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Kritik im Netz an Merkels Tröst-Versuch

Janina Semenova16. Juli 2015

Ein libanesisches Flüchtlingskind fängt beim Bürgerdialog mit Angela Merkel an zu weinen, weil sie abgeschoben werden könnte. Merkel versucht, tröstende Worte finden. Doch ihre Reaktion löst eine Debatte im Netz aus.

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Bundeskanzlerin Merkel trifft Flüchtlingsmädchen
Bild: picture-alliance/dpa/NDR

Reem heißt das libanesische Mädchen, das seit vier Jahren in Deutschland lebt und perfekt Deutsch spricht. Beim Bürgerdialog in Rostock unterhielt Reem sich mit der Kanzlerin. Sie erzählte von ihrem Traum, zu studieren - und auch von der Sorge, abgeschoben zu werden.

Vor laufender Kamera fing das Mädchen an zu weinen. Merkel ging zu ihr hin, streichelte ihre Schulter und sagte: "Das hast du doch prima gemacht." Diese Szene zeigt ein Youtube-Video der Sendung "NDR Aktuell". Blitzschnell verbreitete sich das Video in sozialen Netzwerken.

Unter dem Hashtag #Merkelstreichelt erntet die Bundeskanzlerin dafür beim Kurznachrichtendienst Twitter viel Kritik und Spott. In dem sozialen Netzwerk schlägt die Empörung der Nutzer schnell hohe Wellen: Tausende twittern mit dem Hashtag #Merkelstreichelt.

Der deutsche Fernsehmoderator Jan Böhmermann, Moderator der satirischen Show "Neomagazin Royale", sieht das Ganze natürlich mit beißendem Humor.

Der Blogger Sascha Lobo hält anscheinend nicht viel von Merkels Einfühlsamkeit.

Auch Politiker äußern sich auf Twitter zu #Merkelstreichelt. So nutzt die Opposition - hier die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt - den heiß diskutierten Auftritt der Kanzlerin zur Kritik an der Politik der Bundesregierung.

Die Bundesregierung schreibt auf der offiziellen Internetseite des Projekts "Gut leben in Deutschland": "Das Mädchen musste weinen und wischte ihre Tränen mit einem Taschentuch weg". Zuvor soll dort gestanden haben: "Vor lauter Aufregung musste das Mädchen schließlich weinen". Der Journalist Ruchard Gutjahr verurteilt, dass die Bundesregierung den Bericht angepasst hat, nachdem Empörung laut wurde.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung kritisiert auf ihrem Online-Auftritt, dass das Video aus der Sendung "NDR Aktuell" nicht die komplette Wahrheit zeigt, weil es gekürzt worden ist. Aber auch die komplette, offizielle Version des Videos kommt nicht gut an.

Es gibt in den sozialen Netzwerken aber auch Stimmen, die sich mit Merkel solidarisieren.

Doch eine Frage, die sich viele stellen, bleibt: Wie hätte Angela Merkel sich in dieser Situation verhalten sollen?

Mittlerweile hat der NDR eine nach eigenen Angaben die ungekürzte Version des Videos hochgeladen. Für viele Nutzer sozialer Netzwerke macht das allerdings keinen Unterschied - sie kritisieren Merkel trotzdem für ihr Verhalten gegenüber der Schülerin Reem.