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Politik

Wettlauf um Afrika

Kommentatorenporträt Hans Brandt
Hans Brandt
19. November 2019

Die Investitionsinitiative "Compact with Afrika" kommt nicht wirklich voran. Russland und China stellen weit weniger Bedingungen. Doch für die Menschen in Afrika wird sich das nicht auszahlen, meint Hans Brandt.

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Mali Bamako - Brückenbau
Bild: picture-alliance/Photoshot

Eigentlich ist "Compact with Africa" eine Initiative der G20, entstanden 2017, als Deutschland den Vorsitz der globalen Gruppe hatte. Inzwischen aber hat Berlin die Federführung so deutlich übernommen, dass der Pakt wie ein deutsches Projekt erscheint. Das hat vor allem mit dem Interesse von Bundeskanzlerin Angela Merkel für Afrika zu tun, das sie in diesen Tagen in ihrer wöchentlichen Videobotschaft und einem TV-Interview erneut betonte. Hinzu kommen das Engagement von deutschen Ministerien und der deutschen Wirtschaftsverbände, deren Afrika-Verein am Dienstag zum dritten Mal zu einer Investment-Konferenz nach Berlin einlud. Danach begann im Kanzleramt das zweitägige Gipfeltreffen der zwölf "Compact with Africa"-Staats- und Regierungschefs mit Merkel und Vertretern multilateraler Organisationen.

Das politische Interesse Deutschlands und Europas an dem Pakt ist unverkennbar: Es ist kein Zufall, dass vor allem Länder aus Nord- und Westafrika Teil der Initiative sind. Aus diesen Regionen drängen die meisten Flüchtlinge nach Europa. Hier Stabilität und Arbeitsplätze zu schaffen, hier der sehr jungen Bevölkerung eine Zukunftsperspektive zu bieten, ist von zentraler Bedeutung, um die Migration zu bremsen. Merkel warnte allerdings, dass die Sicherheitslage gerade in der Sahelzone und auch in Libyen weiterhin so schlecht sei, dass wirtschaftliche Entwicklung noch nicht uneingeschränkt möglich ist. Auch deshalb sind deutsche Soldaten an Missionen zur Stabilisierung der Region beteiligt.

Riesige potenzielle Märkte

Wirtschaftlich ist Afrika durchaus attraktiv: Es gibt es Hunderte Millionen potenzielle Konsumenten, viele von ihnen jung. Der Nachholbedarf ist enorm, die grundsätzliche Konsumbereitschaft ebenfalls. Aber es fehlt oft schlicht am Geld, mit dem die Menschen sich ihre Wünsche erfüllen können. Das gilt auch für afrikanische Staaten bei der Entwicklung von Infrastruktur, der Ausbeutung von Bodenschätzen oder dem Aufbau von landwirtschaftlichen oder industriellen Projekten.

Kommentatorenporträt Hans Brandt
Hauptstadtkorrespondent Hans BrandtBild: DW/S. Kinkartz

Die Bundesregierung hat wiederholt an deutsche Unternehmen appelliert, stärker in Afrika zu investieren. Sie hat einen Investitionsfonds von einer Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, ist sogenannte bilaterale "Reformpartnerschaften" mit Tunesien, Ghana und der Elfenbeinküste eingegangen und will solche Abkommen in Kürze auch mit Ägypten, Marokko und Tunesien abschließen. Merkel sprach am Dienstag von Fortschritten. Tatsächlich aber haben all diese Schritte bisher wenig gefruchtet. Der Erfolg des "Compact with Africa" bleibt hinter den Hoffnungen und Erwartungen der afrikanischen Partnerländer (und Deutschlands) zurück.

Grund dafür ist die Struktur der Initiative. Es geht ausdrücklich nicht um staatliche Hilfsgelder für afrikanische Länder, sondern um die Förderung von privaten Investitionen. Dafür müssen die Zielländer Reformen umsetzen, Rechtssicherheit, verlässliche Finanzierung und transparente Geschäfte garantieren. Doch selbst wo diese Vorbedingungen erfüllt sind, fließen bisher kaum Investitionen.

Russen und Chinesen machen weniger Auflagen

Denn während deutsche und europäische Unternehmen oft noch zögern, sich in Afrika zu engagieren, sind afrikanische Länder auf eine Kooperation mit Deutschland und den G20-Partnern keineswegs angewiesen. Im globalen Wettbewerb um Einfluss und Märkte in Afrika drängen Länder wie China oder Russland mit sehr viel mehr Geld und deutlich geringeren Auflagen auf den Kontinent. Russland bietet militärische Hilfe und verkauft Kernkraftwerke - beides Gebiete, auf denen andere Industrieländer sehr zurückhaltend agieren. China hat mit günstigen Krediten milliardenschwere Infrastrukturprojekte umgesetzt, auch in den Compact-Ländern. Etwa 300 Milliarden Dollar sind seit 2015 aus China nach Afrika geflossen, vor einem Jahr versprach Präsident Xi Jinping weitere 60 Milliarden Dollar. Dagegen, das räumt auch Merkel ein, sind die Beträge aus dem "Compact with Africa" gering.

Andererseits macht sich in Afrika inzwischen ein gewisser Unmut über China breit: In einzelnen Fällen ist die Verschuldung so schnell gestiegen, dass selbst die günstigen chinesischen Kredite nicht mehr bedient werden können. Das kann dazu führen, dass ein Staat wichtige Industrievorhaben oder Infrastrukturprojekte an China abtreten muss. Der Vorwurf, dass damit ein "Ausverkauf" stattfindet, wird immer wieder erhoben.

Der "Compact with Africa" bietet deshalb auch Chancen. Die Initiative mag schwerfälliger sein, sowohl für die daran beteiligten Länder als auch für interessierte Unternehmer. Sie hat in drei Jahren noch nicht wirklich Fahrt aufgenommen. Aber im besten Fall schafft der G20-Plan einen verlässlichen Rahmen für privatwirtschaftliche Investitionen in Afrika. Das ist berechenbarer für alle Beteiligten - und langfristig besser für die Partnerländer in Afrika und die dort lebenden Menschen.