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Politik

Das Beben in Bayern

Rosalia Romaniec | DW Mitarbeiterin | Leiterin Current Politics
Rosalia Romaniec
14. Oktober 2018

Die CSU erlebt am Wahlabend in Bayern eine historische Schlappe. Die Verantwortung dafür trägt vor allem Horst Seehofer. Und das hat Folgen für die Bundespolitik, meint Rosalia Romaniec.

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Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Diese Wahl ändert vieles. Nicht nur in Bayern. Was jahrzehntelang erfolgreich funktionierte - die CSU als eine christliche, konservative und gleichzeitig soziale Partei glaubwürdig den Wählern zu vermitteln -, ist ab jetzt vorbei. Von fast 48 auf 37,2 Prozent abgerutscht - das kann man nicht schönreden, das ist eine historische Schlappe.

Eins muss man vorweg sagen: Dieses Fiasko der bayrischen Volkspartei ist kein Kollateralschaden. Es ist nicht der Erfolg der anderen, der die Niederlage der CSU herbeiführte. Den Erdrutsch der Christsozialen hat die CSU-Parteiführung selbst zu verantworten.

Gewinner links und rechts der CSU

Die eigentliche Überraschung dieser Wahl ist der Erfolg der Grünen. Mit 17,5 Prozent haben sie ihre Stimmanteile in Bayern verdoppelt und sind auf dem besten Weg, die neue Volkspartei zu werden. Auch bundespolitisch.

In Bayern liefen viele CSU-Wähler zu den Grünen über, weil sie das Christliche, das die Konservativen im Namen führen, ernster nehmen als diese. Vor allem CSU-Parteichef Horst Seehofer scheint es vergessen zu haben. Aber viele Menschen wollen sich offenbar nicht einreden lassen, dass die Angst vor Islamisierung größer sein muss als Vernunft und Nächstenliebe.

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DW-Redakteurin Rosalia RomaniecBild: DW/B. Geilert

Der andere Gewinner - die rechtspopulistische AfD - ist keine Überraschung. Ihr Einzug in den fünfzehnten von 16 deutschen Landtagen, entspricht dem bundesweiten Trend. Dass sie nicht, wie befürchtet auf 20, sondern "nur" auf rund zehn Prozent kommt, ist schlimm genug, aber nicht zwingend nur als Rechtsruck zu bewerten. Es ist Ergebnis einer Protestwahl und auf die Fehler der CSU zurückzuführen.

Der größte Fehler: Der Tabu-Bruch an der rechten Flanke. Seit Jahrzehnten folgte die bayerische Partei ihrem Übervater Franz-Josef Strauß und ließ rechts von ihr keine weitere konservative Kraft zu. Das war wichtig, auch auf Bundesebene: In der Union erfüllte die CSU als die konservativste Kraft eine politische Funktion. Jahrzehntelang hat es funktioniert, bis 2018 die bayerische Parteispitze in Panik geriet und die Politik der AfD kopierte. Als der Fehler auffiel, hatte ihr Vorsitzender - ein Besserwisser und Merkel-Widersacher - schon zu viel kaputt gemacht. Herr Seehofer, Sie haben sich verzockt! Heute sind Sie der Verantwortliche und Verlierer.

Das bajuwarische Beben erreicht Berlin

Die Folge von Seehofers Polterei ist die Erosion der ganzen Union. Vom Drama der SPD ganz zu schweigen. Die Sozialdemokraten rutschten in Bayern von 20 auf unter 10 Prozent ab. Damit wird ihre Krise noch sichtbarer. Wenn eine Partei, die in Berlin mitregiert, einen solchen Erdrutsch bei einer wichtigen Landtagswahl erlebt, bleibt es kaum ohne Folgen.

Die SPD kommt aus der Rolle der Getriebenen nicht heraus. Sie muss Ruhe bewahren und mit eigenen Inhalten punkten - doch das ist leichter gesagt als getan. Denn ihre Führung bekommt viel Gegenwind aus den eigenen Reihen - von derjenigen, die ein Ende der Großen Koalition fordern. Reibereien und Streit sind nicht nur parteiintern, sondern auch in der Merkel-Regierung absehbar.

Jetzt blickt Deutschland auf die nächste Landtagswahl - in zwei Wochen wird in Hessen gewählt. Für die Regierungsparteien könnte es eine Schicksalswahl werden. Sollten beide - die Union und die SPD - hohe Verluste erleiden, könnte die Koalition bald ordentlich wackeln. Nur wenige Wochen später steht die Wiederwahl von Angela Merkel zur CDU-Parteichefin an. Die Bayernwahl hat keinesfalls geholfen, ihre Position und Regierung zu stärken.

Rosalia Romaniec | DW Mitarbeiterin | Leiterin Current Politics
Rosalia Romaniec Leiterin Current Politics / Hauptstadtstudio News and Current Affairs@RosaliaRomaniec