mitwirken. Das ist bisher leider nicht der Fall. Deswegen muss der Druck auf die Staaten erhöht werden, die sich den Sanktionen bisher nicht angeschlossen haben.

Rolf Mützenich ist außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Das Interview führte Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Michael Borgers