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Politik

Trumps Twitter-Angriff

Maaß Birgit Kommentarbild App
Birgit Maaß
30. November 2017

Theresa May hat den US-Präsidenten in seine Schranken gewiesen. Das war richtig nach seinen Retweets islamfeindlicher Videos. Die USA sind kein verlässlicher Partner mehr für Großbritannien, meint Birgit Maaß.

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Brüssel Theresa May & Donald Trump
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Dunham

Es ist noch nicht lange her, gerade erst ein gutes Jahr, da wurde in Großbritannien die Labour-Abgeordnete Jo Cox auf offener Straße ermordet. Der Täter hatte, bevor er mit einem Messer auf sie einstach, "Britain First" gerufen - den Namen der Organisation, deren rassistische Videos der US-Präsident nun an seine Millionen von Anhängern weiterleitete. Theresa May hat völlig korrekt reagiert und deutliche Worte gefunden, als sie verlauten ließ, die Verbreitung dieser Hass-Videos sei falsch. Dass Donald Trump daraufhin konterte, sie solle sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, dürfte niemanden überraschen - denn mit Kritik gelassen umzugehen, gehört nicht zu den Stärken das Mannes im Weißen Haus.

Mays vergebliches Werben um Trumps Zuneigung

Er verhält sich impulsiv und ignorant, und ist damit kein verlässlicher Partner mehr für Theresa May. Dabei hatte sie hatte alles getan, um seine Freundschaft zu gewinnen. Direkt nach der Wahl war sie die erste Staatschefin, die zur Gratulation in Weiße Haus reiste. Unvergessen die Bilder: Theresa May und Donald Trump Hand in Hand - sie habe ihn stützen wollen, weil er Angst vor Treppen habe, erklärte die Britin später. Das Unbehagen war ihr damals ins Gesicht geschrieben, trotzdem hielt sie ihm ihren Arm hin. Ein Kontrast zum Verhalten anderer europäischer Regierungschefs: Angela Merkel zum Beispiel zeigt sich gegenüber dem US-Präsidenten stets höflich-distanziert.

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Birgit Maaß ist DW-Korrespondentin in London

Großbritannien hält seit jeher große Stücke auf die USA, ist stolz auf die sogenannte "special relationship", die "besondere Beziehung": Seite an Seite kämpften die beiden Mächte in zwei Weltkriegen gegen Deutschland, im Irak-Krieg stand Tony Blair treu an der Seite von George W. Bush. Man teilt nicht nur eine gemeinsame Sprache, sondern auch Informationen durch die jeweiligen Geheimdienste. Und seit der Entscheidung für den Brexit will sich die britische Regierung den USA auch wirtschaftlich noch weiter annähern - möglichst schnell nach dem Austritt aus der EU soll ein Freihandelsabkommen mit den Amerikanern abgeschlossen werden.

Aber Trumps Twitter-Angriff zeigt einmal mehr, was für ein unsicherer Kandidat der US-Präsident ist. Er stellt die "besondere Beziehung" auf die Probe wie noch niemand vor ihm. Und vielleicht ist dies erst der Anfang. Denn noch haben wir es nur mit Worten zu tun. Mit unkontrollierten Tweets, mit Beleidigungen wie gegenüber dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un, er sei ein "kranker junger Hund". Was aber, wenn den Worten Taten folgen? Denn noch wissen wir nicht, ob der mächtigste Mann der Welt nur bellt und gar nicht beißt. Was passiert, wenn er irgendwo auf der Welt einen Streit anzettelt, um von seinen Problemen im eigenen Land abzulenken? Wenn ihn zum Beispiel schlechte Umfragewerte zu sehr in seinem Stolz kränken? Dann machen sich auch diejenigen mitschuldig, die ihn nicht, soweit es in ihrer Macht steht, in seine Schranken gewiesen haben.

Gerade jetzt müsste Europa solidarisch sein

Theresa May hat in diesem Fall endlich einmal das Richtige getan. Aber immer deutlicher wird: Was die Zukunft Großbritanniens angeht, bewegt sie sich auf sehr dünnem Eis. Und es steht viel auf dem Spiel: Das Nuklear-Abkommen mit dem Iran, der Kampf gegen den Klimawandel, der Frieden zwischen Nord- und Südkorea. Mehr denn je wäre europäische Solidarität nötig im Umgang mit den USA - aber dummerweise macht der Brexit gerade das so schwer.

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