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Niebels fliegender Teppich

7. Juni 2012

Dirk Niebel in Bedrängnis: Der Entwicklungsminister hat sich in Afghanistan einen Teppich gekauft - und unverzollt vom Bundesnachrichtendienst nach Deutschland fliegen lassen. Die SPD verlangt umfassende Aufklärung.

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Entwicklungsminister Dirk Niebel steigt in Afghanistan aus einer der Transall-Maschine (foto:dpa)
Entwicklungsminister Dirk Niebel in AfghanistanBild: picture alliance/dpa

Der Kauf eines Teppichs in Afghanistan hat für Dirk Niebel ein Nachspiel. Der FDP-Politiker habe einen bei einem offiziellen Besuch in Kabul für Privatzwecke gekauften Teppich vom deutschen Auslandsgeheimdienst am Zoll vorbei nach Berlin bringen lassen, bestätigte ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums einen Bericht von "Spiegel Online" und fügte hinzu, die Nachverzollung sei bereits eingeleitet worden. Dass dies nicht früher geschehen sei, sei auf ein "Missverständnis" zurückzuführen.

Laut "Spiegel Online" hatte Bundesentwicklungshilfeminister Niebel den neun Quadratmeter großen Teppich für rund 1.400 Dollar (rund 1.000 Euro) erstanden. Da er und seine Mitarbeiter jedoch mit einer Linienmaschine nach Kabul gereist seien, habe er das Souvenir nicht mitnehmen können. Deshalb sei der sperrige, 30 Kilogramm schwere Teppich in der Deutschen Botschaft geblieben.

Ein "persönlicher Gefallen" vom BND-Chef

"Ich hatte vor, den Teppich bei meinem nächsten Afghanistan-Aufenthalt als persönliches Gepäck mit nach Deutschland zu nehmen", ließ sich Niebel zitieren. "Das hätte ebenso keine Kosten verursacht wie der jetzige Transportweg, über den ich mich gefreut hatte, weil ich auf diese Art nicht so lange auf den Teppich habe warten müssen", fügte der Minister hinzu

BND-Präsident Gerhard Schindler (Foto: BMI/Hans-Joachim M. Rickel, dpa)
BND-Präsident Gerhard SchindlerBild: picture-alliance/dpa

Die Botschaft habe den Referenten des Ministers am 17. Mai informiert, dass der Teppich drei Tage später in einer Maschine des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, von Kabul nach Berlin transportiert werde. Hierbei handelte es sich nach Auskunft des Ministeriums um einen "persönlichen Gefallen". "Es wurde kein Preis vereinbart, es erfolgte keine Bezahlung", erklärte das Ministerium.

Die Nachverzollung wurde "versäumt"

Dem Ministerium zufolge wurde der Teppich am 20. Mai am Flughafen Berlin-Schönefeld auf dem Rollfeld übergeben. Der Minister sei davon ausgegangen, dass die Verzollung direkt nach Erhalt beantragt worden sei - was jedoch nicht der Fall war. Laut "Spiegel Online" lud ein Fahrer des Ministers das Souvenir dort von dem BND-Flieger in seinen Kofferraum. "Durch ein Missverständnis" sei dann "die unmittelbare Nachverzollung versäumt" worden, teilte das Ministerium mit. Erst nach der Medienanfrage sei am Mittwoch um "Erteilung eines Steuerbescheids" gebeten worden. "Selbstverständlich komme ich jederzeit sämtlichen Rechtspflichten in meinem dienstlichen und privaten Handeln nach", beteuerte Niebel.

Die oppositionellen Sozialdemokraten drängten Niebel zu umfassender Aufklärung. Der Minister müsse darlegen, "wie er den entstandenen Schaden beseitigen will", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, "Spiegel Online". Der Teppich-Vorfall sei indes wenig überraschend. "Steuerhinterziehung hat in der FDP Tradition", sagte Oppermann. Niebel verwechsele sein Ministerium mit einem Selbstbedienungsladen für sich und die FDP.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann (Foto: dapd)
Sozialdemokratischer Niebel-Kritiker Thomas OppermannBild: dapd

Der Minister hatte Afghanistan Mitte März besucht und die große Bedeutung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung für das Land betont. Neben besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einem Ausbau der Infrastruktur nannte er als wichtige Ziele die Schaffung von Arbeitsplätzen - und eine Erhöhung der Staatseinnahmen.

sti/GD/kle (dpa, afp)