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Luxus muss sein

14. November 2008

In unserer Rubrik "Mail aus..." berichten unsere Korrespondenten über lustige und skurrile Geschichten aus ihrem Alltag im Gastland. Dieses mal schreibt Kirstin Hausen aus Italien.

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Die Scala in Mailand am Abend (6.12.2004/AP)
Mailand kann sich nicht jeder leistenBild: AP

Sonntag bin ich bei Freunden in Buccinasco eingeladen. Buccinasco ist ein Vorort von Mailand. Meine Freunde sind dorthin gezogen, weil sie sich das Wohnen in Mailand nicht mehr leisten können mit ihren drei Kindern. Halb Buccinasco kann sich Mailand nicht mehr leisten. Und trotzdem wird es morgen Sahnekuchen aus der besten Konditorei am Platz geben: formvollendete Kunstwerke mit Schokohäubchen, cremegefüllte Windbeutel und elegante Kringel aus zartem Mürbeteig zu einem Preis von 35 Euro das Kilo.

So schlecht kann es der Familie dann ja nicht gehen, meinen Sie? Falsch. Meine Freunde würden ihren Kindern eher eine Woche lang Wasser und Brot servieren als mir billigen Kuchen. Das ist eine Frage der Ehre! So wie das fünfgängige Menü am Ersten Weihnachtstag und die Flasche Schampus an Silvester.

Italiener sind keine Umweltengel

Torte
Sahnkuchen statt DoppelverglasungBild: cc-by Alexander Pfeiffenberger

„Geiz ist geil“ – der Werbespruch würde in Italien einfach nicht funktionieren. Geiz ist verpönt und Sparen eine lästige Notwendigkeit in der Krise. Aber Spaß macht das hier niemandem. Statt Schnäppchen lieben die Italiener, und die Mailänder ganz besonders, Feines, Teures, etwas zum Herzeigen und Drauf-stolz-sein-Können. Und ein bisschen Luxus muss sein, selbst wenn es vom Munde abgesparter Luxus ist.

Das gilt vor allem für Geschenke. Die Tochter bekommt an Heiligabend das schicke Seidenkleid, der Sohn das neue Smartphone, die Mama das teure Parfüm wie jedes Jahr, gespart wird an den Alltagsdingen und an Sachen, die zwar vernünftig sind, aber wenig Sexappeal haben wie beispielsweise doppelverglaste Fensterscheiben oder Energiesparbirnen.

Umweltengel sind die Italiener wahrlich nicht. Deshalb werde ich meinen Freunden morgen auch einen Blumenstrauß mitbringen, der in raschelndes Zellophan gehüllt ist und nicht einfach in ökobraunes Papier gewickelt. Alles andere wäre ein Affront, eine Beleidigung. Kommen Sie um Himmels willen nicht auf die Idee, italienischen Freunden etwas Praktisches zu schenken. Das gäbe nur enttäuschte Gesichter.