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Mit 93 Prozent zum Kanzlerkandidaten

9. Dezember 2012

Es war – wie er selbst zugegeben hatte – der wichtigste Tag seines Lebens: Peer Steinbrück musste auf dem SPD-Sonderparteitag einen Neustart als Kanzlerkandidat hinlegen. Am Ende fand er die Zustimmung der Delegierten.

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Peer Steinbrück auf dem ausserordentlichen Bundesparteitag der SPD in Hannover (Foto. rtr)
Peer Steinbrück auf dem ausserordentlichen Bundesparteitag der SPD in HannoverBild: Reuters

Der norddeutsche Sozialdemokrat Peer Steinbrück gilt als scharfzüngiger und schlagfertiger Redner. Und auf dem außerordentlichen SPD-Parteitag in Hannover gelang ihm die Wiedergutmachung für seine holprige Präsentation als Bewerber um die Kanzlerkandidatur und für die Irritationen wegen seiner millionenschweren Vortragshonorare. Am Ende einer 104 Minuten langen Rede wählten ihn mehr als 93 Prozent der 600 Delegierten zum Kanzlerkandidaten der SPD.

Steinbrück kündigt Richtungswahlkampf an

Steinbrück zeigte sich emotional und angriffs-lustig: Mit scharfen Attacken auf die Bundesregierung, mit dem Schwerpunktthema soziale Gerechtigkeit und launigen Sprachbildern meldete der ehemalige Bundesfinanzminister den Anspruch seiner Partei auf einen Machtwechsel im kommenden Jahr an: "Wir sind es diesem Land schuldig, wieder einen sozialdemokratischen Bundeskanzler zu stellen", sagte Steinbrück in Hannover.

Ausserordentlicher Bundesparteitag der SPD in Hannover (Foto: dapd)
600 Delegierte waren aufgerufen, den Kanzlerkandidaten der SPD zu nominierenBild: dapd

Der schwarz-gelben Bundesregierung warf Steinbrück politische Orientierungslosigkeit vor. Wenn Kanzlerin Angela Merkel wiederholt von der besten und erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung spreche, blende sie die Realität aus. Millionen von Menschen in Deutschland fühlten sich abgehängt und ausgeschlossen. Auch habe Merkel Deutschland innerhalb Europas in die Isolierung geführt.

Steinbrück kündigte an, im Wahlkampf für einen Richtungswechsel kämpfen zu wollen. Die SPD werde der Bevölkerung klare programmatische Alternativen zur schwarz-gelben Koalition anbieten. Die Wähler könnten darüber entscheiden, ob es einen flächendeckenden Mindestlohn, verbindliche Frauenquoten, eine bessere Bildung, eine armutsfeste Rente und erschwingliche Mietwohnungen geben solle. Dabei sprach sich der designierte Kanzlerkandidat eindeutig für ein Bündnis mit den Grünen aus. Für eine große Koalition mit der Union stehe er nicht zur Verfügung.

Steinbrück setzt auf Sozialpolitik

" Wohlfahrtsstaat ist kein Luxus"

Deutsche Politik müsse wieder von Haltung und Werten bestimmt sein, sagte Steinbrück. Der soziale Wohlfahrtsstaat sei das große Projekt der deutschen Sozialdemokratie. Dieser Wohlfahrtsstaat sei kein Luxus, er mache vielmehr Freiheit und Demokratie erst möglich.

In seinem knapp zweistündigen Auftritt bewies der oft so kühl wirkende Steinbrück auch menschliche Wärme, gab entgegen früherer Gepflogenheiten selbst persönliche Details preis. Abschließend dankte er seiner Partei für die Unterstützung seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur vor zehn Wochen: "Meine Vortragshonorare waren Wackersteine, die ich in meinem Gepäck habe und leider auch euch auf die Schultern gelegt habe." Das hohe Maß der Solidarität habe ihn "berührt", sagte der SPD-Politiker. Die Delegierten feierten ihn mit einem elfminütigen Applaus.

rb/sti (afp, dapd, dpa, phoenix)