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Vizekanzler Gabriel vor Ort in Heidenau

24. August 2015

Die Rechten waren schon da. Die Demonstranten, die sich mit den Flüchtlingen solidarisieren, auch. Die Polizei ist sowieso da. Nun ist der Vizekanzler nach Heidenau gekommen. Die Kanzlerin schwieg lange zu den Krawallen.

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igmar Gabriel in Heidenau
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen in der Nähe der Asylunterkunft im sächsischen Heidenau ist es am Montagmorgen ruhig geblieben. Die Polizei in Dresden verzeichnete keine Vorkommnisse. Am Sonntagabend hatte es Auseinandersetzungen zwischen linken Gruppen und Rechten gegeben. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein, um die Gruppen zu trennen. Ein Polizeisprecher sprach von zwei verletzten Beamten. Außerdem gab es nach seinen Angaben einen Verletzten, der von Linken angegriffen wurde. Bei den nächtlichen Krawallen von Rechtsextremisten und Rassisten waren zuvor seit Freitag mehr als 30 Polizisten verletzt worden.

Gabriel ändert den Plan

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), der an diesem Montag ohnehin zu einer Reise durch die östlichen Bundesländer aufbrechen wollte, besuchte die Flüchtlings-Notunterkunft am Vormittag. Er mahnte dort ein entschlossenes Vorgehen von Politik und Gesellschaft an. "Man darf diesen Typen, die sich hier in den letzten Tagen ausgebreitet haben, keinen Millimeter Raum geben", sagte der SPD-Vorsitzende. Gabriel wollte sich ein Bild von den Umständen vor Ort machen und traf sich dabei auch mit dem Heidenauer Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU). "Ich finde, man muss Herrn Opitz den Rücken stärken. Er zeigt eine Menge Mut und Courage", erklärte Gabriel.

Inzwischen hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Vorgängen geäußert - über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert. In der Erklärung heißt es: "Es ist abstoßend, wie Rechtsextreme und Neonazis versuchen, rund um eine Flüchtlingseinrichtung ihre dumpfe Hassbotschaft zu verbreiten. Und es ist beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern, durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen." Wer so handele wie in Heidenau, stelle sich weit außerhalb der Werteordnung, so Regierungssprecher Seibert.

Zuvor hatte im Internet das Schlagwort #merkelschweigt die Runde gemacht. Die Bundeskanzlerin wurde von vielen Seiten bedrängt, in Sachen Heidenau und Flüchtlingsunterbringung Stellung zu beziehen. Zu den prominenten Kritikern zählt die Grünen-Fraktionschef Katrin Göring-Eckardt.

Aber auch SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi verlangte in der "Süddeutschen Zeitung", die Bundeskanzlerin dürfe in dieser Frage "nicht weiter abtauchen".

Rückendeckung erhielt die Regierungschefin - wenig überraschend - von der Integrationsbeauftragten der Unionsfraktion. "Hier der Regierung Untätigkeit vorzuwerfen, finde ich vollkommen falsch", sagte die CDU-Politikerin Cemile Giousouf im ARD-Fernsehen. Es sei wichtig, dass die Regierung in dieser Frage zusammenhalte. Giousouf zeigte sich besorgt darüber, dass in Heidenau auch ganz normale Bürger ihre Kinder an die Hand nähmen und vor den Flüchtlingsheimen protestierten. "Hier wird eine Tabugrenze überschritten", sagte sie. Die Menschen, die gegen Flüchtlinge hetzten, stünden außerhalb unserer Grund- und Werteordnung.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte nach einem Besuch in der Notunterkunft ebenfalls betont, in Heidenau seien Grenzen überschritten worden. "Egal ob Asylbewerber, Hilfskräfte oder Polizisten aus blindem Hass angegriffen werden: Dieses ist nicht tolerabel und dementsprechend auch mit aller Konsequenz zu verfolgen", betonte der christdemokratische Regierungschef. Der Staat werde sein Gewaltmonopol durchsetzen. Zugleich mahnte Tillich zu Toleranz und Hilfsbereitschaft und warnte vor fremdenfeindlicher Hetze. Laut Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll gilt seit Sonntagabend eine Sicherheitszone in Heidenau. "Wir rufen hier nicht den Ausnahmezustand aus", sagte Kroll. Aber die Maßnahme ermögliche der Polizei etwa eine Feststellung von Personalien zu jedem Zeitpunkt. Außerdem könnten leichter Platzverweise ausgesprochen werden.

Die Polizei richtete sich derweil auf neue Ausschreitungen ein. In den sozialen Netzwerken gebe es Aufrufe zu weiteren Protesten gegen die Unterkunft, sagte ein Sprecher. Auch die Gegenseite mobilisiere ihre Anhänger im Netz.

Die Lage in Heidenau
Polizeipräsenz verhindert Schlimmes an der AsylunterkunftBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

ml/cr (dpa,rtr,afp)