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Massenhaft illegale Kleinwaffen: Gefahr für das Kosovo

9. August 2007

Im Kosovo sind trotz Sammelaktionen noch immer sehr viele illegale Waffen im Umlauf. Die Sicherheitsbehörden sind besorgt - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des ungelösten Kosovo-Status.

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Zerstörung von Kleinwaffen durch die BundeswehrBild: AP

Schaut man auf die offiziellen Waffen-Statistiken, muss der Balkan ein friedliches Gebiet sein. So befinden sich in Serbien und in Montenegro nur wenig mehr Waffen in den Händen der Bürger als im EU-Durchschnitt: der beträgt elf Handfeuerwaffen pro 100 Einwohner, in Serbien sind es 14,7, in Montenegro 13,2, in Bosnien-Herzegowina sind es weniger als neun. Und das Kosovo müsste demnach ein Hort des Pazifismus sein, denn dort kommen nur 1,7 solcher Waffen auf 100 Einwohner.

Waffenabgabe und Status-Frage

Soweit die offiziellen Zahlen. In Wirklichkeit bleibt der Balkan trotz mehrerer Waffenvernichtungsaktionen ein Pulverfass. Besonders gefährlich ist die Situation im Kosovo. Hier warnen Experten davor, dass Verzögerungen der Lösung der Statusfrage zu Unruhen und bewaffneten Zwischenfällen führen könnten. Auch der Pressesprecher der Polizei des Kosovo, Veton Elshani, sieht diese Gefahr: “Wir arbeiten sehr gut mit der albanischen Polizei zusammen, mit der wir seit Monaten eine gemeinsame Aktion gegen Waffenschmuggler durchführen. Seit 1999 haben wir mehr als 13.000 Kleinwaffen vernichtet. Jedoch nach den Daten von UNMIK und KFOR und von Nicht-Regierungsorganisationen gibt es im Kosovo zu viele illegale Waffen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, weil die Kosovaren wegen der ungelösten Statusfrage ihre Waffen nicht freiwillig abgeben wollen.”

Waffen auf beiden Seiten

Nach manchen westlichen Schätzungen sind im Kosovo mehr als 100.000 Waffen in illegalem Besitz. Andere Schätzungen gehen noch weiter. Nach den Untersuchungen der Behörde, die im Auftrag von UN und Stabilitätspakt die Verbreitung von Handfeuerwaffen auf dem Balkan eindämmen soll (SEESAC), gibt es im Kosovo insgesamt rund 400.000 solcher Waffen. Nur 20 Prozent davon sollen in legalem Besitz von KFOR, UNMIK und des Zivilschutzes im Kosovo (KPC/TMK) sein. Genaue Angaben gibt es nicht, aber Experten warnen davor, dass beide Seiten – Albaner wie Serben – im Kosovo zu viele Waffen haben.

Internationale Schmugglernetze

Dabei waren die jüngsten Aktionen der Polizei im Kosovo erfolgreich. Binnen einer Woche wurden sechs Personen eines Schmugglerrings verhaftet. Dabei konnten mehr als 500 Waffen und tausende Patronen sichergestellt werden. Die meisten davon seien Pistolen des Kalibers 6,35 mm, sagt der Chef der Abteilung für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität bei der Polizei im Kosovo, General Rahman Sylejmani.

Es ist nicht leicht herauszufinden, woher die Waffen stammen. General Sylejmani: “Auf den meisten Pistolen findet sich die Prägung Zastava, der Name der Waffen- und Munitionsfabrik im serbischen Kragujevac. Trotzdem vermuten wir, dass diese Waffen in der Türkei produziert wurden, wo auch die Prägung gefälscht worden sein könnte. Die Ermittlungen werden zeigen, ob diese Vermutungen richtig sind. Es ist jedoch klar, dass es um ein organisiertes Schmugglernetz geht.” Die Sicherheitsbehörden vermuten, dass kriminelle Banden im Kosovo mit Komplizen in den Nachbarländern vernetzt sind, wo ebenfalls viele Waffen im Umlauf sind.

Sammelaktionen in Serbien

In Serbien zum Beispiel sind offiziell mehr als 1,1 Millionen Waffen in legalem Besitz. Laut den Untersuchungen der SEESAC befinden sich dort aber mindestens zweimal so viele Kleinwaffen in illegalem Besitz. Demnach würde jeder zweite serbische Haushalt eine Waffe besitzen. Der Experte für Sicherheitsfragen, Aleksandar Radic, appelliert an die Vernunft und fordert Erziehungsmaßnahmen: “Die Serben müssen lernen, die Verkehrsampeln auf der Straße und ihre Waffen zu respektieren.”

Auch in Serbien wurden bisher mehrere Aktionen zur Einsammlung illegaler Waffen durchgeführt, sie blieben aber ohne großen sichtbaren Erfolg. Nach Auffassung von Radic wäre die Legalisierung der Waffen schon ein Fortschritt: “Der Staat wäre viel sicherer, wenn er wüsste, wie viele Waffen es gibt und wo sie stecken.”

Bahri Cani

DW-RADIO/Albanisch, 8.8.2007, Fokus Ost-Südost