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Gut gewählt, Südafrika!

Pelz Daniel Kommentarbild App
Daniel Pelz
6. August 2016

Südafrikas Wähler haben der Regierungspartei ANC bei den Kommunalwahlen einen Denkzettel verpasst. Der war auch dringend nötig. Offen bleibt, ob Jacob Zumas Partei daraus auch Konsequenzen zieht, meint Daniel Pelz.

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Südafrika Kommunalwahlen
Bild: Getty Images/AFP/G. Guercia

Bei solch einem Wahlergebnis würden die meisten Parteichefs in Europa auf den Tischen tanzen: 54 Prozent der Stimmen gewonnen, stärkste Kraft im Land geworden.

Für Südafrikas Regierungspartei ANC dagegen ist dieses Ergebnis eine bittere Niederlage. Das schlechteste Wahlergebnis seit dem Ende der Apartheid-Ära 1994, nur noch zweitstärkste Kraft in der Hauptstadt Pretoria. In der fünftgrößten Stadt ist der ANC abgewählt worden - ironischerweise heißt sie "Nelson Mandela Bucht." Die stolze Regierungspartei wirkt zum ersten Mal verwundbar.

Die Wähler sagen: Mit uns nicht!

Südafrikas Wähler haben Nelson Mandelas Erben die gelbe Karte gezeigt. Und das zu recht. Denn Südafrika steckt in der Krise. Die Arbeitslosigkeit grassiert, die Wirtschaft stagniert, noch immer ist der Wohlstand ungleicher verteilt als in vielen anderen Ländern der Welt.

Doch dazu fällt Präsident Zuma und dem ANC nichts ein - von Klassenkampf-Parolen, Liedern aus dem Freiheitskampf und Solidaritätsbekundungen an die Armen im Wahlkampf einmal abgesehen. Schlimmer noch: Intern nutzen Zuma und hochrangige Funktionäre das Land als Selbstbedienungsladen. Kurz vor der Wahl wurde der Präsident verurteilt, rund 462.000 Euro an den Staat zurückzuzahlen. Er hatte Steuergelder zweckentfremdet und damit den Ausbau seines Privathauses finanziert.

Bei den Kommunalwahlen hat fast die Hälfte aller Südafrikaner nun klar gemacht: Mit uns nicht! Hoffentlich hat der ANC das Signal verstanden. Viel zu lange ließ die Partei ihren Chef gewähren. Egal, was Zuma anstellte - die ihm treu ergebenen ANC-Abgeordneten sorgten dafür, dass ihr Vorsitzender im Parlament jeden Misstrauensantrag überstehen konnte.

Foto von DW-Redakteur Daniel Pelz.
Daniel Pelz ist Korrespondent für die DW-Afrikaprogramme in Berlin

Auch wenn der ANC landesweit noch immer eine komfortable Mehrheit hat: Der Druck auf den Staatschef wird steigen. 2019 stehen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Zuma kann nicht mehr antreten. Nach dieser bemerkenswerten Wahl ist die Chance groß, dass der ANC in drei Jahren eine noch höhere Niederlage einfahren wird. Daher fürchten schon jetzt viele um Posten und Pfründe, die sie auch nach 2019 behalten wollen.

Gelähmter ANC?

Wenn der ANC keine höheren Verluste einfahren will, muss die Partei jetzt handeln: endlich offene Diskussionen über die Fehler und Versäumnisse in der Vergangenheit wagen, die Korruption bekämpfen, in der Wirtschafts- und Sozialpolitik den Kurs ändern. Und vor allem endlich einsehen, dass der ANC nicht der Eigentümer Südafrikas ist, sondern ein Diener seiner Bevölkerung.

Doch wahrscheinlich ist das nicht. Viel eher besteht die Gefahr, dass sich die einstmals stolze Regierungspartei in Flügelkämpfen lähmt. Potenzielle Zuma-Nachfolger werden versuchen, sich als künftige Parteichefs und Staatspräsidenten in Stellung zu bringen. Mit Sachpolitik werden solche Kämpfe selten entschieden. Eine solche Entwicklung wäre ein schwerer Fehler: Drei Jahre Lähmung kann Südafrika sich nicht leisten. Und die Partei auch nicht. Denn die Botschaft dieses Wahlergebnisses lautet: Wenn ihr nicht endlich etwas tut, verliert ihr 2019 noch höher.

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