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Hoeneß kann FC Bayern nicht mehr führen

Jonathan Harding 1326 Latin Bonn 201503 18
Jonathan Harding
28. Dezember 2018

Uli Hoeneß wird wohl noch mehrere Jahre eine feste Größe beim FC Bayern München bleiben. Aber ist das auch gut für den Verein? DW-Redakteur Jonathan Harding meint, dass der Klub einen Neuanfang verdient.

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Fußball Bundesliga Jahreshauptversammlung 2018 FC Bayern München Uli Hoeneß
Bild: picture-alliance/SvenSimon/F. Hoermann

Anfeindungen und Buhrufe auf der jüngsten Jahreshauptversammlung des FC Bayern München, Unmut über den öffentlich ausgetragenen Disput mit Ex-Intimus Paul Breitner und den jüngsten Sponsoren-Deal mit Qatar Airways, die Pressekonferenz des Klubs samt Rundumschlag von Vereinspräsident Uli Hoeneß gegen Medienvertreter und die persönlichen Tiraden und Nachreden des Präsidenten gegen ehemalige Trainer und Spieler des Klubs - und trotzdem wurde Hoeneß kürzlich einstimmig als Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG wiedergewählt. 

Kein Heilsbringer 

Darüber kann man sich mit Recht empören: Hoeneß, der sich auf der erwähnten außerordentlichen Pressekonferenz weitere Kritik an Klub und Spielern verbat und mehr Respekt einforderte, hat auf der anderen Seite kein Problem damit, fragwürdige Sponsorendeals mit Ländern einzufädeln, in denen Menschenrechtsverletzungen zum Alltag gehören.

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DW-Redakteur Jonathan Harding

Das ist der gleiche Hoeneß, der nach 42 Monaten Haft als verurteilter Steuerhinterzieher beim deutschen Rekordmeister unter allgemeinem Applaus auf die große Bühne zurückgekehrt und als Heilsbringer gefeiert worden war. All das entspricht in keiner Weise dem Bild eines verantwortungsvoll handelnden Menschen - ganz zu schweigen von den Ansprüchen, die ein sich selbst als vorbildlich begreifender Fußball-Klub haben und wertschätzen sollte.

Anspruch und Realität 

Unter Hoeneß wird mit zweierlei Maß gemessen: Geht es um den Klub oder Hoeneß und die seinen, sind sachliche Ungenauigkeiten grundsätzlich kein Problem. Kritik, in einer offenen und demokratischen Gesellschaft selbstverständlich, versucht man auf der anderen Seite aber zu minimieren. 

Aufgrund der eigenen Verdienste und Erfolge - mit Recht - Respekt einfordern zu können, erfordert auf der anderen Seite unumgänglich, diese Form von Respekt als Werte auch selber nach außen zu verkörpern - und eben nicht zu glauben, sich selbst nicht an die Regeln des respektvollen Umgangs miteinander halten zu müssen.  

Bayern  - Paul Breitner Der ehemalige Profi des Fc Bayern München
In Ungnade gefallen: Klub-Ikone Paul BreitnerBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Natürlich: Die kommerzielle Entwicklung des Klubs ist ein wichtiges und berechtigtes Anliegen, doch muss jede geschäftliche Beziehung auch hinsichtlich des Preises, den Gesellschaft und Menschen dafür möglicherweise bezahlen, bedacht werden, bevor man sie aufnimmt. Hoeneß' konsequente Weigerung, das zu akzeptieren und danach zu handeln führt dazu, dass der Bayern-Präsident in seiner eigenen Realität lebt und dadurch die Werte, für die sein Klub stehen soll, ad absurdum führt. 

Pressekonferenz als Schachzug?

Möglicherweise war die erwähnte Pressekonferenz insofern ein kluger Schachzug der Bayern-Führung um Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, dass man damit von der Kritik und den Diskussionen um den zu dieser Zeit angezählten Trainer Niko Kovac ablenken wollte. Sollte das der Fall sein, wäre der Preis in Form des Imageschadens, den dieser Rundumschlag mit sich bringt, aber in jedem Fall zu hoch.

Auf der Jahreshauptversammlung wirkte der Präsident überrascht, mitunter sogar schockiert über die Wucht, mit dem ihn die massive Kritik von Teilen der Mitglieder getroffen hatte. Anschließend sprach der sichtlich angeschlagene Vereinspräsident von der Hoffnung, dass sich dieses feindselige Klima wieder ändern würde. "Sonst ist das nicht mehr mein FC Bayern", so Hoeneß.

Glücklicherweise war der FC Bayern München nie der Verein des Uli Hoeneß - zumindest nicht ausschließlich. Es ist bemerkenswert: Angesichts der Ereignisse des Jahres 2018 ist mittlerweile naheliegend, was lange Zeit fast unvorstellbar schien: Uli Hoeneß ist für Bayern München nicht mehr der richtige Mann an der Spitze.